Übers Klo wird alles Mögliche entsorgt – und das sorgt für Probleme
Die Kanalisation verkraftet vieles nicht – dann können auch große Rohre verstopfen, es fängt an zu stinken oder es werden Ratten angelockt
BERLIN - In der südenglischen Grafschaft Devon sind Anfang Februar Spezialkräfte mit Hochdruckreinigern, Schaufeln und Spitzhacken angerückt. Ihr Auftrag: eine 64 Meter lange Fettschlange aus einem Abwasserkanal entfernen. Die Wasserwerke veranschlagten dafür acht Wochen. Erst im Herbst 2017 war in London ein 250 Meter langes, 130 Tonnen schweres Ungetüm entdeckt worden, das die Kanalisation verstopfte. Die wichtigsten Bestandteile: Wischlappen, Windeln, Kondome, hartes Kochfett.
Und in Deutschland? Da spülen Bürgerinnnen und Bürger auch alles Mögliche die Toilette runter, was in der Kanalisation „nichts zu suchen hat“, wie Stefan Luig, Pressesprecher des Verbandes kommunaler Unternehmen, sagt. Das sei manchmal „abenteuerlich“. Der Verband hat mit den besten Überblick, womit die Klärwerker deutschlandweit kämpfen. Ein Ungetüm wie in Großbritannien sei hier zwar noch nie entdeckt worden, sagt Luig, trotzdem käme auch einiges an Zeugs zusammen. Und das könne teuer werden für die Verbraucher. Wenn Pumpen in den Kläranlagen verstopfen oder, im schlimmsten Fall, lahmgelegt werden, zahlen sie über eine Erhöhung der Abwassergebühren. „Bei einer Pumpe sind das schnell mehrere Zehntausend Euro“, meint Luig.
Jedes Jahr fließen mehr als fünf Billionen Liter Abwasser durch Deutschland. Daran hat die Industrie ihren Anteil, doch für rund 70 Prozent sind neben kleineren Gewerbebetrieben die privaten Haushalte zuständig. Jeder Deutsche produziert pro Tag durchschnittlich 118 Liter Abwasser. Waschmaschine, Geschirrspüler, Klospülung – da kommt einiges zusammen, auch an Dreck. Luig geht das Stück für Stück durch.
Lebensmittel gehören in den Müll
Feuchte Toilettentücher zum Beispiel gehörten in den Mülleimer, nicht ins Abwasser, sagt er. Denn sie sind nicht aus Papier, sondern aus Vlies, also aus Textilfasern. Die lösen sich kaum auf, und wenn, bilden sie aufgrund ihrer Struktur lange Zöpfe, an denen dann beispielsweise wiederum Haare hängen bleiben. Daraus ergibt sich ein kompaktes Gebilde, das die Pumpen nicht verkraften. Wattestäbchen und Wattepads, Tampons und Binden, Kondome und Windeln, Katzenstreu und Kunststoffe – all diese festen Stoffe und Gegenstände gehören in die Abfalltonne.
Und was macht man, wenn vom üppigen Essen was übrig bleibt? Diese Reste gehören in die Biotonne oder – falls die Kommunen Fleischund Fischabfälle im Biomüll untersagen – in den Restmüll. Das gilt übrigens auch für Suppe. Ist sie sehr flüssig, kippt man sie am besten in einen Beutel und wirft diesen dann in die Tonne. Der Grund: Speiseabfälle können Gestank entwickeln, auch Rohre verstopfen. Und: Sie sind ein gefundenes Fressen für Ratten. Die tummeln sich im Untergrund, klettern aber, angelockt von schmackhaften Brocken, auch gerne die Rohre der Häuser hoch.
Und was ist mit dem Rest Wein, dem abgestandenen Bier? Das verkraftet die Kanalisation – mit viel Wasser runtergespült – schon mal in kleinen Mengen. Die Regel sollte das aber nicht sein, meint Luig. Für die verdorbene Milch oder Fett und Öl gilt das gleiche wie für die festen Essensreste: Sie sind ein Übel für die Kanalisation, stinken und lassen Rohre verkleben.
Tabu sind natürlich auch Farben und Lacke. Sie gehören nicht ins WC. Die Chemie kann in den Klärwerken oft nur schwer oder gar nicht abgebaut werden. Selbst Rohrreiniger belasten das Wasser, das am Ende wieder in den Seen und Flüssen landet, schwer. Heißt: Die Chemikalien gibt man am besten bei Schadstoffsammelstellen ab. Auch Zigarettenkippen verunreinigen mit ihren Giftstoffen das Wasser.
Bei Medikamenten gilt ähnliches: Ist die Haltbarkeit der Schmerztablette abgelaufen, ist das Sportgel angetrocknet, gehören sie in den Hausmüll. Mit ihm werden sie dann verbrannt. Denn viele der Wirkstoffe in den Arzneien können selbst modernste Kläranlagen nicht entfernen. Luig fasst es so zusammen: „Nur der Po gehört aufs Klo.“