Musikalische Bekenntnisse
Die Geigerin Francesca Dego und das Orchestra della Toscana im Bregenzer Festspielhaus
BREGENZ - Mit einem beziehungsreich konzipierten Programm präsentierte sich das Orchestra della Toscana unter der Leitung seines Chefdirigenten Daniele Rustioni beim jüngsten Meisterkonzert im Bregenzer Festspielhaus. Mit von der Partie war die italienische Geigerin Francesca Dego. Werke von drei italienischen Komponisten aus der Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg verwiesen indirekt auf die abschließend gespielte „Reformations-Sinfonie“von Felix Mendelssohn Bartholdy.
Als Rustioni die Leitung des toskanischen Klangkörpers 2014 übernahm, war er selbst noch keine 30 Jahre alt. Inzwischen ist der Senkrechtstarter längst als Gastdirigent in aller Welt unterwegs. In Bregenz stellte er zunächst die selten zu hörenden „Appunti per un Credo“seines Landsmanns Giorgio Federico Ghedini (1892-1965) vor. Der Titel („Anmerkungen zu einem Glaubensbekenntnis“) ließ im Kontext dieses Konzerts bereits an Mendelssohns Sinfonie denken, die als klingendes Credo zum 300-jährigen Jubiläum der reformatorischen Confessio Augustana von 1530 entstanden ist.
Ghedinis späte „Appunti“klingen, als hätten dem Komponisten hier die alten Madrigalisten über die Schulter geschaut. Lapidare thematische Statements werden kantig als Thesen aufgestellt, scheinen dann aber Zweifeln zu weichen, die endlich entschlossen abgeschüttelt werden. Sorgfältig modellierte Rustioni diese originelle Komposition mit ihren schönen Holzbläsermischungen, mächtigen Basspfeilern und choralartigen Phrasen und ließ die finalen Trompetenfontänen sieghaft aufschießen.
Ein ganz anderer Bogen zu Mendelssohn lässt sich von Mario Castelnuovo-Tedescos zweitem Violinkonzert „I profeti“schlagen. Mit diesem 1933 vom Widmungsträger Jascha Heifetz aus der Taufe gehobenen Stück wollte der 1895 in Florenz geborene Tonsetzer unter Verwendung alter jüdischer Melodien die biblische Vergangenheit beschwören. Die Satzüberschriften „Isaiah“, „Jeremiah“und „Elijah“gelten den drei großen Propheten. Dem letzten von ihnen hat Mendelssohn bekanntlich sein berühmtes Oratorium „Elias“gewidmet.
Castelnuovo-Tedescos Konzert tönt stellenweise schon wie seine später für Hollywood komponierten Filmmusiken. Francesca Dego bewältigte die halsbrecherischen Arpeggien und Läufe des Soloparts mit Präzision und warmem, in sich belebtem Geigenton. Als Zugabe spielte sie, von Rustioni sensibel am Flügel begleitet, eine Melodie aus John Williams’ Musik zum Film „Schindlers Liste“– ein Hinweis nicht nur darauf, dass Castelnuovo-Tedesco als Jude 1939 Europa verlassen musste, sondern dass er danach in Kalifornien auch Lehrer von Williams war.
Mit Ottorino Respighis subtilen Bearbeitungen dreier Choralvorspiele von Johann Sebastian Bach leitete Rustioni über zu Mendelssohns fünfter Sinfonie. Umsichtig steuerte er das kultiviert spielende Orchestra della Toscana durch die Partitur. Nach so viel „spiritueller Erhebung“gab es als „Lächeln zum Abschied“Rossinis brillante „Barbier“-Ouvertüre.