Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Frei.Wild“-Gastspiel hat ein Nachspiel

Ravensburg­er Grüne stellen sich gegen Auftritt – Bürgermeis­ter Blümcke sieht Gesprächsb­edarf

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Das Konzert der umstritten­en Deutschroc­k-Band „Frei.Wild“in der Ravensburg­er Oberschwab­enhalle am 10. April dürfte ein Nachspiel haben. Die Ravensburg­er Grünen haben sich nach der Berichters­tattung in der „Schwäbisch­en Zeitung“klar gegen den Auftritt der Südtiroler positionie­rt, denen Kritiker vorwerfen, mit der rechten Szene zu sympathisi­eren. Bürgermeis­ter Simon Blümcke sieht grundsätzl­ichen Gesprächsb­edarf mit den Verantwort­lichen der „Lira“, die die Oberschwab­enhalle im Auftrag der Stadt betreibt.

Wie berichtet, haben Gegner der Musiker in sozialen Medien auch zum Boykott des Konzertes in Ravensburg aufgerufen. Sie werfen der Gruppe vor, sich mit „völkisch-nationalis­tischen Texten einer Blutund-Boden-Rhetorik“zu bedienen, „wie sie von rechtsextr­emen Gruppierun­gen wie der NPD und Identitäre­n Bewegung verwendet wird“. Die Band selbst weist die Kritik zurück. Sänger Philipp Burger hat sich inzwischen aber auch von einzelnen „Frei.Wild“-Liedzeilen distanzier­t. Anträge, Songs der Band auf den Index zu setzen, sind mehrfach gescheiter­t.

In Flensburg, wo die Band eigentlich am 20. April spielen soll, gibt es derzeit eine kontrovers­e öffentlich­e Diskussion: Oberbürger­meisterin Simone Lange ( SPD) hatte sich für eine Absage des Konzertes starkgemac­ht. Die Online-Petition „Kein Hafen für Nationalis­mus“sammelte gut 1200 Unterschri­ften. Inzwischen hat der Betreiber der „Flens-Arena“den Vertrag mit „Frei.Wild“gekündigt. Die Gruppe wiederum kritisiert „vorauseile­nden Gehorsam gegenüber der Politik und Beschneidu­ng der Kunstfreih­eit“und will weiterhin in der Stadt spielen.

Ginge es nach den Grünen, würde auch der Auftritt in Ravensburg abgesagt. Ingrid Brobeil-Wolber, Otti Reck-Strehle und Ozan Önder sitzen für die Fraktion im Aufsichtsr­at der „Live in Ravensburg“(Lira), vormals Oberschwab­enhallen GmbH. Die Lira, die das Programm für die Oberschwab­enhalle erstellt, ist eine hundertpro­zentige Tochter der Stadt. „Wir wollen nicht, dass die Stadt Ravensburg einer solchen Band ein Forum bietet“, schreiben die Grünen in einer Stellungna­hme an Bürgermeis­ter Simon Blümcke und Willi Schaugg, Geschäftsf­ührer der „Lira“. Die Grünen erklären in der Stellungna­hme weiterhin, dass sie sich dem Boykott-Aufruf für den Auftritt der Tiroler anschließe­n.

Ravensburg­s Bürgermeis­ter Simon Blümcke sieht ebenfalls Handlungsb­edarf. Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“antwortete er: „Wir werden über die Programmie­rung der Halle und zukünftige Leitlinien hierfür im kommenden Aufsichtsr­at sprechen. Bisher war das nicht notwendig. Ein solches Konzert zeigt aber, dass dies dringend geschehen muss.“

Willi Schaugg hatte im Gespräch mit der SZ zuvor erklärt, er halte die Musik von „Frei.Wild“für unproblema­tisch: „Wir kennen den Ruf der Band und haben versucht, uns abseits jeder Hysterie ein Bild von der aktuellen Haltung der Band und dem Verlauf und Umfeld der Konzerte zu machen.“Und weiter: „Es gibt nach unserer Einschätzu­ng keinen Grund, die Fans und Besucher an den rechten Rand zu rücken oder das Konzert als eine Art Rechtsrock darzustell­en.“

„Nach allem, was über die Zielgruppe der Band bekannt ist, erscheint uns die Stellungna­hme der Lira-Geschäftsf­ührung tatsächlic­h eher abwiegelnd und verharmlos­end“, sagen dazu wiederum die Ravensburg­er Grünen.

Thorsten Hindrichs, der das Forschungs­projekt „Musik und Jugendkult­ur“an der Uni Mainz leitet, hat im Deutschlan­dfunk vor Kurzem eine Einschätzu­ng zu den Gewinnern des Musikpreis­es „Echo“(2016) abgegeben. Demnach sei „Frei.Wild“keine Rechtsrock-Band. Die Gruppe artikulier­e aber „eindeutig rechtspopu­listische Haltungen“. Problemati­sch seien ihre Botschafte­n allemal.

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FOTO: RAU Der Sänger Philipp Burger von „Frei.Wild“.

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