München will Mini-Olympia
50 Jahre nach den Sommerspielen 1972 will die bayerische Landeshauptstadt die European Games ausrichten
MÜNCHEN (SID) - Auch Jahrezehnte später zehrt München noch von den Olympischen Spielen 1972. Die „Weltstadt mit Herz“, als das sich das „Millionendorf“an der Isar gerne präsentiert, hat seinen Ursprung in diesen heiteren Tagen im Spätsommer 1972. Der Olympiapark mit seiner luftigen Zeltdachkonstruktion ist bis heute weltbekannt und ein Wahrzeichen der Stadt. Noch nicht einmal das blutige Olympia-Attentat der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September auf die israelische Mannschaft am 5. September konnte die Spiele stoppen.
Nun möchte München 50 Jahre nach den Olympischen Spielen die European Championships 2022 ausrichten. Europas Leichtathletik-Chef Svein Arne Hansen schickte seine Freude gleich in die Welt hinaus. „Ich bin absolut erfreut, dass die große deutsche Olympiastadt München ein Angebot für die European Championships 2022 abgegeben hat“, schrieb der norwegische Präsident des kontinentalen Verbandes EAA auf Twitter.
„Mit dem Ansatz hat die Bewerbung Charme“
Auch der deutsche LeichtathletikPräsident Jürgen Kessing war aus dem Häuschen. „Ich freue mich, dass es München 50 Jahre nach den Olympischen Spielen machen will und wir nach der EM im letzten Sommer vielleicht wieder ein kleines Sommermärchen erleben“, sagte der DLVPräsident.
Kessing glaubt, dass München gute Chancen habe. „Mit dem Ansatz, 50 Jahre nach Olympia, hat die Bewerbung Charme“, sagte der 61-Jährige, für den die letzten Sommerspiele in Deutschland 1972 persönlich ein unvergessliches Erlebnis waren. „Ich habe diese Spiele als 15-Jähriger miterlebt und bekomme heute noch eine Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke.“
Die Leichtathletik bildet das Anker-Event der neuen European Championships, die sich im vergangenen Jahr bei ihrer Premiere als Erfolgsformat erwiesen haben. Die Europameisterschaften im Schwimmen, Radsport, Rudern, Triathlon, Golf und Turnen fanden in Glasgow statt, in Berlin erlebten die Leichtathleten eine stimmungsvolle EM – Athleten, Fans und TV-Sender waren gleichermaßen begeistert.
Bei den nächsten Championships 2022 sollen alle Wettbewerbe in einer Stadt stattfinden, die womöglich München heißt. Vielleicht kommen noch weitere Sportarten dazu. Noch im März wird entschieden, wer den Zuschlag bekommt. Die Europäische Rundfunk Union (EBU) handelt dies mit den einzelnen Sportarten aus. Angesichts der Fülle an Sport sprachen viele von Mini-Olympia. „Wir haben mit unseren Übertragungen so viele Zuschauer erreicht, wie wir selbst vorher nicht für möglich gehalten hätten“, hatte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky letztes Jahr nach den ersten European Games gesagt. ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann lobte: „Ein Hauch von Olympia lag über den Übertragungen. Das Konzept ist voll aufgegangen – im Fernsehen und Online mit den Livestreams.“
Olympiastadion müsste „ein bisschen hergerichtet werden“
München kann mit seinen Sportstätten rund um den Olympiapark aber auch den Zuschauern vor Ort ein atmosphärisch verdichtetes Event der kurzen Wege bieten. Die Leichtathletik könnte im Olympiastadion stattfinden, das für die Spiele 1972 errichtet worden war. „Es müsste aber noch ein bisschen hergerichtet werden“, betonte Kessing.
Am Mittwoch gab der Münchner Stadtrat der Bewerbung grünes Licht. Voraussetzung waren die Zusagen von Bund und Land, sich mit rund einem Drittel an den Kosten zu beteiligen. Eine erste Schätzung ergab, dass die Ausgaben bei rund 130 Millionen Euro liegen. „München hat jetzt richtig gute Chancen, ein spannendes und faszinierendes Sportfest zu erleben“, sagte Sportbürgermeisterin Christine Strobl.
Damit könnten der bayerischen Landeshauptstadt aufregende Sportjahre bevorstehen. Im Jahr 2020 ist München einzige deutsche Ausrichterstadt der ersten paneuropäischen Fußball-EM. Zwei Jahre später könnten die European-Championships an der Isar stattfinden und auch das Champions-League-Finale. München hat sich sowohl für 2021 als auch für 2022 um die Austragung beworben. Zuletzt fand das Finale 2012 an der Isar statt – in Erinnerung geblieben als das dramatisch verlorene Finale dahoam des FC Bayern.