Aalener Bündnis will nach Zyklon in Mosambik helfen
Den Überlebenden des tropischen Wirbelsturms „Idai“fehlt es an Trinkwasser, Nahrung und Medikamenten
AALEN - Menschen sitzen auf Hausdächern, die Zentimeter aus dem Wasser ragen, oder auf Baumwipfeln. Sie hoffen auf Hilfe, während sich unter ihnen im Wasser Schlangen und Krokodile tummeln. Hunderttausende Menschen kämpfen nach dem tropischen Wirbelsturm „Idai“in Mosambik ums Überleben. Die Stadt Aalen, die Hochschule, der Ostalbkreis und der Aalener Kardiologe Ulrich Solzbach wollen helfen. Gemeinsam mit dem aus Aalen stammenden Honorargeneralkonsul der Republik Mosambik, Siegfried Lingel, wollen sie die Gesundheitsversorgung in Beira wieder aufbauen.
Die Videos sind entsetzlich: Die Flut reißt ein Auto samt Insassen unter Wasser. Ein anderes zeigt eine mutige Frau, die in letzter Sekunde ein Kind aus dem Wasser rettet. „Ich habe geweint“, sagt Lingel, nachdem er die Videos gesehen hatte, die ihn vor wenigen Tagen erreichten. Sie zeugen von dem Drama in Beira, einer Hafenstadt am Indischen Ozean, die Zyklon „Idai“nahezu komplett zerstört hat. „Es ist furchtbar“, versucht Lingel in Worte zu fassen, was angesichts der Bilder aus Mosambik unfassbar ist. Das ganze Ausmaß lässt sich auch fast zwei Wochen nach der Naturkatastrophe kaum abschätzen. Mittlerweile zählt die mosambikanische Regierung mehr als 400 Tote, Staatschef Filipe Nyusi geht jedoch von mehr als 1000 Todesopfern aus. „Das Krankenhaus ist überfüllt, überall auf den Fluren liegen Kranke, sogar in den Toilettenräumen“, wurde Lingel von seinem Mitarbeiter Joaquim Mucavele berichtet, der ihn aus Beira mit Informationen versorgt.
„Es stimmt uns traurig, wenn wir mit ansehen müssen, wie Menschen in Beira ums nackte Überleben kämpfen müssen“, sagt Aalens Oberbürgermeister Thilo Rentschler (SPD), dessen Stadt im vergangenen Jahr einen Freundschaftsvertrag mit Vilankulo geschlossen hat, einer Stadt 500 Kilometer südlich von Beira. Während Vilankulo vom Zyklon verschont blieb, hat „Idai“in Beira eine Spur der Verwüstung hinterlassen: Die Katholische Universität von Mosambik ist größtenteils zerstört, der Neubau der Medizinischen Fakultät ist verwüstet. Das Gesundheitszentrum – zerstört.
Hier bildet seit mehr als zehn Jahren ein Ärzteteam der Deutsch-Mosambikanischen Gesellschaft um den ärztlichen Direktor des Aalener Ostalbklinikums, Ulrich Solzbach, Studenten und Ärzte aus. Labore, Apotheke, Ultraschall- und EKG-Geräte: Alles, was in den vergangenen Jahren aufgebaut wurde, ist zerstört. „Seuchen werden sich als Nächstes ausbreiten. Daher müssen wir das Gesundheitszentrum unbedingt wieder aufbauen“, sagt der Arzt.
600 000 Überlebende, so schätzt das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP), haben alles verloren – sie brauchen Trinkwasser, Nahrung und Medikamente. Und zwar schnell. Denn Überschwemmungen, stehendes Wasser und dreckiges Trinkwasser „führen zu Krankheiten wie Cholera, Malaria und Durchfall“, sagt Lingel, der seit mehr als einer Woche nonstop für die Opfer in Mosambik im Einsatz ist und Hilfe aus Deutschland organisiert. Über Tansania orderte er bereits einen Schiffscontainer, der Medikamente in die Katastrophenregion nach Beira bringt. Doch die Hilfe soll weitergehen.
„Unsere Partner brauchen uns “
„Die Bilder, die wir nun von dort zu sehen bekommen, und die Berichte vor Ort sind erschreckend. Unsere Partner brauchen uns jetzt, sie sind auf unsere Hilfe und die Unterstützung aus Ostwürttemberg angewiesen“, sagt Gerhard Schneider, Rektor der Hochschule Aalen, die sich ebenso wie der Ostalbkreis im Hilfsbündnis für Beira engagiert. Wie auch die Stadt Aalen pflegt die Hochschule eine Freundschaft mit Mosambik: Im vergangenen Jahr vereinbarten die Aalener mit der nun total zerstörten Universität in Beira eine Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung und Lehre. Zusammen wollen die Aalener 300 000 Euro an Spenden sammeln, um das Gesundheitszentrum der Universität wieder aufzubauen. Menschen aus ganz Deutschland hätten sich bereits bei ihm erkundigt, wohin sie für die Menschen in Mosambik spenden könnten, berichtet Lingel, dessen Mitarbeiter der Deutsch-Mosambikanischen Gesellschaft den Wiederaufbau des Gesundheitszentrums koordiniert. Auch wenn die Zeit jetzt drängt, ist sich Lingel sicher: „Wir schaffen das.“