Leben und Sterben im Islam
Hospizgruppe Calendula informiert sich in Wangener Moschee über dortige Grundsätze
WANGEN - Um mehr über das Leben und Sterben in der islamischen Kultur zu erfahren, hat die Hospizgruppe Calendula jetzt die neue Moschee am Wangener Kanalweg besucht. Die „Schwäbische Zeitung“war dabei und gibt einen Einblick.
Durch die gläserne Kuppel in der Moschee fluten hell die letzten Strahlen der langsam tiefer gehenden Sonne. Der große Raum ist bekleidet mit einem meerblauen Teppich und darf mit Schuhen nicht betreten werden. Die ehrenamtlichen Mitglieder der Hospizgruppe Calendula und zahlreiche interessierte Gäste fanden sich hier ein, um mehr über eine Religion zu erfahren, die vielen so befremdlich ist. Gisela Haupt, die Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes Calendula, wollte mit diesem Besuch eine Brücke bauen.
Die Religionsbeauftragten Yakup Keskin und Yasin Erbas gaben Einblicke in ihren Glauben und blieben den Gästen keine Antwort auf die vielen Fragen schuldig. Die Anhänger des Propheten Mohammed versuchen, nach dessen Vorbild zu leben. Der Koran ist die „Bibel der Muslime“und verlangt dem Gläubigen fünf Pflichten ab. Diese sogenannten fünf Säulen bestehen aus beten, fasten, Almosen geben, dem Bekenntnis zu Mohammed und einmal im Leben auf Pilgerfahrt nach Mekka zu gehen.
Pflege daheim ist üblich
Jeder Muslime betet nach diesen Vorgaben fünf Mal am Tag, die Gebete richten sich nach der Sonne. Sollte ein Arbeitgeber nicht einverstanden sein, dass für ein Gebet eine circa zehnminütige Pause eingelegt wird, könne man die Gebete auch am Abend nachholen. Mit dem Ritual des Betens wolle man einfach seinem Gott „Dankeschön“sagen. „So wie man sich täglich bei seinen Mitmenschen bedanken sollte“, sagte Yakup Keskin.
Und wie geht man mit Sterben und Tod in dieser Religion um? Es sei üblich, dass kranke und alte Familienmitglieder bis zu ihrem Ableben zu Hause gepflegt werden. Natürlich sterben auch hier Menschen im Krankenhaus oder werden durch einen Unfall aus dem Leben gerissen. Im Islam ist man davon überzeugt, dass man, wenn man stirbt, von dieser in eine andere Welt wechselt. „Das Leben hier ist wie die Schulzeit. Wir lernen hier und wir ernten, was wir gesät haben“, erläuterte Yasin Erbas die geistlichen Beweggründe. „Und je nachdem wie wir gelebt haben, werden wir in der anderen Welt belohnt oder bestraft“, ergänzte Erbas. Aber es gäbe auch in dieser anderen Welt immer noch eine Gelegenheit, seine Fehler wieder gut zu machen.
Wenn ein Mensch zu Hause stirbt, wird er in die Moschee gebracht. Dort wird er gewaschen. Frauen waschen Frauen und Männer waschen Männer. Dies sei das gleiche Ritual wie vor jedem Gebet. Der oder die Verstorbene wird in ein weißes Tuch gewickelt und so schnell wie möglich begraben oder in die Heimat zurück geführt. Doch dies sei von immer weniger Gläubigen gewünscht. Da ein muslimisches Grab aber gen Mekka gerichtet sein sollte und der Verstorbene ohne Sarg in die Erde komme, könne nicht überall bestattet werden. Jedoch gäbe es in Ravensburg ein Areal, das diesen Anforderungen entsprochen würde.
Als schließlich die Sonne unterging, baten die Redner um eine Unterbrechung wegen des Gebets. Auch hier waren die Gäste eingeladen, Teil dieser Zeremonie zu sein. Die Moschee in Wangen sei stets offen für interessierte Besucher, betonten die dort Verantwortlichen. „Wir sind alle Menschen. Wir müssen uns gegenseitig akzeptieren“, sagte Yasin Erbas. Denn keine Religion sage, dass man Menschen töten soll. Hinter dem Terror stünde immer ein politischer Grund.