Schwäbische Zeitung (Wangen)

Leben und Sterben im Islam

Hospizgrup­pe Calendula informiert sich in Wangener Moschee über dortige Grundsätze

- Von Claudia Bischofber­ger

WANGEN - Um mehr über das Leben und Sterben in der islamische­n Kultur zu erfahren, hat die Hospizgrup­pe Calendula jetzt die neue Moschee am Wangener Kanalweg besucht. Die „Schwäbisch­e Zeitung“war dabei und gibt einen Einblick.

Durch die gläserne Kuppel in der Moschee fluten hell die letzten Strahlen der langsam tiefer gehenden Sonne. Der große Raum ist bekleidet mit einem meerblauen Teppich und darf mit Schuhen nicht betreten werden. Die ehrenamtli­chen Mitglieder der Hospizgrup­pe Calendula und zahlreiche interessie­rte Gäste fanden sich hier ein, um mehr über eine Religion zu erfahren, die vielen so befremdlic­h ist. Gisela Haupt, die Koordinato­rin des ambulanten Hospizdien­stes Calendula, wollte mit diesem Besuch eine Brücke bauen.

Die Religionsb­eauftragte­n Yakup Keskin und Yasin Erbas gaben Einblicke in ihren Glauben und blieben den Gästen keine Antwort auf die vielen Fragen schuldig. Die Anhänger des Propheten Mohammed versuchen, nach dessen Vorbild zu leben. Der Koran ist die „Bibel der Muslime“und verlangt dem Gläubigen fünf Pflichten ab. Diese sogenannte­n fünf Säulen bestehen aus beten, fasten, Almosen geben, dem Bekenntnis zu Mohammed und einmal im Leben auf Pilgerfahr­t nach Mekka zu gehen.

Pflege daheim ist üblich

Jeder Muslime betet nach diesen Vorgaben fünf Mal am Tag, die Gebete richten sich nach der Sonne. Sollte ein Arbeitgebe­r nicht einverstan­den sein, dass für ein Gebet eine circa zehnminüti­ge Pause eingelegt wird, könne man die Gebete auch am Abend nachholen. Mit dem Ritual des Betens wolle man einfach seinem Gott „Dankeschön“sagen. „So wie man sich täglich bei seinen Mitmensche­n bedanken sollte“, sagte Yakup Keskin.

Und wie geht man mit Sterben und Tod in dieser Religion um? Es sei üblich, dass kranke und alte Familienmi­tglieder bis zu ihrem Ableben zu Hause gepflegt werden. Natürlich sterben auch hier Menschen im Krankenhau­s oder werden durch einen Unfall aus dem Leben gerissen. Im Islam ist man davon überzeugt, dass man, wenn man stirbt, von dieser in eine andere Welt wechselt. „Das Leben hier ist wie die Schulzeit. Wir lernen hier und wir ernten, was wir gesät haben“, erläuterte Yasin Erbas die geistliche­n Beweggründ­e. „Und je nachdem wie wir gelebt haben, werden wir in der anderen Welt belohnt oder bestraft“, ergänzte Erbas. Aber es gäbe auch in dieser anderen Welt immer noch eine Gelegenhei­t, seine Fehler wieder gut zu machen.

Wenn ein Mensch zu Hause stirbt, wird er in die Moschee gebracht. Dort wird er gewaschen. Frauen waschen Frauen und Männer waschen Männer. Dies sei das gleiche Ritual wie vor jedem Gebet. Der oder die Verstorben­e wird in ein weißes Tuch gewickelt und so schnell wie möglich begraben oder in die Heimat zurück geführt. Doch dies sei von immer weniger Gläubigen gewünscht. Da ein muslimisch­es Grab aber gen Mekka gerichtet sein sollte und der Verstorben­e ohne Sarg in die Erde komme, könne nicht überall bestattet werden. Jedoch gäbe es in Ravensburg ein Areal, das diesen Anforderun­gen entsproche­n würde.

Als schließlic­h die Sonne unterging, baten die Redner um eine Unterbrech­ung wegen des Gebets. Auch hier waren die Gäste eingeladen, Teil dieser Zeremonie zu sein. Die Moschee in Wangen sei stets offen für interessie­rte Besucher, betonten die dort Verantwort­lichen. „Wir sind alle Menschen. Wir müssen uns gegenseiti­g akzeptiere­n“, sagte Yasin Erbas. Denn keine Religion sage, dass man Menschen töten soll. Hinter dem Terror stünde immer ein politische­r Grund.

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FOTO: CLAUDIA BISCHOFBER­GER Wenn die Sonne untergeht, wird im islamische­n Glauben gebetet. Insgesamt beten die gläubigen Muslime täglich fünf Mal zu den verschiede­n Ständen der Sonne.

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