Ravensburg gehört zu ersten Smart Citys bundesweit
Verband Bitkom listet 48 Kommunen mit Digitalstrategie auf – Dirk Bastin überrascht über Nennung
RAVENSBURG - Die kürzlich beschlossene Ravensburger Digitalstrategie macht die Stadt offenbar zu einem Vorreiter unter den deutschen Kommunen in diesem Bereich. Neben Ravensburg haben sich bisher 47 weitere Städte in Deutschland auf den Weg gemacht, zur Smart City zu werden – das heißt, alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche in der Stadt intelligent miteinander zu vernetzen. Das geht aus einer Bestandsaufnahme des Digitalverbands Bitkom hervor, die am 19. März als sogenannter Smart-CityAtlas veröffentlicht wurde.
„Die Studie ist eine Momentaufnahme der deutschen Smart-CityLandschaft für den Zeitpunkt Ende 2018“, so Bitkom-Pressesprecher Pauly. Der Verband hat dafür mit dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering zusammengearbeitet.
Neben Berlin, Dresden und München sind auch kleinere Städte wie Bad Hersfeld (Hessen), Coburg (Bayern) und Lemgo (NordrheinWestfalen) vertreten. Baden-Württemberg liegt mit acht genannten Städten auf Platz zwei hinter Nordrhein-Westfalen mit 15 genannten Städten.
Baubürgermeister spricht von „klarer Vision“
Um in dem Bericht genannt zu werden, musste eine Kommune laut Bitkom-Pressesprecher Bastian Pauly im Herbst 2018 eine Digitalstrategie bereits beschlossen oder konkret vorbereitet haben. Außerdem musste eine abteilungsübergreifende Organisationseinheit geschaffen oder ein Netzwerk mit lokalen Partnern geschlossen worden sein. In Ravensburg wurde im Juli 2018 ein Digitalisierungsbeauftragter eingestellt.
„Es hat mich überrascht, dass die Stadt schon genannt wird“, sagt Baubürgermeister Dirk Bastin, in dessen Ressort das Thema Digitalisierung angesiedelt ist, über den Smart-City-Atlas. Die Aufnahme in den Bericht zeige, dass Ravensburg eine „klare Vision“habe, wie die Digitalisierung der Stadt ablaufen soll, so Bastin. Ob man zu den Vorreitern gehöre oder nicht, sei eine Frage des politischen Willens. Er wolle deshalb den Stadträten für klare politische Beschlüsse danken. Der Ravensburger Gemeinderat hat im Februar der Digitalisierungsstrategie der Stadtverwaltung zugestimmt – bei zwei Gegenstimmen von Grünen und „Bürger für Ravensburg“.
Nach Einschätzung von Gudrun Heute-Bluhm, Vorstandsmitglied des baden-württembergischen Städtetags, haben die Macher der Studie vorrangig die größeren Kommunen im Südwesten betrachtet und solche, deren Aktivitäten im Bereich Digitalisierung seit Längerem öffentlich bekannt sind. „Man hat also sicherlich keine Falschen gelobt“, so Heute-Bluhm. Ob allerdings der Vergleich mit anderen Bundesländern, bei dem Baden-Württemberg laut Smart-City-Atlas auf Platz zwei landet, gesichert ist, könne sie nicht beurteilen. „Es hat sich bei uns in den letzten beiden Jahren, bedingt durch viele Landeswettbewerbe, nämlich sehr viel getan“, so Heute-Bluhm.
Drei Beispiele für konkrete Projekte
Im Smart-City-Atlas sind Porträts aller erwähnten Städte enthalten. Im Text über Ravensburg wird eine Online-Dialogplattform hervorgehoben, über die interessierte Ravensburger im Jahr 2018 fünf Wochen lang Ideen für die digitale Agenda einbringen und mit anderen darüber diskutieren konnten. Die Experten analysieren: Durch die Einbindung der Stadtgesellschaft bestehe die Chance, dass Projekte der digitalen Agenda von der Bürgerschaft akzeptiert und begleitet werden. Es heißt im Smart-City-Atlas aber auch: Um die Projekte zu realisieren, „sind neben ausreichenden finanziellen Mitteln und Förderungen auch zusätzliche Personalressourcen notwendig“. Langfristig rechnet man in Ravensburg mit gut vier Stellen, die zur Umsetzung dieses Zukunftsthemas nötig sind, was jährlich knapp 300 000 Euro kosten soll.
Beispiele für konkrete Projekte aus Ravensburg sind im Bericht auch noch aufgeführt: die Entwicklung einer intermodalen Verkehrsplattform, an die ein Fahrradverleih ebenso angeschlossen sein soll wie die Fahrplanauskunft für Busse und Bahnen sowie die Möglichkeit, sich ein Auto zu borgen; das virtuelle Bauamt, das Bauanträge digital annimmt und bearbeitet; und die Gründung eines Roberta Instituts an der Pädagogischen Hochschule Weingarten zum Thema Lernen mit Robotern.
Ob der Smart-City-Atlas ein einmaliges Projekt war oder ob er in den nächsten Jahren wieder aufgelegt wird, um aufzuzeigen, welche Städte dann die Nase bei der Digitalisierung vorne haben, ist nach Bitkom-Angaben bislang unklar.