Stadt soll sich Filet-Grundstück sichern
Nach der Absage von Ikea blicken die Memminger Stadtratsfraktionen nach vorn
MEMMINGEN - Nichts wird’s mit einem Bummel durch schwedische Wohnlandschaften am Autobahnkreuz. Ikea hat seine Pläne für Memmingen eingestampft und verfolgt jetzt eine andere Expansionsstrategie. Der Möbelriese baut keine Standard-Einrichtungshäuser mehr auf der grünen Wiese, sondern setzt auf Metropolregionen und Innenstädte sowie auf den Online-Handel. Die „Memminger Zeitung“hat die Chefs der Stadtratsfraktionen gefragt, wie sie den Ikea-Rückzug beurteilen und was jetzt mit dem Areal geschehen soll:
Stefan, Gutermann, CSU-Fraktionschef:
„Die Entscheidung ist bedauerlich, muss aber so akzeptiert werden.“Das Gute daran ist laut Gutermann, dass es eine klare Entscheidung und kein Rumgeeiere gibt. Nach seinen Worten haben der Stadtrat und die Verwaltung alles unternommen, damit Ikea nach Memmingen kommt. Nun müsse die Kommune rasch mit Ikea über den Kauf des Grundstücks neben dem Autobahnkreuz verhandeln. Denn als Eigentümerin könne die Stadt am besten steuern, was auf dem „wertvollen Areal“geschehen soll. Der CSUMann kann sich dort unter anderem ein neues Klinikum ebenso vorstellen wie ein oder mehrere Unternehmen. Für Wohnbebauung sei das Gebiet wegen der Nähe zur Autobahn weniger geeignet.
Matthias Ressler, Vorsitzender der SPD/FDP-Fraktion:
„Wir sind enttäuscht. Denn wir hätten erwartet, dass Ikea unterschriebene Verträge auch erfüllt.“Gleichzeitig unterstreicht Ressler: „Nach unserem Willen wäre man schon längst in der Bauphase. Leider wurde das Projekt durch zahlreiche Bedenkenträger verzögert.“Nun gelte es aber, nach vorne zu schauen und mit Ikea über die von den Schweden bereits gekauften Grundstücke zu sprechen, so dass die Stadt eine sinnvolle Nutzung des Geländes planen könne. Zudem müsse die Verkehrssituation rund um das Autobahnkreuz auch ohne IkeaAnsiedlung wie geplant verbessert werden – dazu gehöre etwa die Vergrößerung des Kreisverkehrs an der Buxheimer Straße. In diesem Zusammenhang erneuert die SPD/FDPFraktion auch ihre Forderung nach einem dreispurigen Ausbau der A7.
Wolfgang Courage, CRB-Fraktionsvorsitzender:
„Das ist ein herber Schlag ins Kontor. Denn Ikea hätte der ganzen Stadt gutgetan.“Courage ist bis zuletzt davon ausgegangen, dass Ikea kommt, wenn auch mit einem kleineren Möbelhaus als ursprünglich geplant. Nun müsse das „Schlüsselgrundstück“unbedingt von der Stadt gekauft werden. „Das darf man sich wegen der weiteren Planung nicht aus der Hand nehmen lassen.“Was dort einmal entstehen könnte, darüber möchte der Fraktionschef „jetzt nicht spekulieren“. Indes fordert er wie Ressler, dass die geplanten Straßenbaumaßnahmen weiter verfolgt werden. (Wie berichtet, wird die Europastraßen-Brücke über die A 96 laut Oberbürgermeister Manfred Schilder auf jeden Fall neu gebaut und von vier auf sechs Spuren verbreitert. Gleiches gelte für die Verbreiterung der Einfädelund Ausfädelspuren an der A 7 und der A 96.)
Helmut Börner, Fraktionschef der Freien Wähler:
Er bedauert die Entscheidung ebenfalls, kann sie aber nachvollziehen. „Denn der OnlineHandel wird eben immer stärker.“Nach Börners Worten ist das Areal neben dem Autobahnkreuz eines der begehrtesten Grundstücke in ganz Bayern. Daher sollte die Stadt es unbedingt dem schwedischen Möbelkonzern abkaufen und für die weitere Entwicklung Memmingens nutzen. Der Fraktionsvorsitzende kann sich an dieser Stelle zum Beispiel mittelständische Unternehmen sehr gut vorstellen.
Dieter Buchberger, Vorsitzender der ÖDP-Fraktion: „Diese Entscheidung
ist gut für Memmingen“, ist er überzeugt. So hätten zum Beispiel die Einzelhändler in der Innenstadt nun wieder mehr Investitionssicherheit: „Der eine oder andere wird sein Geschäft umbauen – und andere ihre nicht schließen.“Zudem geht Buchberger davon aus, dass man die großen Flächen in den geplanten Fachmärkten neben Ikea „sowieso nicht gewinnbringend vollbekommen hätte“. Auch er tendiert dazu, dass sich die Stadt das „Filet-Grundstück“sichern soll, um besser steuern zu können, was damit passiert. Er kann sich dort nach einer lärmtechnischen Prüfung ein Mischgebiet mit Gewerbe und Wohnungen gut vorstellen.
Bernhard Thrul, Vorsitzender der Grünen-Fraktion:
„Hoch erfreut“reagiert der Grünen-Vertreter auf die Ikea-Absage. Schließlich war seine Fraktion stets gegen das Großprojekt. Und zwar auch aus Umweltschutzgründen. „Zu Ikea hätten sehr viele Menschen sehr viele Kilometer mit dem Auto zurückgelegt.“Was die Zukunft des Areals anbelangt, sollte die Stadt es Ikea zwar abkaufen, „aber es nicht auf Gedeih und Verderb sofort bebauen beziehungsweise bebauen lassen“. In Thruls Augen wäre das „eine schöne Vorhaltefläche“für Wohnungen oder ein neues Memminger Klinikum.