E-Bike-Ladestation auf einer Allgäuer Alpe
Sebastian Wölfle von der Jugetalpe kümmert sich ums Jungvieh und bietet auf der Hütte auch Brotzeiten an
MISSEN-WILHAMS - Auf die Allgäuer Alpwirtschaft aufmerksam machen, das will das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beim Tag der offenen Alpe – diesmal auf der Jugetalpe bei Missen. Dort verbringt Sebastian Wölfle den siebten Sommer. Zunächst mit seiner Brigitte – dann auch mit den beiden Kindern, Sohn Hugo (drei Jahre ) und Tochter Emma (zwei Jahre). „Es ist toll, mit der Familie arbeiten zu können“, sagt der gelernte Landschaftsgärtner aus Wengen (Gemeinde Buchenberg).
„Baschtl“, wie er sich selbst nennt, war zuvor sechs Winter als Seilbahn-Maschinist in Ischgl – und sammelte dort im Sommer auch Erfahrungen auf Almen. Dann las er im Mitteilungsblatt des Alpwirtschaftlichen Vereins im Allgäu, dass ein Hirte für die Jugetalpe gesucht wird, bewarb sich – und wurde genommen. „Es waren mehr als 60 Bewerbungen eingegangen“, sagt der heute 32-Jährige. Als Hirte den Sommer über im Gebirge verbringen, das ist nach wie vor begehrt. „Es melden sich oft auch Leute, die wenig Hintergrundwissen haben, gar nicht aus der Landwirtschaft kommen“, sagt Michael Honisch vom Fachzentrum Alpwirtschaft in Immenstadt. Deshalb biete der Spitalhof Kempten zweimal im Jahr einwöchige Kurse für Bewerber aus landwirtschaftsfernen Berufen. Dort lernten sie unter anderem melken oder wie man Rindern einen Strick anlegt. „Die Nachfrage ist groß“, sagt Honisch.
„Als Hirte hat man eine große Verantwortung fürs Vieh, muss auch unvorhergesehene Situationen meistern, beispielsweise erkennen, wenn das Vieh Probleme hat“, fügt Honisch an. Er ist auch Geschäftsführer des Alpwirtschaftlichen Vereins mit seinen 1800 Mitgliedern und weiß: „Als Hirten bevorzugt werden Leute mit Erfahrung.“Am besten sei es, wenn die Kinder von Hirten die Aufgabe weiterführen. „Sie werden dann von klein auf mit dem Älplervirus infiziert“, sagt Honisch. Das schärfe den Blick fürs Vieh, der Berufsfremden oft fehle.
Strom gibt’s über die eigene Fotovoltaikanlage
Klauenprobleme, dicke Beine oder Augenentzündungen. All das erkenne man beim täglichen Blick auf die grasenden Rinder, sagt „Baschtl“von der Jugetalpe. Er ist inzwischen ein Alphirte mit viel Erfahrung. Das Arbeiten mit Tieren in der Natur begeistert ihn. Im Vergleich zu anderen Älplern hat er es zudem gut: Die Hütte, in der er mit seiner Familie den Sommer über verbringt, wurde 2011 neu gebaut: Strom gibt’s über die eigene Fotovoltaikanlage, eine Dusche ist eingebaut – und auch ein Stall für den Notfall. 2011 war das 100 Jahre alte Alpgebäude nach einem technischen Defekt abgebrannt – und im Jahr darauf wieder aufgebaut worden. Eigentümer ist die Alpgesellschaft Juget 1 mit ihrem Vorsitzenden Alfred Weixler aus Reicholzried.
70 Jungrinder von sechs Bauern verbringen den Sommer auf den Alpflächen, die auf einer Höhe zwischen 900 und 1020 Metern liegen. Die Jugetalpe ist ein beliebtes Ausflugsziel – auch im Winter an manchen Wochenenden offen. Es gibt ausschließlich regionale Produkte vom Mineralwasser bis zum Speck: Die Jugetalpe gehört dem Zusammenschluss Allgäuer Alpgenuss an.
Mit dem Auto ist die Jugetalpe nicht erreichbar
Spezialitäten sind hofeigenes Kesselfleisch, und es gibt mehrere kostenlose Ladestationen für E-Bikes. Der Strom dafür wird von der Fotovoltaikanlage über einen Batteriespeicher direkt in die Akkus eingespeist. Denn mancher kommt per Zweirad zur Alpe. Mit dem Auto ist sie nicht erreichbar. Die meisten aber spazieren zu Fuß vom Parkplatz in 25 Minuten zur Alpe.
Beim Tag der offenen Alpe am Sonntag waren es viele hundert Besucher, die die Bergmesse besuchten, sich dann am Frühschoppen mit Blasmusik erfreuten und über die Alpe informierten oder an einer Waldführung mit Förstern teilnahmen. Es war ein großes Fest zum Start der Alpsaison.