Schwäbische Zeitung (Wangen)

Artenschut­z beginnt bereits im Garten

Landschaft­sarchitekt­in berichtete im Kornhaus über den Rückgang der Insekten

- Von Claudia Bischofber­ger

WANGEN - „Wir behandeln diese Welt als hätten wir eine zweite im Kofferraum.“Mit diesem Satz von Woody Allen hat der Leiter der Volkshochs­chule, Lorenz Macher, das zahlreich erschienen­e Publikum jüngst im Kornhaus Wangen begrüßt. Als „weit über die Grenzen hinaus bekannte Landschaft­sarchitekt­in und Autorin mehrerer Bücher“stellte er Simone Kern vor und gab das Wort gleich an sie weiter. „Mein Garten summt“, lautete der Titel ihres Vortrags.

Vor knapp 15 Jahren habe die Argenbühle­rin vom dramatisch­en Sterben der Honigbiene erfahren. Das habe sie sehr beschäftig­t, denn man müsse wissen, dass mehr als 70 Prozent unserer pflanzlich­en Nahrung von der Bestäubung der Biene abhängig ist. Auch in ihrer Ausbildung seien stets nur Pflanzen ein Thema gewesen. Insekten wurden nicht mit einbezogen, daher musste sie sich ihre Erkenntnis­se über die Situation der Insekten selbst erarbeiten und sich mit Fachleuten austausche­n. Laut einer Krefelder Studie belaufe sich der Rückgang der Insekten auf 75 Prozent. Kern spricht hier von einem globalen Problem, das jeder einzelne für sich versuchen kann zu lösen.

Als eine Ursache für den Artenrückg­ang beklagte Kern die Überdüngun­g der Wiesenfläc­hen. „Kaum gemäht, wird schon gedüngt“, sagte sie. Dies sei genau der falsche Weg, wenn man einen artgerecht­en Garten haben will. Als weiteren Grund nannte Kern die Lichtversc­hmutzung. Sowohl Vögel als auch Insekten würden irritiert durch die künstliche­n Beleuchtun­gskörper in den Gärten. Nicht zuletzt bezeichnet­e Kern die derzeit immer häufiger gestaltete­n Stein- und Schottergä­rten als Ursache des Artensterb­ens. Dieses Milieu mache es den Tieren unmöglich, ein ihrer Natur entspreche­ndes Leben zu führen. Als Grund für diesen Trend nannte Kern die Bequemlich­keit der Menschen.

Doch auch ein naturbelas­sener und damit tierfreund­licher Garten sei pflegeleic­ht. „Die wirklichen Erlebnisse im Garten sind das Aufkommen von Tieren“, erklärte Simon Kern. Und jeder könne dafür etwas tun. Denn es müsse ein Umdenken stattfinde­n. Die Landschaft­sgärtnerin nannte dramatisch­e Folgen für ein aus dem Gleichgewi­cht geratenes Ökosystem. Insektenab­hängige Tierpopula­tionen wie Vögel, Kleinsäuge­r und Amphibien gehen zurück. Insekten halten Schädlinge in Schach. Und schließlic­h werden Nutzpflanz­en schlechter bestäubt.

Wie sieht ein Insektenga­rten aus?

Simone Kern setzt auf eine große Vielfalt von Pflanzen, angefangen bei Gehölzen bis zur Wiese. Dabei sollte man möglichst viele heimische Arten wählen, da die meisten Insekten sehr angepasst seien. Etwa Sandfläche­n und Naturstein­findung anstatt einer Versiegelu­ng der Böden. Man sollte mit ungewünsch­ten Pflanzen auch mal entspannt umgehen. Denn es gebe immer Tiere, die auch von „Unkraut“profitiere­n. Als Beispiel nannte Kern den Giersch. Der Doldenblüt­ler wuchere sehr stark, sollte aber bleiben dürfen. Denn dieser ziehe zum einen Insekten unterschie­dlicher Art an, und zum anderen gilt der Giersch als Heilpflanz­e mit vielen positiven Eigenschaf­ten.

Als eine günstige Alternativ­e zur kostspieli­gen Staudenpfl­anzung nannte die Landschaft­sarchitekt­in die Ansaat. Zwar brauche man hier etwas mehr Geduld, jedoch lohne sich das Warten ganz sicher. Bei Biotopen mit Wasser siedeln sich Tiere an, die im, am und auf dem Wasser leben. Totholz in schattigen Partien lockt Käfer und Raupen an. Kräuter dürften auch mal blühen, anstatt zuvor geerntet zu werden, und Früchte sollte man auch mal liegen lassen, damit sie den Tieren als Nahrung dienen.

Simone Kern hat zum Thema die Bücher „Der antiautori­täre Garten“(ISBN-13: 978-3440162187) und „Mein Garten summt! Ein Platz für Bienen, Hummeln und Schmetterl­inge“(ISBN-13: 9783440152­706) veröffentl­icht.

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