Wenn der Verbandspräsident mit Blumen wartet
Judokas des TSB Ravensburg haben ein Trainingslager in Tunesien absolviert – Und dabei den nächsten FSJler gefunden
RAVENSBURG - Judokas des TSB Ravensburg können nicht sagen, dass sie nicht weit herumkommen. Im vergangenen Jahr war eine Delegation der Ravensburger in Tokio, im Heimatland des Judos. Nun gab es ein besonderes Trainingslager in Tunesien. Vorab wusste TSB-Trainer Uli Rothenhäusler nicht, was seine Mannschaft in Sousse erwarten würde. Mit dem, was dann in Tunesien passierte, hätte er ganz sicher nicht gerechnet.
Über einen Tunesier aus Ravensburg, den Rothenhäusler kennt, kam der Kontakt nach Sousse zustande. „Da ist ein Judo-Stützpunkt“, sagt Rothenhäusler. „Aber wir hatten überhaupt keine Ahnung, wie der Leistungsstand in Tunesien ist.“Mit 22 Sportlern – fast die gleiche Reisegruppe wie ein Jahr zuvor nach Japan – reiste Rothenhäusler nach Nordafrika. Ob fünf oder 30 Tunesier ins Training kommen würden? Die Ravensburger wussten es nicht. „Bei wenig Resonanz wäre es halt ein schöner Urlaub für uns geworden“, sagt der TSB-Trainer.
Doch das Gegenteil trat ein. Schon als die Oberschwaben am Flughafen landeten, gab es die erste große Überraschung. Der tunesische Judo-Verbandspräsident Chokri Gana erwartete die Reisegruppe – mit Blumen. „Dazu haben sie bei Facebook überall geschrieben, dass der TSB Ravensburg zu Besuch kommt“, sagt Rothenhäusler. Die nächste Überraschung erwartete die Ravensburger beim Training in Sousse. Nicht nur fünf Tunesier, sondern mehr als 100 kamen zum Training. Viermal zwei Stunden hat die TSBDelegation während der Woche trainiert. Eine Einheit leitete Uli Rothenhäusler selber. Einmal übernahm der Japaner Kento Yazawa, der beim TSB ein freiwilliges Soziales Jahr leistet, das Training. Zwei Einheiten leiteten die tunesischen Trainer. „In Japan waren wir chancenlos“, blickt Rothenhäusler auf das Niveau in Tokio zurück. „In Tunesien konnten wir mithalten. Die haben aber auch ein paar richtig gute Judokas.“
Niveau hat sich immer mehr gesteigert
Einer davon ist Sofien Jaafar. Der 17Jährige ist tunesischer Meister und kämpfte im Training gegen Yazawa. „Kento ist stärker gewesen, wir im Schnitt technisch besser“, meint Rothenhäusler. Dennoch hat der Trip nach Tunesien seinen Judokas weitergeholfen, ist sich der TSB-Trainer sicher. Überhaupt hat sich das Niveau beim TSB immer mehr gesteigert. Am Samstag kämpfen die Ravensburger in der Baden-Württemberg-Liga in der eigenen Kuppelnauhalle um den Aufstieg. „Wir können erstmals Meister in der dritthöchsten deutschen Judoliga werden“, blickt Rothenhäusler voraus.
Den sportlichen Schritt nach vorne haben die Ravensburger auch Kento Yazawa zu verdanken. Seit drei Monaten macht der Japaner sein FSJ beim TSB, leitet das Jugendtraining und fährt auch mit seinen jungen Athleten zu Wettkämpfen. „Es hat etwas gedauert, bis er die Sprache konnte“, meint Rothenhäusler. „Aber jetzt zahlt es sich aus. Er sieht am Mattenrand sehr viel, er hat ein tolles Auge.“Bis zum Rutenfest ist Yazawa noch da, dann fliegt er zurück nach Japan.
Einen neuen FSJler hat Rothenhäusler aber schon im Auge: Sofien Jaafar. 2020/21 soll der 17-jährige Tunesier nach Ravensburg kommen. „Das wäre für beide Seiten topp“, glaubt Rothenhäusler. „Er bekommt andere Einflüsse und lernt das europäische Judo kennen.“Und der TSBNachwuchs hätte den nächsten Jugendtrainer auf ganz hohem Niveau. Einzige Bedingungen: Jaafar muss bis dahin deutsch sprechen.
Der Ausflug nach Tunesien hat sich für den TSB Ravensburg also gelohnt – sportlich und auch abseits der Matten. „Die Tunesier waren extrem gastfreundlich“, schwärmt Rothenhäusler noch immer. Die Ravensburger wurden mit Privatautos und Taxis vom Hotel abgeholt, zum Training und zurück gefahren, es wurde extra ein Touristenzug gemietet für eine Stadtrundfahrt – und auch eine Bootstour am Yachthafen war drin.