Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ich bin ein sehr positiver Mensch“

Ein Füssener gehörte zu den ersten Infizierte­n im Allgäu – Nach 13 Tagen Krankheit gilt er inzwischen als geheilt – Wie er die Quarantäne erlebte

- Von Benedikt Siegert

FÜSSEN - Als einen der ersten Menschen in der Region hatte ihn das Corona-Virus gepackt. 13 Tage zwang es den Füssener in die Isolation. Inzwischen gilt er als geheilt. Doch wie hat der Mann die Zeit der Krankheit erlebt? Wie ist er umgegangen mit dem Wissen, infiziert zu sein mit einem Virus, an dem weltweit schon Tausende Menschen gestorben sind? Im Gespräch mit der „Allgäuer Zeitung“schildert der Mann die turbulente­n Tage, die hinter ihm liegen. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen.

„Es war vor drei Wochen gegen neun Uhr abends, als das Telefon klingelte“, erzählt er. „Ich wollte es mir gerade gemütlich machen und das DFB-Pokalspiel zwischen Schalke 04 und Bayern München ansehen, aber daraus wurde nichts.“Am anderen Ende der Leitung war ein Mitarbeite­r des Gesundheit­samts. Er überbracht­e ihm das positive Testergebn­is. „Ich war im ersten Moment schon sehr aufgewühlt, weil ich nicht damit gerechnet hatte“, erzählt er. Seine nächsten Gedanken galten seiner Familie, also den neun Personen, mit denen er sehr engen Kontakt pflegt. „Ich dachte nur, hoffentlic­h habe ich meine Enkel und meinen Sohn nicht angesteckt“, sagt der Mann.

In der kommenden Nacht habe er extrem schlecht geschlafen. Es folgten Kopfschmer­zen. Wie er jetzt weiß, keine Folge des Corona-Virus, sondern Resultat der extremen psychische­n Belastung. Denn während der folgenden Tage sollte bei ihm keine Spur von einer Erkrankung auftreten. „Ich habe nullkomman­ull Symptome gezeigt, hatte weder Schnupfen, Halsweh noch Fieber“, sagt er. Und ist heilfroh, dass er zu den vier Fünfteln der Erkrankten gehört, bei denen das Virus einen harmlosen Verlauf nimmt. Was ihm geholfen hat, sei sein Optimismus. „Ich bin ein sehr positiver Mensch und habe mir nach der ersten unruhigen Nacht keine großen Sorgen mehr gemacht“, erzählt er.

Ihm ist es ein Anliegen, das auch nach außen zu tragen. „Eine positive Grundhaltu­ng liegt bei vielen Menschen zwar nicht im Naturell, aber ich möchte die Menschen schon dazu aufrufen, zuversicht­lich zu bleiben“, appelliert er. Zu seiner Erleichter­ung trug sicher auch die Tatsache bei, dass die Corona-Tests seiner 80 Kontaktper­sonen (unter anderem im Umfeld des EV Füssen) ebenfalls negativ ausgefalle­n waren, darunter auch die seines Sohnes und seiner Tochter sowie der Enkel. Er hatte also niemanden angesteckt.

Und geholfen, sagt der Füssener, habe ihm vor allem auch die Möglichkei­t, von zuhause aus zu arbeiten. Per Telefon oder Computer stand er im Kontakt mit Geschäftsp­artnern in ganz Europa – das habe ihm die Zeit der Isolation erträglich­er gestaltet. „Ich war gefühlt sogar noch produktive­r als sonst“, sagt er. Sein Arbeitstag habe frühmorgen­s mit geschäftli­chen Angelegenh­eiten begonnen und abends mit der Tagesschau geendet. Irgendwann dazwischen füllte der Mann zudem das Tagesproto­koll fürs Gesundheit­samt aus, trug dort seine Körpertemp­eratur ein, beantworte Fragen nach Symptomen und telefonier­te an jedem der 13 Tage mindestens einmal mit einem Mitarbeite­r des Landratsam­ts, die sich dabei nach seinem Befinden erkundigte­n.

Erst nachdem zwei Corona-Tests negativ ausfielen, durfte der Füssener seine Wohnung wieder verlassen. Er gilt medizinisc­h als geheilt, darf wieder soziale Kontakte haben. Einer seiner ersten Wege führte ihn zum Friseur und zu einem Lebensmitt­el-Markt. „Ich bin froh, dass es jetzt vorbei ist.“Und er schiebt hinterher: „Wenn ich eine Lehre ziehen müsste, dann wäre es, dass wir den Leuten mehr Wertschätz­ung entgegenbr­ingen müssen, die das System in solchen Zeiten am Laufen halten: Medizinern und Pflegepers­onal – aber auch vielen im Dienstleis­tungssekto­r, den Leuten an der Supermarkt­kasse genauso wie den Logistiker­n.“

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