So kommt Plastik in den Bodenseefisch
Eine Studie der Fischereiforschungsstelle in Langenargen liefert Ergebnisse
LANGENARGEN (sz) - Die Belastung der Ozeane, Seen und Flüsse mit Mikroplastik ist bekanntermaßen zu einem großen Problem geworden. Vor allem Wasserorganismen scheinen weltweit betroffen zu sein. Auch in den heimischen Fischarten werden Kunststoffpartikel nachgewiesen, die meist kleiner als fünf Millimeter sind. Wie das Mikroplastik in die Tiere gelangt, hat die baden-württembergische Fischereiforschungsstelle (FFS) in Langenargen untersucht. Dabei kam unter anderem heraus: Karpfen haben Geschmack und können zwischen Nahrung und Plastik unterscheiden.
Verwechslung von Mikroplastik mit Nahrung.
In der Fachliteratur finden sich laut FFS des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg vereinzelt Hinweise, dass Fische Mikroplastik mit Nahrung verwechseln. Ob dies bei unseren heimischen Fischarten vorkommt und wie verbreitet
Pfad 1:
dieser Aufnahmepfad ist, wurde in der aktuellen Studie überprüft. Die Laborversuche zeigten dabei deutliche Unterschiede auf, heißt es. Räuberische Fische, wie Forelle oder Äsche, verwechselten regelmäßig Mikroplastik mit Nahrung. Dagegen unterschieden Arten mit ausgeprägtem Geschmackssinn, wie Karpfen oder Karausche, effektiv zwischen Nahrung und Mikroplastik. Dies ergebe auch aus biologischer Sicht durchaus Sinn: Bodennah lebende Arten suchen der FFS zufolge ihre Nahrung häufig im oder auf dem Gewässerboden und sind gefährdet, Ungenießbares aufzunehmen. Dementsprechend lassen sie sich mehr Zeit und „kosten“die Nahrung, bevor sie diese verschlucken. Räuberische Fischarten hingegen müssen blitzschnell zuschnappen und verlassen sich vor allem auf optische Reize bei der Nahrungsaufnahme. Für sie ist vor allem die Farbe der Beute ein ausschlaggebender Faktor und es kommt dann zu einer Verwechslung, heißt es in der Mitteilung. Voraussetzung für diesen Aufnahmepfad sei jedoch, dass das Mikroplastik eine ähnliche Größe wie die bevorzugte Nahrung besitzt. Kleinere Partikel gelangen wohl über andere Mechanismen in den Magen der Fische, so die Einschätzung der Fischereiforschungsstelle.
Zufällige Aufnahme von Mikroplastik.
Die weitere Analyse der Daten zeigte zudem, dass alle Fische auch Mikroplastik zufällig aufnehmen. Dies passiert meist dann, wenn sich die Kunststoffpartikel in der Nähe der Nahrung befinden und sie so „aus Versehen“geschluckt werden. Auch durch „Trinken“können sehr kleine Partikel in den Fisch gelangen. Die getrunkene Menge ist bei Süßwasserfischen zwar eher gering, Meeresfische müssen aber für den Salzausgleich ständig Flüssigkeit aufnehmen, teilt die FFS mit. Um
Pfad 2:
sich diesem Pfad zu nähern wurde mit Hilfe eines mathematischen Modells die wahrscheinliche Aufnahme durch Trinken ermittelt. Es stellte sich heraus, dass bei Süßwasserfischen die Mikroplastikaufnahme durch Trinken keine Rolle spielt. Die aufgenommenen Partikelmengen sind zu gering und dabei sogar kleiner als die Ausscheidung mit dem Nahrungsbrei. Für marine Fische sieht es jedoch anders aus. Vor allem große Fische können laut Mitteilung demnach durch Trinken relevante Mengen an Mikroplastik aufnehmen. Die Frage, wie Mikroplastik in die Fische gelangt, ist insbesondere vor dem Hintergrund der unsicheren Belastungssituation unserer Fische relevant. Mit den heute verfügbaren Methoden kann derzeit wohl nur ein Bruchteil der realen Mikroplastikbelastung nachgewiesen werden. Umso wichtiger ist es, mögliche Aufnahmewege aufzuzeigen und zu verstehen.