Virus infiziert die Literatur
Im Netz kursieren Gerüchte über einen Thriller von 1981
BERLIN (dpa) - Der amerikanische Autor Dean Ray Koontz soll schon vor knapp 40 Jahren über das aktuelle Coronavirus geschrieben haben. So heißt es in den sozialen Netzwerken. Was ist dran?
BEHAUPTUNG: Das Buch „The Eyes of Darkness“(deutscher Titel: „Die Augen der Dunkelheit“, erschienen bei Heyne) sagt vorher, dass ein Virus im Jahr 2020 eine schwere Lungenkrankheit und eine Pandemie auslöst.
BEWERTUNG: Ja, im Roman geht es um eine Pandemie. Doch ansonsten haben das Virus im Buch und Sars-CoV-2 kaum etwas gemein.
FAKTEN: Den Thriller „The Eyes of Darkness“hat US-Autor Dean Koontz im Jahr 1981 unter seinem Pseudonym Leigh Nichols veröffentlicht. Das Interesse an dem Buch steigerte sich zuletzt rasant: Während im Januar der deutsche Wikipedia-Eintrag zu „Die Augen der Dunkelheit“im Schnitt täglich ein Mal aufgerufen wurde, verzeichnete er Mitte März mehr als 100 000 Klicks pro Tag.
In der ursprünglichen englischen Ausgabe kommt die biologische Waffe „Gorki-400“vor, die laut der Erzählung in Laboren vor den Toren der russischen Stadt Gorki (heute: Nischni Nowgorod) entwickelt wurde. Dieser Name wurde offenbar später geändert. In aktuellen englischsprachigen Ausgaben des Romans heißt die biologische Waffe „Wuhan-400“, das Labor wurde ins chinesische Wuhan verlegt. In dieser Metropole hat der Ausbruch des aktuellen Coronavirus nach Expertenangaben seinen Ausgang genommen.
Im Gegensatz zu Sars-CoV-2 ist das Virus in „The Eyes of Darkness“aber zu 100 Prozent tödlich. Es löst keine Lungenkrankheit aus, sondern zerstört das Gehirn. Im Buch steht auch nicht, dass das Virus im Jahr 2020 grassieren wird.
Eine häufig mit der Behauptung verbreitete angebliche Textpassage, in der von der weltweiten Verbreitung einer Lungenkrankheit ungefähr im Jahr 2020 die Rede ist, stammt gar nicht aus dem KoontzThriller, sondern aus „End of Days“von Sylvia Brown. Dieses Buch erschien 2008 und beschäftigt sich mit Vorhersagen über das Ende der Welt.