Frühe Aprikosenblüte sorgt Obstbauern
Versicherer stehen bei Frostschäden im Lindauer Kreis wegen drastisch gesunkener Notfallhilfen im Fokus
KREIS LINDAU - Es ist fast drei Jahre her, da standen die Obstbauern am Bodensee vor dem Nichts. Die Frostnächte im April 2017 hatten die Ernte vieler Obstbauern am Bodensee fast vollständig zerstört. Sie waren so heftig, dass sie offiziell als Naturkatastrophe eingestuft wurden.
Auch dieses Jahr kündigen sich die ersten Wetterkapriolen bereits an. Die ersten Aprikosenbäume blühten bereits Anfang März. Das ist außergewöhnlich früh. Die Aprikosenblüte ist in der Regel die erste unter den Obstbäumen. Sie gilt daher als Startschuss der Saison. Je früher der Austrieb der Obstbäume stattfindet, desto größer ist die Gefahr, dass die Frostnächte zu Beginn des Jahres die Blüten zerstören und damit die Ernte.
„Da langen ein bis zwei richtig kalte Nächte, aber das will ich noch nicht an die Wand malen“, sagt Martin Nüberlin. Der Sprecher der Obstbauern in und um Lindau erinnert sich noch gut an das Katastrophenjahr 2017. „Im Allgemeinen haben die Kollegen damals nur noch fünf Prozent der eigentlichen Ernte eingefahren.“34 Millionen Euro stellte das bayerische Landwirtschaftsministerium damals für Notfallhilfen zur Verfügung. Diese Notfallhilfen gibt es auch weiterhin. Im Haushalt sind dafür jedoch nur noch 200 000 Euro vorgesehen. Denn seit Juli 2019 gilt, dass nur noch entschädigt wird, was nicht versicherbar ist. Deswegen sei die entsprechende Frost- und Hagelversicherung bei den Obstbauern sehr gefragt, sagt Martin Nübelin. „Die Versicherungsgeber waren viel unterwegs und haben viel mehr verkauft, als sie gedacht haben.“
Einer dieser Versicherungsgeber ist Fabian Albrechts von der Bayerischen Versicherungskammer. Albrechts ist Leiter der Geschäftsstelle Kempten, wo sich die Obstbauern vom Bodensee seit 2016 gegen Frost versichern können. Rund 25 Prozent der Obstanbaufläche am Bodensee sind mittlerweile bei der Versicherungskammer Bayern versichert. „Denen ist richtig heiß, weil sie eben hohe Summen versichert haben“, glaubt Nüberlin.
Fabian Albrecht sieht das logischerweise anders. „Natürlich beten wir zu Petrus, dass er den Frost bei Seite lässt, aber unsere Prämien sind risikogerecht kalkuliert.“Auch schwere Schadensjahre würde die Versicherungskammer Bayern verkraften. Klar ist laut Albrechts aber auch, dass die Versicherungsbeiträge für die Obstbauern erhöht werden könnten, sollte die Gefahr von Spätfrösten oder das Hagelrisiko weiter steigen.
„Wenn die merken, dass sie draufgezahlt haben, wird es andere Konditionen geben oder Verträge nicht verlängert werden“, sagt der Obstbauer Andreas Willhalm. Auch er habe vor drei Jahren bei der Frostversicherung sofort zugeschlagen. „Es bleibt mir überlassen, ob ich den Hektar für 10 000 oder 15 000 Euro versichere, aber ich zahle halt die entsprechende Prämie.“Die differiert laut Versicherungsfachmann Albrechts zudem je nach Anbauregion.
Die Höhe der Prämien ist für Willhalm auch nicht das Problem, sondern deren Finanzierung. Willhalm ist seit 2017 stellvertretender Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes. Dieser fordert seit Längerem eine Subventionierung der Prämien durch das Land Bayern. Ein dementsprechendes Pilotprojekt wurde für die baden-württembergischen Obstund Weinbauern bereits im Herbst 2019 eingeführt. Fünf Millionen Euro Zuschüsse für die Prämien stehen pro Jahr bereit. „So weit sind wir in Bayern noch nicht gekommen“, sagt Willhalm.
Auch Albrecht würde die Zuschüsse begrüßen. „Eine Subventionierung der Prämien wäre ein wichtiger Anreiz für alle Landwirte, um sich stärker als bisher gegen die durch den Klimawandel steigenden Risiken von Extremwettern absichern zu können.“Eine stärkere Absicherung dürfte sich manch ein Obstbauer wünschen. Der deutsche Wetterdienst hat seit Montag Frostnächte im Alpenvorraum vermeldet, die sich noch bis zum Wochenende hinziehen sollen.