So wirkt sich der milde Winter auf die Natur aus
Warum die teils frühlingshaften Temperaturen der vergangenen Monate vor allem für Igel fatal sind
WANGEN - Teils frühlingshafte Temperaturen und viel Regen anstatt Schnee. Seit einigen Jahren hat sich der Lauf der Jahreszeiten stark verändert und dies macht sich auch in vielen Bereichen der Natur bemerkbar. Ein Beispiel dafür war der zurückliegende Winter. Die „Schwäbische Zeitung“hat zu den Folgen der milden Witterung nachgefragt.
Der Wald
Zunächst die gute Nachricht. Die veränderten Klimaverhältnisse lassen die Bäume so gut wie „kalt“. Marijan Gogic, Leiter des Forstamts im Landratsamt Ravensburg, erklärt, dass der Wald mit den derzeitig herrschenden Veränderungen gut klar komme, was den milden Winter angeht. „Rehe und Wildschweine profitieren sogar davon“, sagt Gogic. Für diese Tierarten stehe nun so gut wie das ganze Jahr Futter zur Verfügung. Zufütterung sei deshalb auch schon seit längerem verboten. Im Hinblick auf den Borkenkäfer sei dieser auch bei sehr hohen Minusgraden nicht zu dezimieren. Allein die trockenen Sommer seien für deren starke Vermehrung verantwortlich, was dem Wald erheblich schade, so Gogic.
Die Vögel
Georg Heine vom Wangener Nabu kann für die Vogelwelt wegen der warmen Temperaturen ebenfalls noch keine riesigen Auswirkungen feststellen. Obwohl manche Rituale der Tiere sich schon früher als gewohnt einstellten. Viel früher als gewöhnlich fingen schon im Februar die Meisen, Rotkehlchen und Amseln an zu singen. Die einheimischen Vögel inspizierten bereits ihre Brutplätze, mittlerweile sind sie in der Brut.
Die ist laut Heine ein Nachteil für die Zugvögel, da sie später kommen und dann die „besten“Plätze schon belegt seien. Ungewöhnlich früh könne man Störche in den hiesigen Gegenden beobachten. Diese seien aber auch in der Lage, bei einem plötzlichen Wintereinbruch mal 400 bis 500 Kilometer weit in wärmere Gefilde zu fliegen.
Dennoch sei allgemein ein drastischer Rückgang sämtlicher Vögel festzustellen. Dies läge aber hauptsächlich am immer weniger werdenden Futterangebot und der Einschränkung des Lebensraums.
Die Fledermäuse
Die Jäger der Nacht seien zwar sehr gut an unsere bisher typischen
Wechsel der Jahreszeiten im Winterschlaf angepasst, sagt Ingo Maier vom Arbeitskreis Fledermäuse des Nabu Wangen. Gefährlich werde es, wenn im Spätwinter eine ungewöhnlich warme Phase eintritt, wie im vergangenen Jahr. „Die Tiere wachen auf, finden draußen aber noch nicht ausreichend Nahrung, weil die Insekten noch nicht da sind“, erklärt Maier. Die Tiere verbrauchten ihre letzten Reserven und verhungerten im schlimmsten Fall. Gerade im Jahr 2019 seien sehr viele untergewichtige Notfälle bei den Spezialisten zu verzeichnen gewesen.
Die Igel
Ganz schlecht seien die milden Temperaturen für Tiere, die eigentlich Winterschlaf machen, wie zum Beispiel der Igel. Heidrun Frank vom Verein Welt der Igel bekommt dies immer häufiger zu spüren. Es werde von Jahr zu Jahr extremer und immer mehr ausgehungerte Igel kämen zu ihr in die Station oder zu den zahlreichen Pflegestellen des Vereins. Im vergangenen Jahr seien 179 Igel aufgenommen worden, nicht alle habe man retten können.
Natürlich sei das Problem auch der Rückgang der Insekten. Notgedrungen habe sich der Igel auf den
Verzehr der reichlich vorkommenden Schnecken umgestellt. Diese seien aber die Hauptüberträger von Parasiten. Dadurch werde das Immunsystem der Tiere stark geschwächt und dadurch sind seien sie anfällig für Krankheiten. Oft gingen die Igel schon krank und schwach in den Winterschlaf. Um ihren Stoffwechsel auf ein Minimum zu reduzieren, sollten die Temperaturen über mehrere Tage hinweg nicht über fünf Grad steigen. Je wärmer es wird, desto mehr Energie verbrauche der Igel auch im Schlaf. Je milder der Winter, desto mehr Probleme habe der Igel im Winterschlaf zu bleiben. Er wacht auf und läuft umher, ohne Nahrung zu finden. „Inzwischen sollte auch den Igeln das ganze Jahr Futter zur Verfügung stehen“, sagt Frank.
Auf der Website des Vereins bekommt man zahlreiche Tipps rund um den Igel. Der Verein, der sich ausschließlich durch Spenden finanziert sucht auch immer Pflege- und Überwinterungsstellen.