„Eigentlich sind wir eher Glückshelden“
SZ-Serie über Menschen in jetzt besonders wichtigen und in Corona-Zeiten wieder mehr wertgeschätzten Berufen – Heute: Fleischereifachverkäuferin Gabi Heim
WANGEN (bee) - Busfahrer, Verkaufspersonal, Pflegekräfte: In der Coronavirus-Krise sind die sogenannten „systemrelevanten“, also besonders wichtigen Berufe in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Jobs, die vergleichsweise oft weniger gut bezahlt sind und die in „normalen“Zeiten teilweise um Anerkennung in der Öffentlichkeit kämpfen müssen. In der aktuellen Ausnahmesituation werden die Menschen hinter diesen Berufsbildern aber als wichtig für die Gesellschaft wiederentdeckt, bekommen für ihren Einsatz von allen Seiten Applaus, werden plötzlich wertgeschätzt und manchmal sogar als „Helden des Alltags“dargestellt. Die „Schwäbische Zeitung“hat mit Frauen und Männern gesprochen, die auch mit ihrer Tätigkeit das „System“in der Region Wangen aufrecht erhalten. Obwohl sie wegen des ständigen Kontakts zu anderen mit der Gefahr leben, sich selbst anzustecken. Heute: Fleischereifachverkäuferin Gabi Heim.
Seit „Corona“hat sich der berufliche Tagesablauf von Gabi Heim gehörig geändert. Das beginnt schon damit, wenn die langjährige Fleischereifachverkäuferin zur Arbeit bei der Wangener Metzgerei Blaser kommt: Sie muss den einzig erlaubten, separaten Eingang benutzen, die Treppe hoch in den Aufenthaltsraum gehen, die private Kleidung ablegen, sich die Hände waschen und desinfizieren und dann die Betriebskleidung anlegen. Im Verkaufsraum geht es weiter: „Wir brauchen mehr Handschuhe, die Theke und alles, was mit den Kunden regelmäßig in Kontakt kommt, wird öfter gereinigt und desinfiziert“, sagt Heim. Wenn Wurst und Fleisch eingepackt sind, legt sie die Ware auf die Theke und tritt dann etwas zurück, damit sich die Kunden, die vorher hinter der Abstandlinie gestanden haben, die Ware dann zur Kasse mitnehmen können. Dort gibt es für Geld und Rückgeld nun jeweils eine eigene Schüssel.
Der Chef habe das Personal frühzeitig über die Schutzmaßnahmen informiert, berichtet die 37-jährige Wangenerin. „Wir haben uns deshalb sicher und gewappnet gefühlt.“Auch die Kunden würden sich diszipliniert verhalten, sie und ihre Kolleginnen würden seit der CoronaKrise sogar mehr Lob für ihre Arbeit bekommen: „Die Leute sind froh, dass der Laden aufhat, dass wir arbeiten und trotz der angespannten Situation freundlich bleiben.“In Gesprächen mit den Kunden kriege man jedoch auch einiges mit: dass Ältere ihre Angehörigen vermissen oder dass es junge Menschen nicht schlimm fänden, wenn Sie sich anstecken würden.
Apropos Ansteckungsgefahr: Auch bei den Kontakten im Privatleben soll sich Gabi Heim einschränken, sich möglichst aufs Familiäre beschränken, damit der Laden so lange wie möglich offen bleiben kann. Fühlt sie sich deshalb nicht ein bisschen als „Alltagsheldin“? „In keinster Weise“, sagt die Fachverkäuferin. „Wir sind eher Glückshelden, weil wir weiter arbeiten dürfen.“Die Corona-Krise habe auch das Team noch mehr zusammenrücken lassen. Spricht’s und geht zurück in den Verkaufsraum, der nächste Kunde will bedient werden.
Kennen Sie einen Menschen in einem systemrelevanten Beruf, dessen Arbeit Sie in Corona-Zeiten wieder mehr wertschätzen? Dann geben Sie uns Bescheid und mailen uns Ihren Vorschlag: