Ein Hauch Normalität
Fußball-Profis jubeln auf dem virtuellen Rasen, Zehntausende schauen zu
BERLIN (dpa) - Jubelnde Profis, ausflippende Kommentatoren und Vereine, die die Leistung ihrer Teams im Minutentakt in den sozialen Netzwerken kommentieren: Bei der „Bundesliga Home Challenge“wird Fans ein Stück Fußball-Normalität geboten – und doch ist alles ein bisschen anders. Weil die Bundesliga wegen der Corona-Pandemie seit dem 13. März in einer Zwangspause steckt, finden die Spiele nicht auf dem echten, sondern auf dem virtuellen Rasen statt. Statt am Ball müssen die Vereine ihr Können im Computerspiel FIFA 20 beweisen.
Unter dem Motto „Stay Home and play!“hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) den etwas anderen Bundesliga-Spieltag organisiert. 26 der 36 Clubs in der ersten und zweiten Liga sind mit zwei Spielern dabei – einem Fußballprofi und einer Person aus dem Clubumfeld. Letzteres können YouTuber, Fans oder professionelle E-Sportler aus dem Verein sein. Jedes Match besteht aus zwei Einzelpartien, deren Resultate zum Gesamtergebnis summiert werden.
„Ich denke, ich bin ein wenig schwer in die Partie gekommen“, sagte Herthas Mittelfeldspieler Maximilian Mittelstädt nach seinem 2:2-Unentschieden gegen Paderborns Rifet Kapic auf dem Instagram-Kanal des Hauptstadtclubs. „Vielleicht war ich am Anfang ein bisschen nervös, da ich sehr lange kein FIFA mehr gespielt habe.“
Neben Mittelstädt haben aufseiten der Profis unter anderem Augsburgs U21-Nationalspieler Marco Richter, Stuttgarts Atakan Karazor und der vom Coronavirus genesene Hannover 96-Profi Jannes Horn, der seit Freitagmittag aus der häuslichen Isolation raus ist, den Controller in die Hand genommen. Ein besonderes
Kunststück gelang BVB-Star Achraf Hakimi. Der marokkanische Nationalspieler erzielte bei seinem 2:2 gegen den Mainzer Daniel Brosinski den Treffer zur 2:1-Führung mit seinem eigenen FIFA-Charakter.
„Er macht aus einer Chance sein zweites Tor. Schade“, analysierte Abwehrspieler Brosinski nach dem Spiel im Livestream der Mainzer. So gewohnt klingend die Aussage, so ungewöhnlich die Umstände: Statt an der Seitenlinie oder in den StadionKatakomben ist der Mainzer Profi per Videoschalte aus seinem Wohnzimmer eingeblendet. Im Hintergrund steht nicht etwa die aus TVÜbertragungen bekannte Sponsorenwand, stattdessen sind Trikots anderer Spieler und Teams zu sehen.
Beiläufig bietet die „Home Challenge“damit Fan-Service der anderen Art: Sie zeigt die Spieler nicht als unnahbare Sportprofis, sondern als fußballbegeisterte Menschen in ihren Jogginghosen auf der Couch und damit dort, wo viele Fans sonst am Wochenende die Bundesliga verfolgen.
Und offenbar schafft es die „Home Challenge“auch, diverse Leute an die Geräte zu locken: Die Abrufe der einzelnen YouTube-Übertragungen der verschiedenen Anbieter liegen jeweils bei mehr als 100 000. Zum Vergleich: Die Aufzeichnung der letzten Virtual-Bundesliga-Play-offs liegen lediglich im vierstelligen Bereich.
Vier Erstligisten sind beim virtuellen Turnier, das übrigens in keine sportliche Wertung eingeht, nicht dabei – unter anderem der FC Bayern München. Der deutsche Rekordmeister pflegt eine Partnerschaft mit dem japanischen Videospielhersteller Konami, jenem Unternehmen, welches das FIFA-Konkurrenzspiel „Pro Evolution Soccer“produziert.