Manche Kunden wollen Schließung nicht akzeptieren
Weingartener Friseurmeisterin erhält kuriose Anfragen, will aber Mitarbeiter und Familie schützen
WEINGARTEN - Weil einige Menschen sich trotz geschlossener Friseurläden unbedingt die Haare schneiden lassen wollen, schlägt nun eine Weingartener Friseurmeisterin Alarm. Christine Denz-Banholzer, die mit „Christine´s Haar-Ideen“ein Geschäft in der Hähnlehofstraße hat, erlebt trotz der Corona-Krise beinahe täglich, dass sich einige Leute nicht an die staatlichen Vorgaben halten wollen. Mehr noch. Ein paar Kunden fragen gar an, ob man nicht bei ihnen zu Hause vorbeikommen könne, um dort die Haare zu schneiden. Das kommt für die Weingartener Friseurin allerdings absolut nicht infrage. „Die Leute haben den Schuss nicht gehört. Wir Friseure verstehen einfach nicht, warum einige Kunden uns nicht verstehen“, sagt sie. „Wir haben einfach Angst, uns selbst, unsere Kunden und unsere Familien anzustecken.“
Daher bittet sie alle Kunden um Verständnis. Jeder einzelne Friseur sei dankbar über Kundschaft. Doch in der aktuellen Situation sei die Gefahr der Verbreitung des Coronavirus einfach zu groß, sagt Denz-Banholzer, die nach eigener Aussage für viele Friseure in Weingarten und Ravensburg spricht. Schließlich ist es als Friseur unmöglich einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Auch das Arbeiten mit Handschuhen ist in der Praxis kaum umsetzbar, da man die Haare in der Hand halte und sich schnell mal den Handschuh aufschneide.
Daher war sie heilfroh, als Bund und Land entschieden, dass ab dem 22. März auch Friseure ihre Geschäfte schließen müssen. Mehr noch. Denz-Banholzer hatte geradezu darauf gewartet und deswegen auch den Weingartener Bundestagsbgeordneten Axel Müller (CDU) auf die schwierige Situation hingewiesen, der sich ihrem Anliegen angenommen habe. Denn erst durch die offiziellen Vorgaben haben nun auch Friseure ein Anrecht auf finanzielle Soforthilfe für Unternehmer. „Ich war Gott froh als ich dann endlich zumachen konnte“, sagt Denz-Banholzer.
Doch so seltsam es klingen mag: Manch einer kommt offensichtlich nicht ohne einen neuen Haarschnitt aus. „Die Leute rufen im Geschäft oder bei den Mitarbeitern an“, erzählt die Friseurin. Und damit ist sie nicht alleine. Viele ihrer Kollegen schildern ihr ähnliche Situationen. Auch werde immer wieder im Salon geklingelt und gefragt, ob man denn nicht kurz reinkommen könne. Doch davon oder gar Hausbesuchen will Denz-Banholzer. Einerseits, weil sie das Risiko der Ansteckung und Weiterverbreitung minimieren möchte. Anderseits weil ganz empfindliche Strafen drohen. Bei wiederholten unerlaubten Hausbesuchen können es sogar bis zu 25 000 Euro sein.
Wie wenig Verständnis manch ein Kunde hat, habe sich bei einer Kollegin gezeigt. Diese erzählte von einer Frau, die – als die Friseure noch geöffnet hatten – sich die Haare schneiden lies, obwohl sie unter Quarantäne stand. Erst als ein Geschäftskollege von der Kundin in den Laden kam, habe er gefragt, was die Kundin hier mache. Sie stehe doch unter Quarantäne. „Ich frage mich, warum die Leute das nicht verstehen wollen“, sagt Denz-Banholzer. „Die Leute kennen keine Angst. Ich habe Angst.“Verschärft wird die Situation für sie persönlich, weil die 13-jährige Tochter Lena einen Hirntumor hat und damit besonders gefährdet ist. Daher hat DenzBanholzer die sozialen Kontakte ihrer Familie schon seit Wochen komplett heruntergefahren. Tochter Lena, die im vergangenen Jahr ausnahmsweise als Ministrantin in der Weingartener Blutreitergruppe am Blutritt teilnehmen durfte (die SZ berichtete), habe das selbst auferlegte Kontaktverbot zu Freunden direkt akzeptiert. „Sie hat es gleich verstanden“, sagt ihre Mutter und fügt an: „Es kann jeden treffen. Egal ob jung oder alt.“
Daher bitte sie mit Blick auf die kommenden Wochen weiterhin um Verständnis, dass die Friseure nun geschlossen haben. Sie und ihre Kollegen würden ihren Kunden weiterhin liebend gerne die Haare schneiden. Das sei aktuell aber unmöglich. „Wir würden lieber heute als morgen aufmachen. Aber es geht eben nicht. Es ist jetzt einfach wichtig, dass wir geschlossen haben“, sagt sie. „Ich hoffe, dass die Kunden weiterhin meine Kunden bleiben.“