Zwischen Hoffnung und wahnsinnigen Sorgen
Ob die Ravensburg Razorbacks in diesem Jahr noch American Football spielen dürfen, ist offen
RAVENSBURG - Eigentlich würden sich die Ravensburg Razorbacks gerne unverstellt auf ihre ersten Auftritte in der German Football League 1 Süd freuen. Doch von Euphorie und Vorfreude ist beim Aufsteiger nicht viel zu merken. Die Corona-Krise verhindert mindestens den für Anfang Mai geplanten Saisonstart um mehrere Wochen. Die schlimmsten Befürchtungen gehen so weit, dass in diesem Jahr gar nicht mehr gespielt wird.
„Ich hoffe, dass es zu einer Saison kommt“, gibt sich Oliver Billstein kämpferisch. Der Sportliche Leiter will nicht glauben, dass es womöglich gar kein American Football mehr geben wird in diesem Sommer. Er sieht aber auch die vielen Fragezeichen, die zwischen der jetzigen Situation und einem Saisonstart stehen. Noch deutlicher als Billstein wird Thomas Prüß, Vorsitzender des TSB Ravensburg – zu dem die Footballabteilung der Razorbacks gehört. „Ich mache mir wahnsinnige Sorgen“, sagt Prüß. Er rechnet damit, dass die jetzige Situation – es herrscht ein vollständiges Sportverbot – noch zwei oder drei Monate anhalten könnte. Dann wäre das Jahr weit vorangeschritten und an eine reguläre Saison eigentlich nicht mehr zu denken.
„Es ist ganz schwer für uns, die aktuelle Situation festzumachen“, sagt Billstein. Schon den gerade angedachten Saisonstart Ende Mai hält er für nicht umsetzbar. Denn in BadenWürttemberg könnte bis Mitte Juni jeglicher Spielbetrieb untersagt werden. Den Bayern geht es nicht besser. Bayern? In Kempten sollte das erste Saisonspiel gegen die Allgäu Comets stattfinden – eine Partie, auf die alle hinfieberten, seit der Spielplan bekannt war. Doch inzwischen hat sich die Corona-Krise so weit verschärft, dass ganz andere Fragen im Raum stehen.
Für den Sportlichen Leiter Billstein lautet eine zentrale: Welche Spieler wird er noch zur Verfügung haben, wenn doch noch eine Saison zustande kommen sollte? Denn die so wichtigen Importspieler sind gerade alle in den USA, um dort abzuwarten. Auch Quarterback Garrett Dellechiaie ist heim zu seiner Familie geflogen. Da diese Jungs aber auch auf das Gehalt durch ihr Engagement in der GFL vertraut hatten, könnte es jetzt sein, dass der eine oder andere sich nach einer alternativen Einnahmequelle umsieht – und sie findet. Ein Wechsel nach Ravensburg würde sich dann womöglich zerschlagen. „Das ist rechtlich möglich“, sagt Billstein. Die Verträge würden erst mit Saisonstart gültig.
Außerdem haben die Razorbacks sehr frühzeitig mit den anderen Importspielern Kontakt aufgenommen und mit ihnen den Verbleib im jeweiligen Heimatland geregelt. Soweit noch möglich war, wurden Flüge storniert, um Kosten einsparen zu können. „Alle Spieler hatten für unser Vorgehen Verständnis“, sagt Billstein. Zudem stimmten die angestellten Trainer laut Pressemitteilung einer Kurzarbeiterregelung zu. Wie alle Vereine der GFL unternehmen auch die Razorbacks alles, um nicht in finanzielle Schieflage zu geraten.
Auf den hauptamtlichen Cheftrainer Sebastian Fandert können die Razorbacks weiter vertrauen. Da ist nicht zuletzt Billstein sehr froh. Denn er konzentriert sich nach seinem großen Erfolg als Trainer der Aufstiegsmannschaft wieder ganz auf die Aufgabe als Sportlicher Leiter, weil sich das mit seiner Rolle als voll berufstätiger Familienvater besser vereinbaren lässt. „Super gut“gehe es ihm mit dem Zuständigkeitsbereich, den er schon innehatte, bevor er kurz vor Beginn der vergangenen Saison einsprang und die Razorbacks zur Meisterschaft führte.
Jetzt die Ravensburger Footballer in der ersten Liga zu begleiten, das Ziel Klassenerhalt anzupeilen – nichts würde Billstein gerade lieber machen. So aber muss er hoffen – auf die historische erste Saison der Ravensburg Razorbacks in der GFL Süd.