Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zwischen Hoffnung und wahnsinnig­en Sorgen

Ob die Ravensburg Razorbacks in diesem Jahr noch American Football spielen dürfen, ist offen

- Von Michael Panzram

RAVENSBURG - Eigentlich würden sich die Ravensburg Razorbacks gerne unverstell­t auf ihre ersten Auftritte in der German Football League 1 Süd freuen. Doch von Euphorie und Vorfreude ist beim Aufsteiger nicht viel zu merken. Die Corona-Krise verhindert mindestens den für Anfang Mai geplanten Saisonstar­t um mehrere Wochen. Die schlimmste­n Befürchtun­gen gehen so weit, dass in diesem Jahr gar nicht mehr gespielt wird.

„Ich hoffe, dass es zu einer Saison kommt“, gibt sich Oliver Billstein kämpferisc­h. Der Sportliche Leiter will nicht glauben, dass es womöglich gar kein American Football mehr geben wird in diesem Sommer. Er sieht aber auch die vielen Fragezeich­en, die zwischen der jetzigen Situation und einem Saisonstar­t stehen. Noch deutlicher als Billstein wird Thomas Prüß, Vorsitzend­er des TSB Ravensburg – zu dem die Footballab­teilung der Razorbacks gehört. „Ich mache mir wahnsinnig­e Sorgen“, sagt Prüß. Er rechnet damit, dass die jetzige Situation – es herrscht ein vollständi­ges Sportverbo­t – noch zwei oder drei Monate anhalten könnte. Dann wäre das Jahr weit vorangesch­ritten und an eine reguläre Saison eigentlich nicht mehr zu denken.

„Es ist ganz schwer für uns, die aktuelle Situation festzumach­en“, sagt Billstein. Schon den gerade angedachte­n Saisonstar­t Ende Mai hält er für nicht umsetzbar. Denn in BadenWürtt­emberg könnte bis Mitte Juni jeglicher Spielbetri­eb untersagt werden. Den Bayern geht es nicht besser. Bayern? In Kempten sollte das erste Saisonspie­l gegen die Allgäu Comets stattfinde­n – eine Partie, auf die alle hinfiebert­en, seit der Spielplan bekannt war. Doch inzwischen hat sich die Corona-Krise so weit verschärft, dass ganz andere Fragen im Raum stehen.

Für den Sportliche­n Leiter Billstein lautet eine zentrale: Welche Spieler wird er noch zur Verfügung haben, wenn doch noch eine Saison zustande kommen sollte? Denn die so wichtigen Importspie­ler sind gerade alle in den USA, um dort abzuwarten. Auch Quarterbac­k Garrett Dellechiai­e ist heim zu seiner Familie geflogen. Da diese Jungs aber auch auf das Gehalt durch ihr Engagement in der GFL vertraut hatten, könnte es jetzt sein, dass der eine oder andere sich nach einer alternativ­en Einnahmequ­elle umsieht – und sie findet. Ein Wechsel nach Ravensburg würde sich dann womöglich zerschlage­n. „Das ist rechtlich möglich“, sagt Billstein. Die Verträge würden erst mit Saisonstar­t gültig.

Außerdem haben die Razorbacks sehr frühzeitig mit den anderen Importspie­lern Kontakt aufgenomme­n und mit ihnen den Verbleib im jeweiligen Heimatland geregelt. Soweit noch möglich war, wurden Flüge storniert, um Kosten einsparen zu können. „Alle Spieler hatten für unser Vorgehen Verständni­s“, sagt Billstein. Zudem stimmten die angestellt­en Trainer laut Pressemitt­eilung einer Kurzarbeit­erregelung zu. Wie alle Vereine der GFL unternehme­n auch die Razorbacks alles, um nicht in finanziell­e Schieflage zu geraten.

Auf den hauptamtli­chen Cheftraine­r Sebastian Fandert können die Razorbacks weiter vertrauen. Da ist nicht zuletzt Billstein sehr froh. Denn er konzentrie­rt sich nach seinem großen Erfolg als Trainer der Aufstiegsm­annschaft wieder ganz auf die Aufgabe als Sportliche­r Leiter, weil sich das mit seiner Rolle als voll berufstäti­ger Familienva­ter besser vereinbare­n lässt. „Super gut“gehe es ihm mit dem Zuständigk­eitsbereic­h, den er schon innehatte, bevor er kurz vor Beginn der vergangene­n Saison einsprang und die Razorbacks zur Meistersch­aft führte.

Jetzt die Ravensburg­er Footballer in der ersten Liga zu begleiten, das Ziel Klassenerh­alt anzupeilen – nichts würde Billstein gerade lieber machen. So aber muss er hoffen – auf die historisch­e erste Saison der Ravensburg Razorbacks in der GFL Süd.

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Ob Garrett Dellechiai­e (li.) tatsächlic­h zu den Ravensburg Razorbacks zurückkehr­t, ist wegen der Corona-Krise nicht mehr sicher. Auch der neue Linebacker Jeremy Conley ist derzeit in seiner Heimat.

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