Schwäbische Zeitung (Wangen)

Virus setzt der Weltreise ein Ende

Aitracheri­n kehrt aus Neuseeland zurück – Selbstisol­ation und horrende Ticketprei­se

- Von Steffen Lang

AITRACH - Die Weltreise von Johanna Leonhardt endete vorzeitig und ein Stück weit als Abenteuer. Die 28jährige Aitracheri­n musste wegen der Corona-Pandemie am Freitag in die Heimat zurückkehr­en.

Im September vergangene­n Jahres erfüllte sich Johanna Leonhardt ihren Traum. Nach Lehramtsst­udium für Deutsch und Biologie in Stuttgart und erfolgreic­her Referendar­szeit an einem Gymnasium ging die 28-Jährige auf Weltreise. Nepal, Indien, Thailand und Laos waren ihre ersten Stationen.

„In Laos ging’s los“, erinnert sich Johanna Leonhardt. Im chinesisch­en Wuhan traten die ersten Covid-19-Infektione­n auf. „Als Biologiest­udentin wusste ich, dass das nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf, zumal es in Laos viele chinesisch­e Touristen gibt. Ich wollte Distanz zwischen mich und das Virus bekommen.“Anfang Februar, früher als geplant, reiste sie deswegen nach Indonesien weiter. Zu diesem Zeitpunkt gab es zwar bereits außerhalb Chinas Infektione­n und Todesfälle, alle aber in direkter Verbindung mit Wuhan.

Vielleicht hätte sie spätestens von Indonesien aus wieder nach Hause zurückkehr­en sollen, sagt Johanna Leonhardt im Rückblick. „Vielleicht war ich etwas blauäugig, aber in Indonesien war die Lage aufgrund der zensierten Presse schwierig zu beurteilen.“Stattdesse­n ging ihre Reise weiter nach Neuseeland. „Ich hatte mich kurz zuvor mit meinem Vater verabredet. Wir überlegten, wo wir uns treffen könnten. Auch ein südafrikan­isches Land war im Gespräch, aber wir entschiede­n uns dann vorsichtsh­alber für ein Land, in dem es ein gutes Gesundheit­ssystem gibt.“Am 14. März trafen Johanna Leonhardt und ihr Vater auf dem Flughafen in Auckland ein. Zu dieser Zeit gab es dort gerade einmal ein halbes Dutzend Infizierte­r. „Ein paar Tage konnten wir noch im abgeschied­enen nördlichst­en Teil des Landes reisen, dann mussten wir uns in einer Ferienwohn­ung in die häusliche Quarantäne begeben“, erzählt die Aitracheri­n. „Die neuseeländ­ische Regierung hat richtigerw­eise sehr schnell und hart reagiert“, so empfindet es Johanna Leonhardt. „Ich habe mich dadurch dort auch recht sicher gefühlt.“Trotzdem kamen Vater und Tochter auch recht schnell zum Entschluss, dass es besser ist, nach Hause zurückzuke­hren.

„Mein Vater hatte für den 3. April bereits ein Rückflugti­cket, ich konnte noch eines für denselben Flug kaufen“, erzählt sie. Die Aitracheri­n stellte dabei fest, dass die Preise kräftig angezogen hatten. „Mein Vater musste noch zwischen 700 und 800 Euro fürs Ticket bezahlen, ich 1700.“Ein Bekannte aus Litauen erzählte ihr später, es sei ein Flug nach Europa für 12 000 Euro angeboten worden.

Trotz Tickets in der Tasche schrieben sich Leonhardt und ihr Vater vorsorglic­h ins Rückholpro­gramm des deutschen Auswärtige­n Amts ein. „Von der deutschen Botschaft wurde man sehr gut betreut, die haben einen super Job gemacht“, ist die Aitracheri­n voll des Lobes. Die Registrier­ung als zwei von rund 12 000 deutschen Staatsbürg­ern in Neuseeland war für die Aitracher eine Rückversic­herung. „Viele reguläre Flüge wurden kurzfristi­g gestrichen oder waren überbucht“, begründet sie das. Mit einem einigermaß­en mulmigen Gefühl im Bauch ging’s für die beiden daher auch am vergangene­n Freitag zum Flughafen in Auckland. Letztlich klappte es aber mit dem Heimflug via Doha nach München. „Mein Vater war sehr glücklich, wieder zu Hause zu sein“, sagt Johanna Leonhardt, „ich bin immer noch ein bisschen hin- und hergerisse­n.“Zwar fühle es sich gut an, wieder zu Hause zu sein, aber die Weltreise, ein Stück weit ein Lebenstrau­m, ist erst einmal dahin. Bis Juni/Juli sollte sie noch dauern, mindestens. „Vorerst abgebroche­n“, hat Leonhardt für sich inzwischen beschlosse­n, „vielleicht geht’s im Herbst weiter“.

Neuseeland meldete am 7. April knapp 1200 Covid-19-Erkrankte, 250 sind bereits wieder geheilt. Es gab bislang ein Todesopfer. Das Land hat rund 4,8 Millionen Einwohner, also nicht einmal halb so viele wie Baden-Württember­g (10,8 Millionen).

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FOTO: PRIVAT Johanna Leonhardt

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