Wie Corona das Leben im Tiergarten verändert
Ziegen fehlt der tägliche Rummel – Stadt Ulm sichert finanzielle Lage
ULM - Corona legt die Wirtschaft lahm. Viele Unternehmen in der Region schicken daher ihre Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Beim Mensch ist das gut möglich. Aber wie soll das bei Tieren funktionieren? Weniger Futter wegen Corona?
„Kurzarbeit können wir den Tieren nicht antun“, sagt Stefanie Kießling, Leiterin des Ulmer Tiergartens in der Friedrichsau, der bis auf unbestimmte Zeit für Besucher geschlossen ist. Zwar sei die Belegschaft in zwei Teams aufgeteilt worden, sodass im Falle einer Infizierung die alltägliche Arbeit gewährleistet sei, bestimmte Tiere bräuchten jedoch den kompletten Tag über Betreuung, sagt sie. Auch die Fütterung laufe unverändert weiter.
Unterm Stich heißt das: Die Ausgaben beim Tiergarten Ulm bleiben gleich, die Einnahmen durch Eintrittsgelder
fallen aber komplett weg. 160 000 Menschen kommen durchschnittlich im Jahr in den Zoo in der Friedrichsau, 2019 waren es sogar 198 000 Besucher.
Rund um Ostern wäre normalerweise die „erste Knallerzeit“gewesen, sagt Kießling. Seit Mitte März ist der Tiergarten aber geschlossen. Die Leiterin geht derzeit von einem Besucherrückgang von gut 15 Prozent aus. Und keiner weiß wirklich, wie lange die aktuelle Situation noch anhält. Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) hat deshalb kürzlich ein Soforthilfeprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro von der Bundesregierung für die Zoos in Deutschland gefordert.
Der VdZ vertritt in Deutschland 56 Tierparks. Das sind aber nicht alle auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Zudem ist die Trägerschaft unterschiedlich. Der Ulmer Zoo ist beispielsweise kein Mitglied. Dafür gehört er der Stadt, die alle Kosten trägt. Der Tiergarten selbst kann laut Kießling nur rund 30 Prozent seiner Ausgaben selbst stemmen. Normalerweise. Und dieser Tage? „Die Stadt Ulm lässt uns nicht im Stich“, sagt Kießling. Sie geht aber davon aus, dass geplante Investitionen nun nach hinten verschoben werden müssen. Im Stich lassen sie auch nicht die treuen Besucher. Kießling hatte zu Beginn der Krise noch befürchtet, dass Jahreskartenbesitzer nun auf die Idee kommen würden, Geld zurückzufordern. Bislang habe sich zum Glück niemand gemeldet. „Das sind vermutlich auch die Menschen, die am meisten Verständnis für die Lage haben und das Wohl der Tiere im Blick haben“, sagt sie. Es gibt es in der eher trostlosen besucherarmen Zeit im Tiergarten aber auch erfreuliche Ereignisse, die die Bevölkerung derzeit nicht zu Gesicht bekommt. So gibt es beispielsweise
Nachwuchs: „Fünf frische Osterlämmer“, sagt Kießling. „Schade, dass das niemand mitbekommt.“
Die Ziegen sind es, denen der tägliche Rummel der Besucherscharen etwas fehlt. Sie lassen sich gerne etwas bürsten und streicheln. Auch der Leguan, erzählt Kießling, „guckt schon“, wenn die Menschen an seinem Fenster vorbeilaufen.
Und im Tropenhaus sowie in den Außengehegen würden die Affen durchaus auch merken, „dass da was fehlt“. „Erdmännchen und Mangusten schauen sich die Menschen schon auch gerne an“, sagt Kießling.
Es gibt aber auch die Gegenseite. So zum Beispiel in der Aquaristik, gleich zu Beginn des Tiergartens. Den Fischen fehle es nicht, dass die Menschen nicht mehr an ihnen vorbeilaufen. Das kann für die Meerestiere sogar von Vorteil sein. „Dann passiert das Klopfen an die Scheiben nicht mehr“, sagt Kießling.