Trotz Einnahmeeinbrüchen will OB Lang nicht jammern
So könnte die Stadt finanziell von der Corona-Krise betroffen sein: Manches Projekt steht zeitlich auf der Kippe
WANGEN - Wegen der Corona-Krise geschlossene Betriebe, Geschäfte oder Kindergärten machen sich finanziell in vielen Bereichen bemerkbar: bei Unternehmen und Mitarbeitern – aber auch bei der Kassenlage von Städten und Gemeinden. Rathauschefs und Kämmereien der Region wissen das und beginnen gegenzusteuern. In der der Quintessenz heißt das: Begonnene Projekte laufen zwar weiter, so zum Beispiel die Realschulsanierung in Wangen. Vieles Andere steht aber zumindest zeitlich auf der Kippe. Auch bei der Stadt.
Die von Unternehmen zu zahlende Gewerbesteuer landet direkt in den Kassen der Kommunen, und Wangen war mit Einnahmen in diesem Bereich in den vergangenen Jahren gesegnet. 17 Millionen Euro im vergangenen Jahr waren abermals rekordverdächtig, eine Summe, die bei einem Gesamtvolumen des Haushalts von rund 75 Millionen Euro deutlich ins Gewicht fällt. Auch für 2020 hatte die Stadt hier erneut mit ordentlichen Einnahmen kalkuliert: 15,5 Millionen sollten es laut Haushaltsbeschluss vom Januar sein – zu einem Zeitpunkt also, als die Corona-Krise noch weit weg war von Deutschland und der Region Das ist längst anders und von 15,5 Millionen Euro gehen Wangens OB Michael Lang und Kämmerin Yvonne Winder nicht mehr aus. Vielmehr rechnen sie für das laufende Jahr mit deutlich geringeren Gewerbesteuereinnahmen in der Stadtkasse. Wie groß die Ausfälle sein werden, können beide seriös noch nicht einschätzen. Wohl aber, wie hoch die Summe ist, die jetzt schon fehlt, weil Unternehmen Anträge
beim Finanzamt auf Steuerherabsetzung gestellt haben: eine Million Euro. Und die wird steigen: „Wir bekommen täglich Stapel mit Bescheiden auf Herabsetzung“, so Kämmerin Winder.
Klar ist auch: Neben denen aus der Gewerbesteuer werden die Einnahmen aus dem kommunalen Anteil von Einkommen- und Umsatzsteuer einbrechen. Zahlen hierzu gibt es noch gar nicht, da müssen die Verwaltungen allesamt die für den 15. Mai erwarteten Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung abwarten. Absehbar ist dennoch: In der Summe müssen die Kommunen dieses Jahr den finanziellen Gürtel deutlich enger schnallen. OB Michael Lang verdeutlicht: „Die Ausgaben laufen voll weiter, die Einnahmen aber nicht.“Denn zusätzlich zu deutlich geringer sprudelnden Steuereinnahmen verzichtet Wangen im April auf die Kindergartengebühren, und auch die Parkgebühren dürften angesichts einer weitgehend menschenleeren Innenstadt längst in gewohntem Umfang sprudeln. Im selben Atemzug müsse die Stadt aber weiter für ihre Gebäude und den Fuhrpark zahlen, dazu die erkleckliche Kreisumlage – vor allem aber für ihr Personal. „Denn bei uns als Kommune gibt es keine Kurzarbeit“, so Lang.
Für Wangens Rathauschef ist das eine schwierige Situation, „das ist aber trotzdem kein Grund zum Klagen“, sagt er. Und: „Man sollte als Kommune nicht jammern, denn jeder ist betroffen.“Finanziell vor allem Unternehmen
durch Einnahmeausfälle und Arbeitnehmer durch Kurarbeit. Und sie alle könnten sich im Gegensatz zu einer Stadt eben nicht auf Steuereinnahmen verlassen – wenn auch einbrechende. Lang nennt Anträge auf Herabsetzung der Gewerbesteuer deshalb „berechtigt“. Allerdings erklärt er auch: „Wir müssen sehr wachsam sein.“Das hat bereits erste Folgen: Bereits vor zwei Wochen hat das Stadtoberhaupt eine Verfügung an alle Ämter erlassen, nach der die Haushaltsführung für das laufende Jahr auf unbestimmte Zeit „vorläufig“ist – und das, obwohl der Etat jüngst vom Regierungspräsidium genehmigt worden war. Zudem schließt er eine allgemeine Haushaltssperre nicht aus. Hinter dem sperrig klingenden formalen Akt der Verfügung steckt: Begonnenes wird zwar fortgesetzt, Neues darf die Stadt aber nicht mehr ohne Weiteres beginnen. Konkret lässt sich dies an drei Beispielen festmachen:
Die Arbeiten an der Realschule laufen wie geplant weiter. Laut OB Lang wären Projekte wie dieses als „Allerletztes“zu stoppen. Zum einen, weil Schulen und Kindergärten städtische Pflichtaufgaben sind, zum anderen, weil die Stadt an der Realschule zeitliche Fristen einhalten muss, um Bundeszuschüsse in Millionenhöhe nicht zurückzahlen zu müssen.
Auch die Erschließung für das Baugebiet zwischen Haid und Wittwais soll anlaufen. Hierzu hatte der
Oberbürgermeister Michael Lang
Rat in Sachen Auftragsvergabe zuletzt – und schon während der Corona-Krise – grünes Licht erteilt. OB Lang nennt dafür einen weiteren Grund: Die Bauherren warteten darauf, loslegen zu können, und die Stadt schneide sich bei Verzögerungen finanziell ins eigene Fleisch, da sie aus den Grundstücksverkäufen Einnahmen erzielt.
Fürs Erste auf Eis gelegt hat die Verwaltung hingegen den geplanten Umzug des Wohnmobilstellplatzes vom Vorderen Ebnet hin zu den Gehrenbergsportplätzen. Der Rathauschef sieht das Projekt derzeit nicht als vordringlich an. Außerdem ist es planungstechnisch noch nicht so weit fortgeschritten wie die Realschulsanierung und das Neubaugebiet.
Ob Schritte wie diese reichen, das drohende Haushaltsloch zu stopfen, ist indes fraglich. Dennoch beteiligt sich Michael Lang nicht an landläufigen kommunalen Forderungen von Bund und Land. Direkte Finanzhilfen von dort seien zwar hilfreich, allerdings sieht er die Städte und Gemeinden zusammen mit Bund und Land als „Solidargemeinschaft“gefordert. Deshalb hofft er auf staatliche Konjunkturprogramme, durch die einzelne Projekte stärker als bislang gefördert werden könnten.
Wie groß der Finanzmittelbedarf aufgrund der Coroana-Krise allein in Wangen sein dürfte, zeigt sich ebenfalls an einem weiteren Beispiel: Von der vor einigen Wochen geflossenen, ersten Soforthilfe des Landes erhielt Wangen laut OB rund 170 000 Euro. Geld, das ziemlich genau nur dafür ausreichte, um das durch im April nicht erhobene Kindergartengebühren entstandene Loch zu stopfen.
„Man sollte als Kommune nicht jammern, denn jeder ist betroffen.“