Lieder erklingen vom Parkplatz
Katja Fütting und Andrea Wolter geben Heimbewohner ein besonderes Konzert
WANGEN - Seit vielen Wochen sind Bewohner von Seniorenheimen praktisch von der Außenwelt abgenabelt, um sie davor zu schützen, was derzeit die ganze Welt aus den Fugen geraten lässt. Auch die Senioren des Wangener Ratzeberger-Stifts müssen derzeit „zu Hause“bleiben und dürfen keinen Besuch von Verwandten oder Freunden empfangen. Aber wie man den Menschen auch mit dem nötigen Sicherheitsabstand Freude machen kann, haben sich die Schulleiterin Katja Fütting und Flötenlehrerin Andrea Wolter vom Haus der Künste zur Aufgabe gemacht.
Mit Klavier und Querflöte spielten die beiden am vergangenen Mittwoch auf dem Areal und dem Parkplatz vor dem Seniorenheim fröhliche Weisen. Mit Frühlingsliedern passte sich die Stimmung dem blauen Himmel, den rosafarbenen Kirschblüten und der warmen Sonne gänzlich an. Auf allen Etagen standen die Menschen an den Balkonen und weit geöffneten Fenstern. Wer nicht selber laufen konnte, wurde mit dem Rollstuhl gebracht. Per Lautsprecher wurde die Musik von ganz unten bis nach ganz oben transportiert.
„Wenn ich ein Vöglein wär“, so flatterten die Klänge durch die warme Frühlingsluft und zauberten ein
Lächeln auf die Gesichter der Menschen. Manch einer sang inbrünstig mit, ob mit oder ohne den ausgeteilten Textheften. Diese habe man schon letzte Woche in das Heim bringen müssen, sagt Katja Fütting. Denn bevor man die gelben Büchlein den Senioren übergeben durfte, musste man sie zunächst ein paar Tage lagern, um einen eventuellen Virenkontakt vollständig auszuschließen. Dennoch seien die Verse der Lieder ganz tief in den Gedächtnissen der betagten Menschen verwurzelt und immer wieder abrufbar, sagt die Schulleiterin. Schon seit mehreren Jahren sei sie immer im Advent hier, um mit ihren Schülern hier im Heim zu musizieren.
Heimleiterin Tanja Stark ist sichtlich gerührt, als eine Bewohnerin mit einer langen Schnur eine Schachtel „Merci“an ihrer „Angel“an der Hauswand hinuntergleiten lässt. Diese Anerkennung gebührte den beiden Musikerinnen. Sie haben den Frühling an Corona „vorbei geschmuggelt“und die Herzen ihres Publikums dafür erobert. Am Ende übertönte der Applaus, der von allen Ebenen des Gebäudes gespendet wurde, sogar den Motorenlärm der angrenzenden Straße. Und irgendwann darf sicher der eine oder andere Bewohner des Heims wieder „wohlauf in Gottes schöne Welt“.