So erlebt ein 67-Jähriger seine Infektion
Lindauer Mediziner erzählt, wie er am Coronavirus erkrankte und wieder gesund wurde
LINDAU - Ein Mediziner aus dem Landkreis Lindau und seine Frau erkranken nach dem Skiurlaub am Corona-Virus. Sie sind über 60. Nach der Diagnose leiden sie für etwa eine Woche lang an ziemlich heftigen Symptomen. Doch mittlerweile haben die beiden die Krankheit überstanden, gelten als genesen – und sind einfach nur erleichtert.
„Es ist plötzlich aus dem Kopf“, sagt der 67-jährige. Die Angst vor dem Corona-Virus sei auch eine Angst vor dem Unsichtbaren, dem Nicht-Greifbaren. „Dieses Gefühl ist jetzt weg. Und ich kann mich plötzlich völlig frei bewegen.“Denn nach jetzigem Stand der Wissenschaft kann er sich nun nicht mehr anstecken und das Virus auch nicht an andere übertragen. „Wer es einmal hatte und überstanden hat, der ist eigentlich fein raus“, sagt er. Aus diesem Grund möchte er aber seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Er hat Angst, dass seine Praxis dann von Patienten überrannt wird. „Und ich sollte eigentlich längst in Rente sein.“
Alles begann am 1. März, als er mit seiner Frau für eine Woche zum Skifahren nach Trentino in Italien fuhr. „Das war zu diesem Zeitpunkt noch kein Risikogebiet“, sagt er. Allerdings sei ihm aufgefallen, dass der Reisebus nicht ganz voll war. „Manche hatten die Reise abgesagt.“Bei der Rückfahrt eine Woche später war das Corona-Virus dann schon Thema. „Wir mussten beim Einsteigen in den Bus die Hände desinfizieren.“Mit zwei Busfahrern habe das Reiseunternehmen sichergestellt, dass keine Pause gemacht werden müsse. „Ansonsten ging es problemlos nach Hause.“Am Samstag, 7. März, waren seine Frau und er wieder in Lindau. Am darauffolgenden Dienstag fing er wieder an zu arbeiten.
Seien Frau bekam an diesem Tag leichtes Fieber und leichten Husten. Als der 67-Jährige dann erfuhr, dass mittlerweile ganz Italien zum Risikogebiet erklärt worden war, brach er seine Arbeit ab und rief seinen Hausarzt an. Dieser riet ihm, sich testen zu lassen. Den kompletten Dienstagnachmittag habe er dann versucht, über die Hotline einen Termin für einen Abstrich zu bekommen. Am späten Abend sei er endlich durchgekommen. „Am Donnerstagabend um 22 Uhr bekam ich dann einen Anruf, dass jetzt jemand vorbeikommt, um einen Abstrich zu machen.“
Drei Tage später folgte der Anruf vom Lindauer Gesundheitsamt: Beide Testergebnisse sind positiv, ab sofort gilt für seine Frau und ihn strenge Quarantäne. Auch alle Angestellten und die wenigen Patienten, die der Infizierte behandelt hatte, mussten getestet werden – und waren zum Glück alle negativ. „Gott sei dank ist dieser Kelch an uns vorübergegangen“, sagt er.
Mit der Quarantäne begannen die schweren Symptome des Ehepaars. „Wir bekamen in der Woche Fieber über 39 Grad und so extreme Gliederschmerzen,
Laut Landratsamt werden getestet: Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere, die bis zu 14 Tagen vor Krankheitsbeginn Kontakt zu bestätigtem COVID-19-Fall hatten, Personen mit klinischen oder radiologischen Hinweisen auf eine virale Pneumonie, wenn ein Zusammenhang mit einer Häufung von Pneumonien in Pflegeeinrichtung oder einem Krankenhaus besteht, Personen mit klinischen
wie ich sie noch nie erlebt habe – wir waren völlig abgeschlagen“, erzählt der 67-Jährige. „Und das Essen hat geschmeckt wie Pappe.“Gehustet hätten sowohl er als auch seine Frau nur wenig, Schnupfen hatten sie auch nicht. „Es hat sich angefühlt wie eine sehr starke Grippe.“
Eine Woche lang kämpften die beiden zu Hause gegen das Virus. „Das war heftig. Wir waren richtig schlapp und waren eigentlich nur im Bett.“Wirklich Angst habe er aber nie gehabt. „Wir hatten ja nie Probleme beim Atmen“, sagt er. Über eine App auf dem Handy habe er außerdem regelmäßig die Sauerstoffsättigung im Blut gemessen. „Wenn die abgefallen wäre, wären wir ins Krankenhaus gegangen.“
Und dann war es plötzlich überstanden. „Die Quarantäne ging bis zum Dienstag, 24. März. Aber wir hatten schon seit dem Freitag vorher keine Symptome mehr“, erzählt er. Vonseiten des Lindauer Gesundheitsamts habe es dann geheißen, das Paar gelte damit als genesen. Denn es erfülle die vom Robert-Koch-Institut vorgegeben Kriterien: 14 Tage nach den ersten Symptomen seit 48 Stunden symptomfrei. oder radiologischen Hinweisen auf eine virale Pneumonie ohne Alternativdiagnose, auch wenn es keinen Kontakt zu bestätigtem COVID-19 Fall gab und Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere, auch wenn sie keinen Kontakt zu einem bestätigtem COVID-19 Fall hatten, dafür aber einer Tätigkeit in der Pflege, einer Arztpraxis oder einem Krankenhaus nachgehen oder zu einer Risikogruppe gehören. (sz) „Ich hätte mir zusätzlich einen zweiten Test gewünscht“, sagt der Mediziner. Vonseiten des Landratsamts habe es aber geheißen, dafür gebe es keine Kapazitäten.
„Die Begrenzung der Testkapazitäten ist in erster Linie auf die Zahl der verfügbaren Testkits und der Laborkapazitäten zurückzuführen“, schreibt Landratsamtssprecherin Sibylle Ehreiser auf Nachfrage der LZ. Wie viele Menschen das Gesundheitsamt am Tag testen kann, darüber gibt das Landratsamt auch nach mehrmaliger Nachfrage keine Auskunft. Nur so viel: „Die organisatorischen Kapazitäten im neuen Testzentrum wären hier höher, ohne dass sich hier aktuell eine feste Zahl nennen lässt.“
Der Mediziner ist deshalb getestet worden, weil er von Berufs wegen Kontakt mit Patienten hat. Denn seine Frau und er hatten zum Zeitpunkt des Tests noch keine spezifischen Corona-Symptome. „Eine allgemeine Verdachtstestung kann aus Kapazitätsgründen derzeit weiterhin nicht stattfinden“, schreibt Ehreiser.
„Es sind schlicht nicht genug Testkapazitäten da“, kritisiert der Mediziner. Wie bereits berichtet, sehen das auch andere Lindauer Ärzte so. So lange das Gesundheitsamt nur Patienten mit spezifischen Symptomen testen kann, sind auch die vom bayerischen Landesamt für Gesundheit veröffentlichten Zahlen nur die Spitze des Eisbergs der Corona-Infizierten in Lindau. Viele Fälle bleiben unentdeckt, viele verbreiten das Virus, ohne es zu bemerken.
Umso mehr stehe er hinter den Maßnahmen der bayerischen Regierung, um eine schnelle Ausbreitung des Virus zu verhindern, sagt der 67Jährige. Denn wäre es seiner Frau und ihm plötzlich schlechter gegangen – sie hätten ohne Probleme ein Bett im Krankenhaus bekommen.