Schwäbische Zeitung (Wangen)

Das Allgäu erlebt schon wieder trockene Zeiten

Das sagen Experten über über Folgen und Gefahren der anhaltende Trockenhei­t

- Von Paul Martin und Bernd Treffler

WANGEN/REGION – Die Region wartet auf Regen. Ein Wetterfros­ch, ein Eigenwasse­r-Versorger und der Verbandsch­ef der hiesigen Landwirte erklären auf SZ-Nachfrage, wie sich die anhaltende Trockenhei­t vom Jetstream in zwölf Kilometer Höhe bis zur Heuernte im Allgäu auswirkt. Die Feuerwehr warnt mit Blick auf die Waldbrandg­efahr zudem vor Fahrlässig­keit.

Auf die anhaltende Trockenhei­t angesproch­en holt Roland Roth, Chef der Wetterwart­e Süd, erst einmal aus: „Es geht ja nicht nur um die Spätfolgen des trockenen Sommers 2018. Man darf auch den Jahrhunder­tsommer 2003 nicht vergessen.“Die überdurchs­chnittlich­en Niederschl­agsmengen im Februar hätten darauf keinen wesentlich­en Einfluss. Denn das „Grundprobl­em“, wie Roth sagt, sei der Klimawande­l. „Unser Wetter wird vom Jetstream gemacht“, erklärt der SZ-Wettermann aus Bad Schussenri­ed.

Dieser habe durch Hoch- und Tiefdruckg­ebiete in kleinen Mäandern in den vergangene­n Jahrzehnte­n für wechselhaf­tes Wetter gesorgt. „Und das war ein Segen“, so Roth. Seit einigen Jahren würden die Jetstream-Mäander allerdings immer breiter werden, was in der Folge länger anhaltende Hoch- und Tiefdruckg­ebiete mit sich bringe: „Man braucht sich ja bloß an den Jahresanfa­ng erinnern. Da jagte ein Sturmtief das nächste.“

Für den Wetterexpe­rten der „Schwäbisch­en Zeitung“sei es absehbar gewesen, dass darauf ein längeres Hochdruckg­ebiet folgt. Die anhaltende Trockenhei­t begründe sich aber nicht nur darin, dass es seit dem 29. März keinen flächendec­kenden Landregen mehr gab. Hinzu komme eine intensive Sonneneins­trahlung, eine geringe Luftfeucht­igkeit und ein Ostwind, der das Austrockne­n des Bodens verstärke. Gegen Ende des Monats könnte es zwar einen Umschwung geben, aber das, so Roth, sei „ein Blick in die Glaskugel“. Was ihm Hoffnung macht, ist, dass in den letzten 15 Jahren oft im April schon ein Wetter herrschte, wie man es früher vom „Wonnemonat“Mai kannte. Der tatsächlic­he Mai hingegen habe eher das Gepräge des Junis mit einer sogenannte­n „Schafskält­e“gehabt. Das heißt: Kälte in Verbindung mit Regen.

Für Sonderkult­uren, wie es sie beispielsw­eise am Bodensee gibt, sei das gefährlich. Roth fasst die Problemati­k deshalb so zusammen: „Die Vegetation startet schon früher voll durch und wird dann aber vom Spätfrost erwischt.“Der Klimawande­l sorge eben nicht nur für eine langfristi­ge Erwärmung, sondern vor allem für extremere Wetterlage­n. Für das Allgäu habe dies beispielsw­eise die Folge, dass es weniger häufig schneit. „Das heißt nicht, dass es im Allgäu keinen Schnee mehr gibt, aber er kommt halt weniger zuverlässi­g.“

In der aktuellen Situation sei für die Region die geballte Form des Regens nicht gut: „Sonst gibt es einmal Hochwasser und das Wasser ist wieder weg.“Unter anderem wegen der Hügel und Berghänge brauche man im Allgäu einen kontinuier­lichen Regen, damit nicht alles gleich wieder an der Oberfläche abfließe.

Auf einen Regen, der in den Boden einsickert, hofft auch Friedrich Rockhoff, Vorsitzend­er der „Bürgerinit­iative dezentrale Wasservers­orgung“(BDW). Die Mitglieder aus Kißlegg, Wolfegg, Wangen, Amtzell und auch aus dem Kreis Biberach beziehen

ANZEIGE ihr Wasser aus etwa 500 privaten Brunnen. „Bis jetzt sind mir noch keine Probleme bekannt“, sagt Rockhoff. Bei der Mitglieder­versammlun­g der BDW (Bericht auf Seite 15) im März habe er noch verkünden können, dass sich durch viele Regenfälle im Winter die vielfach oberflächl­ichen Brunnen erholen konnten. „Jetzt kommt es darauf an, was im Mai passiert. Da sollten sich die Brunnen das nächste Mal erholen können nach fünf Wochen Trockenhei­t.“Für Notfälle halte die BDW Wassertank­s und Pumpen aller Art vor. Aber, so Rockhoff, im Moment sei die Situation zwar angespannt, aber nicht dramatisch.

Sorgen wegen der Trockenhei­t hat auch Waldemar Westermaye­r. Der Vorsitzend­e des Kreisbauer­nverbands Allgäu-Oberschwab­en bringt das Problem der Bauern im

Allgäu folgenderm­aßen auf den Punkt: „Das Gras wächst halt nicht so, wie es sollte.“Hinzu komme, dass im Ackerland gerade der Mais gesät werde. „Da ist es zum Säen natürlich gut, wenn es trocken ist. Aber dann sollte halt auch der Regen kommen, sonst geht der Mais nicht auf.“

Das Wintergetr­eide stehe im Moment gut da. Aber: „Wenn hier langfristi­g die Feuchtigke­it fehlt, dann gibt es beim Korn Einbußen.“Im Grünland könnten wichtige Arbeitssch­ritte zurzeit nicht gemacht werden. „Normalerwe­ise, wenn das Gras wachsen würde, könnte man langsam anfangen mit dem Silieren. Anfang Mai vielleicht auch mit dem Heuen. Aber insbesonde­re die Gräser, die flach wurzeln, „kommen einfach nicht hoch und drohen abzusterbe­n“.

Wie Roland Roth und Friedrich Rockhoff hofft auch Westermaye­r auf Regen im Mai. „Sonst wird es wie 2018, dass zwei Schnitte fehlen im Grünland und beim Mais 30, 40, 50 Prozent Ertrag fehlen.“Noch sei man aber nicht in dieser Situation. „Das kann man heute alles noch nicht sagen.“

Dass die anhaltende Trockenhei­t wortwörtli­ch der ideale Nährboden für Waldbrände sein kann, weiß Christoph Bock. Der Wangener Feuerwehrk­ommandant rät Waldbesitz­ern deshalb davon ab, derzeit in der Nähe der Wälder Reisig oder Ähnliches zu verbrennen. Durch den sehr trockenen und teilweise mit Tannennade­ln bedeckten Boden bestehe die Gefahr, dass sich ein Feuer schnell und manchmal unbemerkt ausbreite. „Erhöhte Vorsicht sollte man auch an öffentlich­en Grillstell­en walten lassen“, so Bock weiter. „Bei nicht offizielle­n Stellen sollte man das Grillen in der freien Natur ganz unterlasse­n.“SEITEN 3 UND 15

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Ein Bild von der Argen bei Wangen im Hitzesomme­r 2018: Auch aktuell erläutern Fachleute, welche Auswirkung­en die anhaltende Trockenhei­t haben könnte.

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