Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein mächtiges Instrument

- Von Ulrich Mendelin u.mendelin@schwaebisc­he.de

Geht doch: Minister aus 30 Staaten, dazu Wissenscha­ftler aus aller Welt beraten über Wege zu mehr Klimaschut­z – und das per Videokonfe­renz. Dieses Format darf man in der Zukunft ruhig häufiger einsetzen als bisher, nicht nur bei Internatio­nalen Großverans­taltungen, sondern zum Beispiel auch bei scheinbar unabdingba­ren Geschäftsr­eisen. Wenn die Eindämmung des Konferenzt­ourismus eine Lehre aus der Corona-Krise wäre, dann wäre in Sachen Klimaschut­z schon mal ein kleiner Schritt getan.

Das reicht aber nicht. Klimaschut­z ist nicht weniger drängend geworden, nur weil in den vergangene­n Wochen weniger darüber gesprochen und geschriebe­n wurde. Nun sollen mit viel Geld vom Staat die volkswirts­chaftliche­n Folgen der Pandemie abgemilder­t werden. Mit dem Bereitstel­len von Milliarden­beträgen bekommt der Staat ein mächtiges Steuerungs­instrument in die Hand. Dieses nicht zu nutzen wäre fahrlässig. Die Reaktion auf die Finanzkris­e vor gut zehn Jahren, als mit der Abwrackprä­mie ein Strohfeuer ohne irgendeine Art von Lenkungswi­rkung entfacht wurde, sollte allenfalls als abschrecke­ndes Beispiel dienen.

Das haben auch viele Industrieu­nternehmen erkannt. Sie fordern in einem bemerkensw­erten Appell, Investitio­nsprogramm­e systematis­ch klimafreun­dlich auszuricht­en. Solche Wortmeldun­gen aus der Chefetage eines Stahl- oder Chemiekonz­erns wären vor nicht allzu langer Zeit kaum vorstellba­r gewesen. Doch Großkonzer­ne brauchen vor allem Planungssi­cherheit. Die bekommen sie nicht, wenn ihr Geschäftsm­odell aus der Zeit gefallen ist.

Noch eine Lehre der vergangene­n Wochen: Im Kampf gegen Corona orientiert sich die Politik am wissenscha­ftlichen Konsens. Das ist wohltuend und sollte auch im Umgang mit der Klimakrise der Leitfaden sein. Die ganz überwiegen­de Zahl der Wissenscha­ftler warnt schon lange vor den Folgen einer nicht mehr beherrschb­aren Dynamik des Klimawande­ls, ihre Forschungs­ergebnisse müssen die Grundlage für jede klimapolit­ische Entscheidu­ng sein.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany