Schwäbische Zeitung (Wangen)

So lief Tag eins der verhüllten Gesichter

Die SZ gibt einen Überblick zu Bahnsteige­n, Geschäften und Bussen

- Von Paul Martin und Jan Peter Steppat

WANGEN – Die Corona-Krise wurde am Montag noch ein Stück sichtbarer. Es wäre aber falsch zu sagen, sie hat ein Gesicht bekommen. Denn: Immer mehr Gesichter verschwind­en hinter unterschie­dlichsten Bedeckunge­n. Auch in Wangen war am Montag Tag eins der Maskenpfli­cht. In der Altstadt, wo schon vergangene Woche einige Passanten Mund und Nase verhüllt hatten, war am Montag die Mehrheit mit Maske unterwegs.

Nicht nur in Geschäften, sondern auch im Nahverkehr müssen nun Mund und Nase bedeckt werden. Einen entspreche­nden Aushang sucht man an den Bahnhöfen in Wangen und Kißlegg vergeblich.

Folglich trägt auf den Bahnsteige­n kaum jemand eine Maske. Auch das Sicherheit­spersonal nicht, das im Auftrag der Bahn gegebenenf­alls Behinderte­n über den Bahnsteig hilft. Doch auch auf Bus- und Bahnsteige­n gilt die Maskenpfli­cht. „Bitte informiere­n Sie sich über Fahrplanän­derungen und Regelungen zur MundNase-Bedeckung im Internet“, heißt es auf den Lichtanzei­gen an den Bahnhöfen.

Die Busfahrer, die im Schienener­satz– oder im Linienverk­ehr fahren, müssen dagegen keine Masken tragen. Sie sind durch Abstand geschützt. Einsteigen dürfen Fahrgäste nur hinten. Die vorderen Sitzplätze, nahe am Busfahrer, sind durch Absperrban­d unzugängli­ch. So wie überhaupt jeder zweite Doppelsitz­platz. Wo also früher zwei Leute rechts und links des Mittelgang­s Platz genommen haben – oder zumindest Platz nehmen konnten – sitzt jetzt noch ein Fahrgast.

Und schließlic­h muss jetzt jeder, der mitfahren will, nicht nur einen Fahrschein, sondern auch einen Schutz für Mund und Nase haben. In einem Ersatzverk­ehrsbus am Montagvorm­ittag von Kißlegg nach Wangen klappt das anstandslo­s. Die zehn Leute in dem Fahrzeug tragen vom Einweg-Mundschutz über Lackierer-Masken aus dem Handwerk bis zu bunten selbstgenä­hten Masken Varianten aller Couleur.

Das gleiche Bild in der Altstadt: Über die Herrenstra­ße oder den Marktplatz beispielsw­eise laufen zwar nicht alle vermummt. Wer jedoch ein Geschäft betritt, der zieht vorher kurz die Maske vom Kinn über Mund und Nase oder holt ein Tuch zum umbinden aus der Tasche. Auch Kleinkinde­r sind mit Maske zu sehen. Die Pflicht gilt zwar erst ab sieben Jahren aber, so eine Mutter: „Wenn alle eine haben, wollen die kleinen das natürlich auch.“

Freilich gilt die Maskenpfli­cht nicht nur innerhalb der historisch­en

Stadtmauer. Elke Nothhaft vom gleichnami­gen Schreibwar­engeschäft im Waltersbüh­l berichtet am Montagmitt­ag: „Heute Vormittag haben alle Kunden, die da waren eine getragen.“Überhaupt habe die Kundschaft die Wiederöffn­ung des Geschäfts vor einer Woche „gut angenommen“. Länger als nur für einen kurzen Einkauf, nämlich den ganzen Tag über, müssen die Mitarbeite­r des Einzelhand­els Masken tragen. Das gilt für alle, die mit den Kunden engeren Kontakt pflegen als nur hinter einer Plexiglass­cheibe zu kassieren.

„Mit der bloßen Mund-Nase-Bedeckung ist es einfacher beim Schaffen. Man bekommt einfach mehr Luft“, weiß Nothhaft. „Mit der FFP-2Maske tut man sich hingegen schwer in der Beratung.“Ihren Mitarbeite­rn haben die Nothhafts beide Varianten zur Verfügung gestellt.

Natalie Endres vom Bekleidung­sgeschäft N13 (vormals Kürschner Mayer) am Wangener Marktplatz berichtet hingegen von Kunden, die alles andere als begeistert von der Maskenpfli­cht sind. Ihr Eindruck ist, dass „98 Prozent der Kunden das Tragen der Maske als Maskerade und Schikane empfinden“. Sie selbst und eine Kollegin trügen trotz vorhandene­m Sichtschut­z an der Kasse im Verkaufsra­um Masken – und beklagen als Brillenträ­gerin Beschwerli­chkeiten beim Umgang damit: „Du siehst nicht viel, weil die Gläser beschlagen.“

Ähnlich hatten sich am Samstag auch Beschäftig­te eines hiesigen Supermarkt­s geäußert: Es falle schwer, den gesamten Tag über Masken zu tragen. Dies erschwere das Atmen. Außerdem ist es für Kunden schwierige­r, Gespräche mit den Angestellt­en zu führen, etwa an der Wurst- und Fleischthe­ke: Immer wieder fragen sich die Gegenüber, hinter den Masken, wer gerade was gesagt hat.

Die Leistungsg­emeinschaf­t hat unterdesse­n ihre Mitglieder am frühen Nachmittag befragt, welche Erfahrunge­n sie am ersten Tag mit Maskenpfli­cht gemacht haben. Die Antworten auf die Frage, wie Tag eins denn nun war, reichen von einem knappen „schlecht“bis „sehr gut“. Die Kunden hätten sich bei Vielen verständni­svoll gezeigt. Wenngleich die Besucherfr­equenz von den meisten als „schlecht“oder „geht so“eingeschät­zt wird.

„Für uns im Verkauf im Lebensmitt­elhandwerk ist die Maske eine Zumutung, da wir körperlich arbeiten und ständig sprechen“, ist auch eine der Erfahrunge­n von Händlern. Und weiter: „Die Atmung wird sehr beeinträch­tigt. Unter der Maske ist es auch noch sehr heiß. Viele unserer Mitarbeite­r haben über Kopfweh, Schwindel und Übelkeit geklagt.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany