„Man kann mehr bewegen als man denkt“
Neuer Deuchelrieder Ortsvorsteher Markus Leonhardt zieht nach einem Dreivierteljahr Bilanz
DEUCHELRIED - Ein Dreivierteljahr ist es her, dass in Deuchelried und in Niederwangen zwei neue Ortsvorsteher an die Spitze gekommen sind. Wie sieht es in den Dörfern nach neun Monaten aus? Was hat sich getan und verändert und inwiefern hat Corona die Lage verändert? Im ersten Teil stellen wir Markus Leonhardt vor und mit ihm die Ortschaft Deuchelried. Sie war übrigens die erste der Wangener Ortschaften, die mit „Deuchelrieder helfen Deuchelriedern“einen ehrenamtlichen Nachbarschafts-Hilfsdienst eingerichtet hat.
„Helfer haben wir weit über 20 – und inzwischen auch ein paar Hilfesuchende gefunden, die die Dienste annehmen“, blickt Markus Leonhardt auf die jüngste Vergangenheit. Sehr schnell hat die Ortschaft Deuchelried auf Initiative von Ortschaftsrätin Karin Kohler einen Zusammenschluss von bürgerlicher und kirchlicher Gemeinde und dem Seniorenkreis auf die Beine gestellt und ist aktiv geworden. Dass bislang noch nicht einmal eine Handvoll die Hilfe annimmt, sieht Leonhardt unterschiedlich: „Wir denken, viele trauen sich nicht. Auf der anderen Seite haben auch viele die Familie und die Nachbarn, die sich um den Einkauf kümmern.“
Corona hat aber auch sonst vieles in Deuchelried unterbrochen, was gerade am Entstehen gewesen ist. „Insgesamt war das erste halbe Jahr nach meiner Einsetzung als Ortsvorsteher Mitte Juli eine sehr interessante und spannende Zeit, in der wir kaum zum Durchschnaufen gekommen sind“, erzählt Leonhardt. Gemeinsam mit dem neuen Gremium galt es zu überlegen, was alles getan, gemacht und verändert werden soll. Der neue Ortschaftsrat ging auch in Klausur. Ein Thema: die fehlenden Einkaufsmöglichkeiten, die vor allem den älteren Deuchelriedern fehlen. Die Erschließung am Durrenberger Wald läuft zwar bereits, aber auch sonst haben sich die Ortschaftsräte Gedanken in Sachen Wohnbau (Leonhardt: „Nicht nur im Neubau“) gemacht.
„Wir möchten den Menschen ja auch in fünf oder zehn Jahren noch Gutes tun. Es darf keinen Stillstand geben“, sagt Leonhardt. Infolgedessen haben sich aus dem Ortschaftsrat heraus zwei Arbeitskreise gebildet. Zum einen die Arbeitsgemeinschaft Leben, die sich mit Einkauf und Mobilität beschäftigt, zum anderen die AG Wohnen. Wohnraum zu schaffen, Familien ins Dorf zu bringen, bezeichnet Leonhardt als „enorm wichtig“. Schließlich gehe es auch um den gesicherten Fortbestand von Kindergarten und Schule – und der Vereine.
Daneben lief für Markus Leonhardt und seine Räte auch das für die Öffentlichkeit nicht ganz so spektakuläre „Alltagsgeschäft“: „Es gibt vieles, was man nicht so auf dem Schirm hat.“Seien es einzelne Baustellen, Hochwasser-Schächte oder Löschwasser-Zisternen. Leonhardt: „Aber auch zum Thema Grünmüllentsorgung auf dem Friedhof bin ich angesprochen worden.“Gedanken gemacht hat man sich in Deuchelried aber auch über das neue Feuerwehrfahrzeug, das in zwei Jahren kommen soll: „Da ist auch die Frage, ob wir das Nachfolgemodell dann überhaupt noch in die Garage bringen.“
Zwischen Beruf und ehrenamtlicher Ortsvorsitzender-Tätigkeit hat sich der 53-Jährige arrangiert. Bei seinem Hautarbeitgeber, der Walcker NG in Isny, arbeitet er auf 80Prozent-Basis als Verantwortlicher für Fertigungssteuerung und Disposition: „Immer am Mittwochvormittag und einen weiteren halben Tag in der Woche bin ich im Rathaus.“Auch abends trifft man Leonhardt häufiger in der Ortsverwaltung.
Das Verwaltungsrecht war für ihn „anfangs sehr ungewohnt“: „Ich habe erst lernen müssen, dass Prozesse und ihre Abläufe vorgegeben sind, nur Schritt für Schritt voranschreiten und daher alles etwas länger dauert.“Bei der Stadtverwaltung sei man aber sehr zuvorkommend und hilfsbereit gewesen, sodass die Einarbeitungsphase leicht fiel und sich eine gewisse Routine einstellte: „Bis uns jetzt das Virus einholte.“
Die Treffen der beiden Arbeitskreise sind nun erst einmal auf Eis gelegt. „Das ist das, was mir gerade am meisten wehtut. Die Arbeitskreise hatten zuvor so richtig an Fahrt aufgenommen“, sagt Leonhardt. Die geplante Lärmschutzwand im neuen Baugebiet Durrenberger Wald benötigt noch abschließende Beschlüsse. Ortschaftsratssitzungen werden digital abgehalten: „Aber das ist halt nicht dasselbe. Mir fehlt der persönliche Austausch.“
Dennoch: Sein neuer Job in der Amtsstube macht dem dreifachen Familienvater „so richtig Spaß“. Er lobt auch die „tolle Gemeinschaft“und die Verwaltung, die jegliche Unterstützung gewähre: „Was mir am meisten gefällt ist, dass man, natürlich im Kleinen, mehr bewegen kann als man denkt. Aber auch das Kleine ist wichtig.“Vielleicht in diesen Tagen mehr denn je.
Über Niederwangens Ortsvorsteher Roland Hasel berichten wir in einer der nächsten Ausgaben.