Region erwartet Sommer-Touristenboom
So bereiten sich Oberschwaben und das Allgäu auf die besondere Corona-Saison vor
WANGEN - Die Corona-Pandemie beeinflusst nicht nur den Alltag, sondern auch die Urlaubsplanung vieler. Wie ein Sommerurlaub in diesem Jahr aussehen wird, weiß aktuell niemand. Auch ist nicht klar, ob Urlaubsreisen ins Ausland überhaupt möglich sein werden. Für viele wird deshalb ein Urlaub im eigenen Land immer wahrscheinlicher. Das hat auch Auswirkungen auf Oberschwaben und das Allgäu.
„Wir erwarten in diesem Jahr einen absoluten Boom in den Tourismusregionen an der Nord- und Ostsee, am Bodensee und im Allgäu“, sagt Belinda Unger, Geschäftsführerin des Zweckverbands Tourismus Württembergisches Allgäu und Leiterin des Gästeamts in Wangen. Sie rechnet damit, dass viele in diesem Jahr von Fernreisen absehen werden, auch wenn sie erlaubt sein sollten. „Viele, die in den Urlaub fahren möchten, werden dieses Jahr in Deutschland bleiben, weil sie sich sicherer fühlen“, sagt Unger.
Bei den Übernachtungstouristen erwartet sie deshalb einen absoluten Boom für das Württembergische Allgäu. Denn die Region verkörpere genau das, was viele in dieser unsicheren Zeit suchen. „Das Allgäu ist für Ruhe und Natur bekannt und ist damit gerade ein absoluter Sehnsuchtsort“, so Unger.
Diese Saison wird sich stark von anderen unterscheiden, da ist sich Belinda Unger sicher. „Große Veranstaltungen, wie Kinder und Stadtfeste, fallen in diesem Jahr weg. Wir sind deshalb dabei, alternative Unternehmungsvorschläge aufzulisten“, sagt sie. Gemeint sind zum Beispiel Wandertipps, Radtouren oder andere Erlebnisse in der Natur. Unger rechnet außerdem damit, dass der Reisemobiltourismus in diesem Jahr stark ansteigen wird. „Da haben die Leute ihr eigenes zu Hause dabei, was sicher auch Sicherheit gibt“, sagt sie. (siehe auch Kasten)
Generell sei das Allgäu auch in den vergangenen Jahren ein beliebtes Reiseziel gewesen. „Wir waren in der Hochsaison immer ausgebucht“, berichtet Unger. Das könne auch in diesem Jahr nicht mehr werden. „Wir haben einfach nicht mehr Kapazität“, sagt Unger.
Wie die Entwicklung bei den Tagestouristen in diesem Jahr sein wird, sei schwieriger abzusehen. In einem normalen Jahr kämen alleine nach Wangen rund eine halbe Million Tagestouristen. „In der Stadt wollen die Touristen das besondere Flair erleben. Restaurants, Cafés und Geschäfte haben da einen großen Anteil daran“, sagt Unger. Wie viele
Tagestouristen es trotz der strengen Corona-Richtlinien in diesem Jahr nach Wangen zieht, könne man auch aufgrund der dynamischen Entwicklung aber derzeit nicht absehen.
Durch den Ferienpark Allgäu von Center Parcs bei Leutkirch erlebte die Region im vergangenen Jahr einen regelrechten Touristenansturm. Wie es dort in diesem Jahr weitergeht, ist fraglich. Der Park ist seit mehreren Wochen für Gäste geschlossen.
Auch für den Tourismus in Oberschwaben könnte der Urlaub im eigenen Land eine große Chance
Sobald die Corona-Verordnung es ermöglicht, will auch die Stadt Wangen den Wohnmobilstellplatz wieder öffnen. Allerdings werden mit Rücksicht auf die Anwohner die An- und Abfahrzeiten auf den Zeitraum von 6 bis 22 Uhr beschränkt. Zusätzlich sollen die Besucherzahlen entzerrt werden, indem Wohnmobilisten eine Nacht kostenfrei auf dem P 14 parken können, wie die Stadt weiter mitteilt.
Diese Maßnahmen seien unmittelbare Folgen aus den Einbußen, die sich durch die Schließungen wegen sein. Allerdings müssen nach Ansicht der Geschäftsführerin der Oberschwaben Tourismus (OTG), Daniela Leipelt, dafür auch die Bedingungen stimmen.
Mega-Cities mit urbanen Zentren und touristisches Hotspots – mit diesen Argumenten kann die Region nicht gerade punkten. „Was lange Zeit – vielleicht auch von einigen Gästen – als nachteilig ausgelegt wurde, kann für uns jetzt zum großen Vorteil werden“, erläutert Leipelt. Denn wegen Corona sei „Social Distancing“das Wort der Stunde. Urlauber könnten daher
Corona ergeben. Denn ursprünglich sei geplant gewesen, den Wohnmobilplatz in diesem Jahr auf den Parkplatz P18 „Rote Erde“zu verlagern. Wegen zu erwartender Einschnitte bei den Gewerbesteuereinnahmen und der deshalb bestehenden Haushaltssperre könne die Stadt derzeit aber nur laufende Baumaßnahmen abschließen und keine neuen beginnen. Deshalb müsse auch die geplante Verlegung aktuell „auf Eis gelegt“werden. Dass der Wangener Wohnmobilstellplatz bei den Gästen beliebt ganz bewusst Gebiete meiden, die vor der Krise schon mit zu vielen Gästen zu kämpfen hatten: „Instagram hat sein Übriges getan, dass manche Orte einfach überrannt wurden.“Destinationen der zweiten Reihe könnten nun vielleicht an Reiz gewinnen.
Sanfte Hügel, kleine Seen, teilweise wilde Moorlandschaften und Naturschutzgebiete sowie beschauliche Dörfer und Kleinstädte ermöglichten auf vielfache Weise zu Fuß oder mit dem Rad draußen in der Natur zu sein, wirbt die Geschäftsführerin. Es gebe eine ganze Reihe und das Allgäu als Destination auch gerade jetzt wieder gefragt ist, lässt sich laut Gästeamt an den zahlreichen Anrufen im Gästeamt ablesen. Diejenigen Gäste, die mit dem Reisemobil anreisen, sind für die Stadt immer sehr wertvoll, denn sie bilden einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor, wie Gästeamtsleiterin Belinda Unger mitteilt. Gerade jetzt, wo Gastronomie und Einzelhandel besonders gebeutelt seien, könnten diese Gäste zusätzliche Kaufkraft in die Stadt bringen. (sz) an Ausflugszielen, die für eine Vermarktung infrage kämen. Für die Region Oberschwaben und das Württembergische Allgäu wurden im vergangenen Jahr knapp 4,4 Millionen Übernachtungen gezählt.
Sollten diesmal wieder annähernd so viele Touristen in die Region strömen, hätte die Tourismusbranche die Chance, fehlende Umsätze weitestgehend wieder rein zu holen. Unklar ist bislang auch, inwiefern wieder Österreicher, Schweizer oder Holländer hierzulande Urlaub machen dürfen. Für die Region seien das wichtige Auslandsmärkte, erläutert Leipelt.
„Für mich ist klar: Auch bei einer stufenweisen Lockerung der derzeit noch geltenden Einschränkungen wird sich durch die Corona-Pandemie der Tourismus und das Reiseverhalten merklich ändern“, erläutert Leipelt.
Die touristische Nachfrage werde sich peu à peu erholen: „Aber sicher werden die nahen Urlaubsziele zunächst gewinnen und erst schrittweise wird man auch ferne Reiseziele wieder in Betracht ziehen.“
Die OTG werde „alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen“, um den Tourismus in der Region wieder zum Anlaufen zu bringen – und damit vom Trend „Urlaub im Inland“zu profitieren.