Schwäbische Zeitung (Wangen)

In der Weststadt wird kräftig modernisie­rt

Ravensburg will an Fördermitt­el kommen, um alte Häuser im Quartier zu sanieren

- Von Ruth Auchter-Stellmann

RAVENSBURG - In der Ravensburg­er Weststadt steht ein Generation­enwechsel an: Viele Menschen, die hier vor rund 60 Jahren gebaut haben oder hergezogen sind, wollen oder können mutmaßlich irgendwann nicht mehr in ihren Häusern bleiben – und brauchen seniorenge­rechte Wohnungen. Weil Größe, Grundrisse und energetisc­her Standard der meisten Häuser zwischen Meersburge­r, Hochgerich­t-, Höllwald- und Henri-Dunant-Straße aber weder den heutigen Platzbedür­fnissen noch den energetisc­hen Standards entspreche­n, will die Stadtverwa­ltung diesen Teil der Weststadt „aufwerten und für die nächste Generation attraktiv machen“, stellt Baubürgerm­eister Dirk Bastin in Aussicht. Man sei dabei, einen Investor an Land zu ziehen, der 50 barrierefr­eie Wohnungen mit angedockte­m Betreuungs­angebot bauen will.

Aus zahlreiche­n Gesprächen wisse man, dass viele ältere Bürger grundsätzl­ich bereit sind, aus ihren Häusern auszuziehe­n – wenn sie denn in der Weststadt, ihrem angestammt­en Wohnquarti­er, bleiben können. Das Problem: Junge Familien wollen heute in der Regel mehr Wohnfläche als die 80 bis 90 Quadratmet­er, mit denen viele Häuser der „alten“Weststadt aufwarten. Und sie möchten statt eines kleinen fensterlos­en Badezimmer­s lieber eine großzügige, lichtdurch­flutete Wohlfühloa­se und mindestens zwei Kinderzimm­er. Darum will die Stadtverwa­ltung nicht nur das Baurecht anpacken. Sie setzt auch alles dran, dass das rund 55 Hektar große Gebiet rund um Mittelösch­platz und Mittelösch­straße 2021 in ein Landessani­erungsprog­ramm aufgenomme­n wird. Dann nämlich könnten private Bauherren von Fördergeld­ern und Steuerabsc­hreibungen profitiere­n.

Unter dem Titel „Die grüne Weststadt“soll in dem Areal in den kommenden Jahren dann einiges passieren: Abgesehen von der Sanierung und gegebenenf­alls Aufstockun­g der Einfamilie­n-, Doppel- und Reihenhäus­er will man laut Bastin auch auf die Eigentümer der Mehrfamili­enhäuser zugehen. Sie sollen ihre Immobilien ebenfalls fit für die Zukunft machen, indem sie Fenster, Dächer und Fassaden modernisie­ren, Balkone anbauen und, sofern eine Wohnung frei wird, die Grundrisse ändern.

Auch Photovolta­ik auf den Dächern oder die Anbindung an das Nahwärmene­tz schweben Bastin vor – schließlic­h hätten viele der aus den 60er-Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts stammenden Gebäude durch Öl- und Gasheizung­en einen enormen Energiever­brauch. Umweltscho­nender wäre die Nahwärme. Die erhofften Fördermitt­el sollen dafür sorgen, dass bei all dem künftig die Mieten in der Weststadt nicht explodiere­n.

Der Baubürgerm­eister sieht außerdem auch Platz für Nachverdic­htung in dem Viertel: Zum einen dürfen bestimmte Bereiche unter den Stromleitu­ngen momentan nicht genutzt werden. Zum anderen stehen viele, teilweise marode Garagenzei­len leer – weil die heutigen Autos dort schlicht nicht mehr reinpassen. Die Lösung könnte darin liegen, sowohl Stromleitu­ngen als auch Parkplätze unter die Erde zu verlegen und damit oberirdisc­h Platz für Neubauten zu gewinnen. Bau(platz)potenzial birgt auch die im Zuge der B 30 neu zur Landesstra­ße herabgestu­fte Meersburge­r Straße: Da man im Bereich des Jugendtref­fs gewisse Anbindunge­n und Brücken gar nicht mehr brauche, könne man dieses Gebiet „neu denken – dann werden da richtig viele Flächen frei“, so Bastin.

Ansiedeln könnten sich in der Ravensburg­er Weststadt dann beispielsw­eise mehr Dienstleis­ter. Denn nicht erst seit der Corona-Krise wird deutlich: Immer mehr Menschen müssen oder wollen im Homeoffice arbeiten. Dies solle künftig auch mehr in diesem Quartier möglich sein, gibt Bastin die Devise aus. Er ist zudem überzeugt, dass auch für Radler noch mehr drin ist als der Radweg entlang der Meersburge­r Straße. Hier könnte sich der Kreis schließen: Sofern mehr von den Autos, die jetzt wegen zu kleiner Garagen am Straßenran­d parken, in Tiefgarage­n wandern, würde Platz für neue Radstreife­n frei. Auch wer zu Fuß unterwegs ist, soll sich künftig wohler fühlen in seinem Viertel:

„Dann werden da richtig viele Flächen frei.“

Weil der Mittelösch­platz im Prinzip wegen der Parkplätze und der breiten Mittelösch­straße nicht wirklich als Platz erlebbar sei, wie Bastin findet, kann er sich vorstellen, ihn auch durch Neubauten „besser zu fassen“, sodass er sich am Ende als Treffpunkt etabliert, wo die Leute „gern im öffentlich­en Raum verweilen“. Theoretisc­h sei es sogar denkbar, dass die Autos um den Platz herum geleitet werden. Außerdem will die Stadtverwa­ltung für mehr Grün sorgen. Dafür hat sie die teilweise noch landwirtsc­haftlich genutzte Fläche zwischen Meersburge­r Straße und Rahlenwald im Visier. Bastin spricht schon lange darüber und will „die nächsten zehn, zwölf Jahre“irgendwann dahin kommen, dieses rund 15 Hektar große Areal in ein naturnahes Naherholun­gsgebiet – mithin einem Landschaft­spark – zu verwandeln. Und zwar inklusive der dortigen Streuobstb­äume. Bänke, Mülleimer, Spielplätz­e und ein Streuobstp­fad für Kinder sollen den Rahlenpark weiter aufpeppen.

Noch gehört allerdings nicht das gesamte Grundstück der Stadt. Um all diese Pläne im Detail auszuarbei­ten, hat der Ausschuss für Umwelt und Technik nun einen Architekte­n beauftragt. Kosten: 100 000 Euro. Erste Ergebnisse sollen Ende 2020 vorliegen.

Baubürgerm­eister Dirk Bastin

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FOTO: RUTH AUCHTER-STELLMANN Viele Garagenzei­len stehen in der „alten“Weststadt etwas verloren und ungenutzt herum. Die meisten der heute größeren Autos passen gar nicht mehr hinein. Die Garagenzei­len könnten abgerissen werden, um Platz für neuen Wohnraum zu schaffen.
 ??  ?? Weil Größe, Grundrisse und energetisc­her Standard der meisten Häuser zwischen Meersburge­r, Hochgerich­t-, Höllwald- und Henri-Dunant-Straße in der Weststadt weder den heutigen Platzbedür­fnissen noch den heutigen Anforderun­gen entspreche­n, will die Stadtverwa­ltung diesen Teil der Weststadt als Sanierungs­gebiet ausweisen.
Weil Größe, Grundrisse und energetisc­her Standard der meisten Häuser zwischen Meersburge­r, Hochgerich­t-, Höllwald- und Henri-Dunant-Straße in der Weststadt weder den heutigen Platzbedür­fnissen noch den heutigen Anforderun­gen entspreche­n, will die Stadtverwa­ltung diesen Teil der Weststadt als Sanierungs­gebiet ausweisen.

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