Gericht: Vergewaltigung nicht nachweisbar
Freispruch für zwei Männer, die im Verdacht standen, eine Frau missbraucht zu haben
Memmingen (kk) - Es sei „ein schlimmer Vorgang“gewesen – „aber nicht strafbar“, sagt Rechtsanwalt Marc Armatage in seinem Plädoyer. Und bittet für seinen Mandanten um einen Freispruch. Am Ende einer Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Richter Markus Veit bleibt dann auch keine andere Möglichkeit, als die beiden inzwischen 20 und 21 Jahre alten Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung freizusprechen.
In der Nacht auf den 6. Januar 2019 treffen eine damals 24-Jährige und die beiden Männer aufeinander. Die Frau ist offenbar alkoholisiert, aber gut aufgelegt. Sie küsst ein anderes Mädchen und fasst einem der beiden Männer in den Schritt. Als sie schließlich nach Hause will, nimmt sie das Angebot der beiden jungen Männer an, sie nach Hause zu fahren. Auf einem Feldweg bei Woringen hält man an, weil die Frau nach eigenen Angaben „pieseln muss“. Danach klettert der 20-jährige Beifahrer zu der Frau nach hinten in das Fahrzeug. Er küsst sie, für die junge Frau ist das offenbar in Ordnung. Mit dem, was dann geschieht, ist die Frau aber nicht mehr einverstanden. Es kommt zum Geschlechtsverkehr mit beiden Angeklagten. Als sich ein Schneepflug nähert, muss der Standort des Fahrzeugs verändert werden. Das Trio fährt in die Nähe von Bad Grönenbach. Dort wiederholt sich das Geschehen. Die 24-Jährige, die von Rechtsanwältin Anja Mack unterstützt wird, hat erkennbar Probleme zu schildern, was damals genau passiert ist. Sie erinnere sich nur noch vage. Man sei zu einer Tankstelle gefahren und habe Zigaretten gekauft und auch etwas zu Trinken.
Danach fährt man sie zum Bahnhof in Memmingen. Von dort aus lässt sich die Frau mit einem Taxi zu einem Bekannten bringen. Der Taxifahrerin gegenüber bemerkt sie: „Diese Schweine!“Sie geht aber nicht darauf ein, was ihr widerfahren ist. Die Taxifahrerin schildert dem
Gericht, dass ihr Fahrgast in jener Nacht verängstigt gewirkt habe. Sie wäre mit der Frau gerne zur Polizei oder ins Krankenhaus gefahren, aber das habe sie nicht gewollt. Tatsächlich berichtet die 24-Jährige erst später einer Freundin über die Vorfälle. Am Abend des 8. Januar gehen beide zur Polizei. Der Kripo gelingt es, die Männer zu identifizieren. Als man gerade drauf und dran gewesen sei, die Tatverdächtigen festzunehmen, sagt ein Ermittlungsbeamter, habe sich Rechtsanwalt Michael Bogdahn bei der Kripo gemeldet. Er vertritt den 20-Jährigen und kommt mit ihm zur Polizei.
Bogdahns Mandant räumt die sexuellen Handlungen ein, das Geschehen sei aber einvernehmlich gewesen. Im weiteren Verfahren offenbart sich den Ermittlern bei den Vernehmungen, wie die beiden Männer denken. Es geht um Sex und nichts anderes, wenn von Frauen die Rede ist. Was den Sachverhalt mit der 24Jährigen betrifft, haben die beiden offenbar durchaus ein schlechtes Gewissen. So ist die Rede davon, dass man das Auto „verschwinden lassen“oder zumindest verstecken müsse. Letztlich aber gibt die Vernehmung der Frau den Ausschlag, dass die Beweisaufnahme im Gerichtssaal beendet wird. Mehrmals erkundigt sich Richter Veit bei ihr, ob sie den beiden Männern gesagt oder verdeutlicht habe, dass sie mit den Handlungen nicht einverstanden gewesen sei. Sie wisse es nicht mehr, gibt sie ehrlich zu. Es ist Staatsanwalt Sebastian Murer, der andeutet, dass er unter diesen Umständen keine Möglichkeit für eine Verurteilung sieht. Opferanwältin Mack und die Verteidiger schließen sich an. Nach kurzer Beratung verkündet das Jugendschöffengericht die Entscheidung: Freispruch. „Ihr habt wirklich Glück gehabt“, schreibt Veit den beiden Angeklagten ins Gewissen. „Ihr solltet Eure Einstellung zu Frauen unbedingt überdenken. Frauen sind keine Objekte.“