Gericht stoppt Kita-Volksbegehren
Bündnis will weiter für Gebührenfreiheit kämpfen – Grün-Schwarz streitet über Öffnung
STUTTGART - Das Volksbegehren für gebührenfreie Kitas in BadenWürttemberg kommt nicht. Einen entsprechenden Antrag, den die SPD mit weiteren Verbänden auf den Weg gebracht hatte, hat das Landesverfassungsgericht am Montag in Stuttgart als unzulässig abgewiesen. Ebenfalls am Montag sollten die Kitas im Land ihre Betreuung ausweiten. Dazu gibt es ordentlich Krach zwischen den grün-schwarzen Koalitionspartnern.
Die SPD hatte Anfang 2019 schnell die nötigen Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt. Ihren Antrag reichte sie beim Innenministerium ein. Minister Thomas Strobl (CDU) schob dem aber einen Riegel vor und führte damals rechtliche Gründe an: Sollte das Volksbegehren erfolgreich sein, würde dies den Landesetat wesentlich beeinflussen. Dann müsste nämlich das Land die Kosten tragen. Das Vorhaben der SPD widerspreche dem Grundgesetz und der Landesverfassung, so das Ministerium damals.
Diesen Argumenten scheint das Landesverfassungsgericht weitgehend gefolgt zu sein. Der Vorsitzende Richter Malte Graßhof nannte das Volksbegehren unzulässig und sagte, der zugrundeliegende Gesetzentwurf sei mit der Landesverfassung nicht vereinbar. Wie eine Gerichtssprecherin erklärte, verbietet die Landesverfassung Volksbegehren über Abgaben. Der in Rede stehende Gesetzentwurf falle darunter.
Rund 444 000 Kinder besuchten laut Statistischem Landesamt vergangenes Jahr eine Kita. Wie viel die Eltern für die Betreuung zahlen, ist unterschiedlich. Manche Kommunen wie Heilbronn verlangen schon heute keine Elternbeiträge. Gäbe es keine Gebühren mehr, müsste das Geld vom Land kommen. Nach Angaben der SPD geht es um etwa 529 Millionen Euro im Jahr – der Gemeindetag geht von einem höheren Betrag aus. Die grün-schwarze Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lehnt eine generelle Gebührenfreiheit für Kitas aus Kostengründen ab.
Das Bündnis gegen Kita-Gebühren, dem neben der SPD auch Gewerkschaften, Sozialverbände und andere Parteien angehören, kündigte an, weiterzukämpfen. „Wir werden nicht mit unserem Ziel Ruhe geben“, erklärte etwa SPD-Landeschef Andreas
Stoch nach dem Urteil. Das Thema werde auch im Wahlkampf zur Landtagswahl 2021 präsent sein.
Zwischen Grünen und CDU ist derweil hinter den Kulissen ein Streit über weitere Kita-Öffnungen entbrannt. Die Einrichtungen sollten am Montag vom Notbetrieb in einen sogenannten eingeschränkten Regelbetrieb wechseln. Heißt: Die Kitas dürfen bis zur Hälfte ihrer üblichen Kinder betreuen. So hatte es die Landesregierung in ihrem Stufenplan am 6. Mai angekündigt. Bis vergangenen Mittwoch lag indes kein Konzept vor, wie die Kita-Träger dies bewerkstelligen sollen. Viele Kitas haben ihre Betreuung am Montag auch nicht ausgeweitet. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sah ein Versäumnis von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). In einem Brief, über den die „Schwäbische Zeitung“berichtete, forderte Schwarz von Eisenmann „konkrete Maßnahmen, Handreichungen und Konzepte“.
In ihrer Antwort an Schwarz, die nun ebenfalls der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, wird Eisenmann deutlich. „Mir ist natürlich bewusst, dass es immer einfach und durchaus bequem ist, dem Kultusministerium irgendein angebliches Versäumnis zuzuweisen“, schreibt Eisenmann. Sie verweist auf die Zuständigkeiten: Bei den Kitas gebe das Land lediglich den Rechtsrahmen vor, wie Schwarz wisse. Alles Weitere liege in Verantwortung der Städte und Gemeinden. „Und auf genau diese Aufgabenteilung legen sowohl kommunale wie freie Träger – verständlicherweise – stets auch großen Wert“, so die Ministerin. Die Kita-Träger seien eingebunden in die Planungen. „Weil die Situation in den Einrichtungen vor Ort hinsichtlich räumlicher und personeller Kapazitäten unterschiedlich ist, lassen wir bewusst Spielräume zur Ausgestaltung.“
Eisenmann prangert zudem standardisierte Briefe an, in denen sich
Grünen-Abgeordnete bei Elternbeiräten, Gemeinderäten und Bürgermeistern über Eisenmann beschwert hätten. Eine Vielzahl sei ans Kultusministerium weitergeleitet worden, bestätigt ein Sprecher Eisenmanns. Das sei normales Vorgehen, entgegnet eine Sprecherin der GrünenFraktion. Alle Fraktionen böten ihren Abgeordneten Entwürfe an, die diese in ihren Wahlkreisen nutzen könnten. „Unsere Frage nach einer umfassenden Strategie ist weiter unbeantwortet geblieben“, so die Sprecherin.
Die kirchlichen und kommunalen Kita-Träger hatten am Mittwoch kritisiert, dass es noch keine rechtlichen Vorgaben gebe – die CoronaVerordnung war noch nicht entsprechend aktualisiert. Manche hatten sich auch konkrete Regelungen vom Kultusministerium gewünscht. Nun sind sie selbst aktiv geworden und haben „Gemeinsame Öffnungshinweise für die weitere Öffnung der Kitas“erarbeitet.