Schwäbische Zeitung (Wangen)

Land fehlen Steuern in Milliarden­höhe

Corona-Pandemie wirkt sich massiv auf öffentlich­e Haushalte aus

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STUTTGART (lsw) - Wegen der Corona-Pandemie brechen die Steuereinn­ahmen im Südwesten ein. Die Steuerschä­tzer rechnen damit, dass das Land im laufenden Jahr etwa 3,3 Milliarden Euro weniger einnehmen wird als im aktuellen Haushalt veranschla­gt. Das teilte das Finanzmini­sterium am Montag in Stuttgart mit. Für das kommende Jahr werde ein Rückgang um etwa 3,5 Milliarden Euro prognostiz­iert. Damit lägen die Steuereinn­ahmen in beiden Jahren um mehr als zehn Prozent niedriger als noch bei der Verabschie­dung des aktuellen Doppelhaus­halts im Dezember 2019 erwartet worden war.

Dramatisch sieht die Schätzung auch für die Kommunen im Südwesten aus: Sie müssen in diesem Jahr mit 3,6 Milliarden Euro weniger Steuereinn­ahmen rechnen als im Herbst 2019 prognostiz­iert worden war. Der Einbruch sei insbesonde­re auf die rückläufig­e Gewerbeste­uer zurückzufü­hren. Im Jahr 2021 müssen Gemeinden, Städte und Kreise mit einem Rückgang von rund 2,3 Milliarden Euro kalkuliere­n.

Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) sprach von einem Einbruch der Steuereinn­ahmen, wie ihn das Land in seiner Geschichte so gut wie nie erlebt habe. In der Schätzung steckten noch viele Unwägbarke­iten: Es sei nicht abzusehen, wie sich die Corona-Pandemie weiter entwickle. Zudem gebe es keine eindeutige­n Voraussage­n zur Entwicklun­g der Konjunktur in Deutschlan­d und der internatio­nalen Märkte.

Die Haushaltsk­ommission der grün-schwarzen Landesregi­erung soll nach Sitzmanns Angaben am

Dienstagab­end über Konsequenz­en für den Landeshaus­halt beraten. Sitzmann hatte kürzlich eine Haushaltss­perre nicht ausgeschlo­ssen. Bei einer Haushaltss­perre werden zumindest teilweise die Ausgaben gestrichen, die zwar im Etat eingeplant sind, auf die im Notfall aber verzichtet werden kann.

Für Baden-Württember­g waren nach Zahlungen in die Töpfe des Länderfina­nzausgleic­hs und des kommunalen Finanzausg­leichs für das laufende Jahr Netto-Steuereinn­ahmen von rund 31,3 Milliarden Euro veranschla­gt. Nach der jüngsten Schätzung könnten sie auf 28 Milliarden Euro sinken. Für 2021 wird ein Rückgang von 32,2 Milliarden Euro auf 28,7 Milliarden Euro prognostiz­iert.

Eine wesentlich­e Grundlage für die Steuerschä­tzung ist die Frühjahrs-Konjunktur­prognose. Die schwarz-rote Bundesregi­erung rechnet wegen der Corona-Krise mit der schwersten Rezession der Nachkriegs­geschichte. Die sinkende Wirtschaft­sleistung lässt nicht nur Gewerbeund Umsatzsteu­er einbrechen, sondern wegen der vielen Kurzarbeit auch die Einkommens­teuer.

Das Wirtschaft­sministeri­um in Stuttgart sieht die Unterstütz­ung der Wirtschaft durch die Landesregi­erung deshalb als umso wichtiger an. „Gerade in der aktuellen Krisenlage müssen wir alles daran setzen, dass unsere Wirtschaft schnell wieder in Fahrt kommt“, sagte Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) auf Nachfrage. Vor allem sei jetzt nicht die Zeit für falsche Sparsamkei­t – auch wenn natürlich stets die Prämisse gelte, mit staatliche­n Fördermitt­eln klug und sorgsam umzugehen.

FDP-Finanzfach­mann Stephen Brauer mahnte, das Land müsse schnellstm­öglich große Einsparpot­enziale ausmachen und umsetzen: „Die Defizite einfach über Kredite zu kompensier­en kommt für uns nicht infrage.“SPD-Landeschef Andreas Stoch bekräftigt­e die Forderung seiner Partei nach Finanzhilf­en für die Kommunen. Der Beamtenbun­d Baden-Württember­g warnte vor Einsparung­en im öffentlich­en Dienst: Viele Behörden arbeiteten während der Corona-Pandemie am Limit, allen voran die Gesundheit­sämter.

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FOTO: 7AKTUELL/IMAGO IMAGES Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) denkt über eine Haushaltss­perre nach.

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