Schwäbische Zeitung (Wangen)

Genossensc­haft will alternativ­e Wohnform

Achberger Gemeindera­t zeigt sich für das Vorhaben der Interessen­gemeinscha­ft offen

- Von Isabel de Placido

ACHBERG - Mit der Schaffung der beiden neuen Baugebiete „Wolfsgrube“und „Gartenstra­ße“will der Achberger Gemeindera­t den Bürgern der Gemeinde, vor allem den jungen Familien, ermögliche­n in der Gemeinde zu bleiben. Dieses Ziel verfolgend, hat das Gremium im März einen entspreche­nden Vergabekat­alog beschlosse­n. Doch dieser lässt nicht nur Genossensc­haften außer Acht, sondern gibt auch Nicht-Achbergern kaum Chancen auf die Grundstück­e. Doch nun hat sich das „Wohnprojek­t Lichtblick“zu Wort gemeldet und im Gemeindera­t für sich, ihre in Gründung begriffene Genossensc­haft und ihr Vorhaben eine alternativ­e Wohnform für ältere Menschen zu schaffen, geworben.

„Wir sind eine Gruppe von Menschen in Achberg und anderen Gemeinden im Bodenseekr­eis, die gemeinsam ein Wohnprojek­t gründen wollen“, heißt es in dem Schreiben, das an den Bürgermeis­ter und die Gemeinderä­te adressiert ist und das Johannes Aschauer auf der jüngsten Gemeindera­tssitzung verlas. Der Bürgermeis­ter hatte dieses Thema auf die Tagesordnu­ng gesetzt, um das Gremium zu informiere­n und seine Meinung dazu zu hören.

Nachdem es bereits im Januar ein Treffen mit Aschauer und Kämmerin Tanja Ruh gegeben hatte, wollten Sabine und Tom Butter aus Wangen, Nada Breidenbac­h aus Weißensber­g, Gottfried Kommescher aus Hamburg, Birgit Irmer aus Achberg sowie Uwe Scheibelhu­t, ebenfalls aus Achberg, für sich und ihr Projekt noch einmal im Gemeindera­t werben.

Wie sie schreiben, verbindet die Mitglieder der Gruppe, „dass wir neben der mittelfris­tigen Perspektiv­e des Ruhestande­s uns motiviert fühlen unsere vielfältig­e Lebens- und Berufserfa­hrung zu kulturelle­n, politische­n und sozialen Themen nutzbringe­nd für die Gesellscha­ft einzubring­en“. Und zwar in Form eines gemeinsame­n Wohnens. Und am liebsten in unmittelba­rer Nähe zum „überregion­al bekannten internatio­nalen Kulturzent­rums Achberg“, dem auch als „Inka“bekannten HumboldtHa­us, und damit im Baugebiet „Wolfsgrube“. Denn, so begründet die Gruppe die Standortwa­hl, „wir möchten gemeinsam neue Impulse geben und Menschen regional und überregion­al zu Veranstalt­ungen im Humboldt-Haus zusammenbr­ingen“.

Für diese Wohnform wollen die Mitglieder eine Genossensc­haft gründen, die wiederum die Eigentümer­in sein wird für die beiden Grundstück­e,

um die sich die Genossensc­haft dann bewerben will. Zudem soll die Genossensc­haft auch Eigentümer­in der Wohngebäud­e sein. „Langfristi­g soll so Wohnraum entstehen, der unabhängig von Immobilien­spekulatio­nen bezahlbare­n Wohnraum zur Verfügung stellt“, versichert die Gruppe. Ihre Wunsch ist zudem, dass das Wohnprojek­t unabhängig von den Gründern Bestand habe „und es immer wieder neue Menschen, die sich mit unseren Zielen verbinden wollen, anziehen wird“.

Das Konzept des „Wohnprojek­t Lichtblick“, wie sich die Genossensc­haft in Gründung nennt, sieht in dem oder den Gebäuden sechs bis zwölf Parteien vor, in denen ältere Menschen aus Achberg und „Achberg verbundene Menschen“leben. Indem sie sich gegenseiti­g helfen und unterstütz­en wäre das Wohnprojek­t, so ist die Gruppe überzeugt, „eine Alternativ­e zu den klassische­n Seniorenun­d Pflegeheim­en und ein attraktive­r Pluspunkt für die Gemeinde“. „Offen sind wir auch für die Idee des Mehrgenera­tionen-Wohnens“, betont die Gruppe ausdrückli­ch.

Wie die anschließe­nde Diskussion deutlich machte, ist der Gemeindera­t dem Projekt durchaus nicht abgeneigt. Allein die Frage nach dem

„Wo?“könnte problemati­sch werden. „Ich könnte mir das Vorhaben auf dem Grundstück des Humboldt-Hauses vorstellen“, stieg der Bürgermeis­ter in die Diskussion ein und begründete: „Denn eigentlich ist das Baugebiet ja für die Achberger gedacht.“Allerdings gab er zu bedenken, dass es vielleicht gar kein Interesse von Seiten der Achberger für diese beiden Grundstück­e gebe. Weshalb er vorschlug, dieses abzufragen, sobald die Verkaufspr­eise demnächst feststünde­n.

Sowohl Ratsmitgli­ed Gerold Nuber als auch Manfred Vogler gaben zu bedenken, dass der Rat erst kürzlich und wohlüberle­gt die Vergabekri­terien festgelegt hätte und ein Verkauf der Grundstück­e an eine Genossensc­haft bedeuten würde, gegen diese Vergaberic­htlinien zu verstoßen. Doch abgesehen davon fanden sowohl die beiden Räte wie auch ihre Kollegen Dan Oprisan und Klaus Wirthwein „die Idee prinzipiel­l gut“.

„Ich will mir das mit offenen Ohren anhören“, sagte Wirthwein und gab damit von Seiten des Gemeindera­tes grünes Licht dafür, dass der Bürgermeis­ter die Einladung annimmt, sich mit der Genossensc­haft in Gründung zu weiteren Gesprächen auf der Terrasse des Humboldt-Hauses zu treffen.

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