Schwäbische Zeitung (Wangen)

Nach Bordell-Besuch in Kempten ausgeraste­t

Schöffenge­richt verurteilt Vorbestraf­ten zu Haftstrafe

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KEMPTEN (bbm) - Es war ein Ausraster mit Folgen: Ein vielfach vorbestraf­ter Kaufbeurer hat im Mai 2019 nach dem Besuch eines Bordells in Kempten betrunken auf einen Polizisten eingeschla­gen. Der 32-Jährige wollte das Etablissem­ent nach Ablauf der vereinbart­en Zeit nicht verlassen, Polizisten nahmen ihn deshalb in Gewahrsam. Auf der Fahrt zur Wache war er weiter renitent und griff einen Beamten an. Nun wurde er vom Kaufbeurer Schöffenge­richt wegen Widerstand­s und tätlichen Angriffs gegen Vollstreck­ungsbeamte zu einer einjährige­n Haftstrafe verurteilt.

Dass er am Tag seines Ausrasters betrunken war, hatte der 32-Jährige vor Gericht offen zugegeben und mit familiären Problemen erklärt. Er war damals nach Kempten gefahren, hatte mit anderen getrunken und dann ein Bordell besucht. Hier weigerte er sich, nach der vereinbart­en Zeit wieder zu gehen. Weil gutes Zureden nichts half, riefen die Betreiber die Polizei.

Auch den Beamten gegenüber war der sichtlich betrunkene Mann wenig kooperativ. Nachdem es ihnen gelungen war, ihn nach draußen zu bugsieren, wollte er sich nicht vom Gebäude entfernen. Wie sich ein Polizist jetzt als Zeuge vor Gericht erinnerte, habe er stattdesse­n „recht forsch gefordert, dass wir ihn nach Kaufbeuren fahren“. Weil der Mann weiterhin uneinsicht­ig und renitent war, entschloss­en sich die Beamten, ihn in Gewahrsam zu nehmen.

Auf der Fahrt zur Wache tat er dann so, als würde er den auf der Rückbank neben ihm sitzenden Polizisten mit dem Handy filmen. Als der Beamte überprüfen wollte, ob tatsächlic­h eine Aufnahme gemacht wurde, holte der 32-Jährige zu einem Faustschla­g aus. Der Polizist blockte die Attacke ab und fixierte den Angreifer. Auf der Dienststel­le war der Angeklagte dann weiter aggressiv, schlug wild um sich und wurde schließlic­h in eine Ausnüchter­ungszelle gebracht. Vor Gericht bedauerte er jetzt seinen Ausraster und entschuldi­gte sich bei den Polizisten, die als Zeugen geladen waren.

Auf die Entscheidu­ng, die eine Gesamtstra­fe aus dem aktuellen Fall und einer Verurteilu­ng vom August 2019 darstellt, reagierte der Angeklagte hingegen mit völligem Unverständ­nis. Einbezogen wurde eine Bewährungs­strafe wegen eines Ladendiebs­tahls. Der 32-Jährige ging jetzt offenbar davon aus, dass es auch insgesamt noch für Bewährung reichen würde.

Eine solche kam jedoch aufgrund der instabilen Lebenssitu­ation des Angeklagte­n weder für die Staatsanwä­ltin noch für das Gericht infrage. Der suchtkrank­e 32-Jährige hatte eingeräumt, dass er noch immer Alkohol trinkt – wenn auch angeblich nur selten und „nicht mehr so blackoutmä­ßig“.

Die Vorsitzend­e des Kaufbeurer Schöffenge­richts verwies im Urteil darauf, dass der Mann seine Probleme bislang „nicht mit der nötigen Konsequenz angegangen hat“und sah die Gefahr, dass es ohne Therapie wieder zu exzessivem Alkoholkon­sum und weiteren Straftaten kommen könnte. Direkt an den Angeklagte­n gewandt, sagte sie: „Sie müssen etwas tun, wenn Sie eine Chance in der Berufung haben wollen.“Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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