Laut jammern und still leiden
Sie kommen zu einem Verkehrsunfall, mehrere Personen sind verletzt, manche schreien, andere sind ruhig. Um wen kümmern Sie sich als erstes? Der Vergleich mag vielleicht etwas weit hergeholt sein, aber diese Frage aus einem Erste-HilfeKurs kommt mir in Zeiten von Corona manchmal in den Sinn. Denn: Viele jammern oder schreien derzeit um Hilfe, manche demonstrieren sogar lautstark auf der Straße. Von anderen, die durch die Krise hart getroffen werden, hört man dagegen vergleichsweise wenig – und wenn, dann zurückhaltende, maßvolle Kritik. Wem also als erstes helfen? Wer ist am schlimmsten dran, wird am ungerechtesten behandelt? Und wer soll von den Milliarden-Hilfspaketen am meisten profitieren? Schwierig.
Vorweg: Die Lautsprecher, die sich – wie auch in Wangen – in ihren Grundrechten massiv eingeschränkt und bedroht fühlen oder sich hierzulande gar in einer Diktatur wähnen, muss man in einer Demokratie zwar ertragen; helfen muss oder besser kann man solchen Leuten eher nicht.
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Anderen, sich lautstark äußernden Corona-Leidtragenden dagegen sollte der Staat sehr wohl unter die Arme greifen. Einzelhändlern oder Gastronomen, die um ihre Existenz fürchten. Oder Kulturschaffenden, die über Monate hinweg keine Einkünfte haben, um ein weiteres Beispiel zu nennen.
In manchen Branchen wie im Tourismus ist die Krise schon jetzt spürbar, in anderen wie in der Industrie werden die Folgen erst in einigen Monaten offen zu Tage treten. Letzteres trifft auf die Kommunen mit wegbrechenden Steuereinnahmen zu. Aber auch auf die Vereine in der Region, die wegen der CoronaAuflagen in finanzielle Schwierigkeiten geraten und deren Mitglieder das gewohnte Vereinsleben schmerzlich vermissen. Sie alle leiden schon seit vielen Wochen – zumeist still und in der Hoffnung, dass das Virus in absehbarer Zeit so etwas wie Normalität wieder zulässt. Um diese Menschen, die das eigentliche Rückgrat einer Gesellschaft bilden, sollte man sich mit als erstes kümmern.