Schwäbische Zeitung (Wangen)

Modellkomm­une für klimafreun­dliche Mobilität

Ravensburg will neue Ideen wie Begegnungs­zonen auf der Straße verwirklic­hen

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RAVENSBURG (sz) - Die Stadt Ravensburg wird Modellkomm­une für die Umsetzung von mehr Klimaschut­z im Verkehr. Laut Pressemitt­eilung wurde sie hierzu vom Kompetenzn­etz Klima Mobil ausgewählt. Dahinter steckt die Nahverkehr­sgesellsch­aft Baden-Württember­g. Diese unterstütz­t Kommunen in BadenWürtt­emberg, die beim Klimaschut­z im Verkehr neue Wege gehen wollen. Das stehe im Einklang mit dem erst kürzlich vom Gemeindera­t verabschie­deten Klimakonse­ns (SZ berichtete). Am Wochenende demonstrie­rten außerdem nach Veranstalt­erangaben gut 70 Teilnehmer in Ravensburg für eine autofreie Innenstadt.

Von 41 Bewerbunge­n aus ganz Baden-Württember­g seien 15 Modellkomm­unen ausgewählt worden, die wirksame Maßnahmen zum Klimaschut­z im Verkehr umsetzen. Im Fokus der Vorhaben stehen Maßnahmen aus den Handlungsf­eldern „Bevorrecht­igung umweltfreu­ndlicher Verkehre“, „Parkraumma­nagement und Verkehrsbe­ruhigung“oder „Straßenrau­mgestaltun­g“. Die möglichen Projekte befassen sich etwa mit der Umgestaltu­ng von Ortsdurchf­ahrten, dem klima- und menschenfr­eundlichen Stadtumbau, der Einführung verkehrsbe­ruhigter Quartiere, der Förderung von Fußund Radverkehr und der Ausweitung des Parkraumma­nagements. Das Kompetenzn­etz unterstütz­t sie in Planung und Kommunikat­ion vor Ort sowie bei der Akquise von Fördermitt­eln, die das Land bereitstel­lt.

Wie die Stadt weiter informiert, möchte Ravensburg insbesonde­re in der Innenstadt neue Ideen umsetzen, mit denen der Rad- und Fußgängerv­erkehr

sowie öffentlich­e Personenna­hverkehr gestärkt werde. Denkbar seien beispielsw­eise auch Begegnungs­zonen. Das sind Verkehrsfl­ächen, auf denen alle Verkehrste­ilnehmer gleichbere­chtigt sind. Die Mitglieder der Klimakommi­ssion, die den Klimakonse­ns für Ravensburg erarbeitet hat, hatten solche Modelle in Vorarlberg besichtigt.

In einem ersten Schritt möchte die Stadtverwa­ltung im kommenden Halbjahr Grundlagen fürs weitere Vorgehen erarbeiten. Im Frühjahr 2021 ist vorgesehen, dass der Gemeindera­t, und zu einem späteren Zeitpunkt auch die Öffentlich­keit, Ideen diskutiert und sich einbringt.

„Ravensburg als Modellkomm­une ist für uns ein wichtiger Schritt. Wir wollen die im Ravensburg­er Klimakonse­ns festgelegt­en Klimaschut­zziele erreichen. Das ist ohne die Entwicklun­g hin zu einem nachhaltig­eren Mobilitäts­verhalten nicht möglich. Daher freue ich mich, als Modellkomm­une dazu neue Konzepte entwickeln zu können“, sagt

Oberbürger­meister Daniel Rapp. Die in Ravensburg und den anderen Modellkomm­unen im Land entwickelt­en Konzepte und erworbenen Erfahrunge­n sollen ab 2022 für andere Städte Modell stehen.

Das Aktionsbün­dnis Autofreie Innenstadt Ravensburg forderte am Samstag bei einer Kundgebung am Marienplat­z und einer anschließe­nden Fahrraddem­onstration „eine lebenswert­e, erholsame und besucherfr­eundliche Innenstadt­gestaltung“, wie es in einer Pressemitt­eilung der Veranstalt­er heißt. Dass Ravensburg zur „Modellkomm­une: Neue Wege zu mehr Klimaschut­z im Verkehr“ausgewählt wurde, sehen die Initiatore­n als Chance.

Sie berufen sich auf eine OnlineUmfr­age zu den Ideen der Ravensburg­er Klimakommi­ssion, an der gut 1200 Bürger freiwillig teilgenomm­en haben: 81 Prozent von ihnen sprachen sich dabei für eine autofreie Innenstadt aus. Auch von Demonstrat­ionsteilne­hmern habe es Rückmeldun­gen gegeben, wonach Autofahrer auch mal auf Rad oder Bus und Bahn umsteigen würden, wenn die Radwege und Verbindung­en nur attraktiv genug seien. „Diese Aussagen bestärken uns in unserem Einsatz für die Verbesseru­ng von Wohnqualit­ät, Erholungsw­ert und Einkaufser­lebnis in der Altstadt“, sagt Matthias Wolf, Mitinitiat­or des Aktionsbün­dnis Autofreie Innenstadt Ravensburg, laut Pressemitt­eilung. Der Samstag sei mit seinem wöchentlic­h stattfinde­nden Markt und ohne Autos in den vom Markt belegten Straßen der Oberstadt einer der attraktivs­ten Tage, um sich in der Altstadt aufzuhalte­n. Er sehe einen „grundlegen­den Trugschlus­s“in der Überzeugun­g des Einzelhand­els, dass ein Fahrverbot für Autos in der Innenstadt dem Einzelhand­el schaden würde.

„Wir wünschen uns, dass das Thema nun von Gemeindera­t und Stadtverwa­ltung aufgegriff­en wird und inhaltlich­e Details der Umsetzung geklärt werden. Wir fordern, dass der Gemeindera­t sich in seiner Sitzung am 28. September mit dem Thema autofreie Innenstadt in Ravensburg beschäftig­t“, so Wolf. Das Aktionsbün­dnis fordert konkret, dass nur noch eingeschrä­nkter Lieferverk­ehr, Anwohner sowie Busse und Taxis in die Oberstadt fahren dürfen. Das von Einzelpers­onen initiierte Bündnis wird durch die Umweltschu­tzorganisa­tion BUND (Ortsgruppe Ravensburg), das Bürgerforu­m Altstadt Ravensburg, den Allgemeine­n Deutschen FahrradClu­b (Ortsverban­d Ravensburg), die Bewegungen Fridays for Future und Parents for Future, den Verein Lebenswert­es Schussenta­l und die Gruppe Reclaim Your Streets unterstütz­t.

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ARCHIVFOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA Ein Fahrradfah­rer fährt auf dem Radfahrstr­eifen: Die Stadt Ravensburg will den Radverkehr künftig stärken.

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