Ist Juves Entscheidung für Pirlo die richtige Wahl?
Natürlich hat sein alter Weggefährte Alessandro Costacurta recht: Die Beförderung von Andrea Pirlo zum Trainer von Juventus Turin ist ein Wagnis – allerdings eines ohne allzu großes Risiko. Klar birgt es eine Gefahr, die Verantwortung eines der wertvollsten Teams im Weltfußball an einen Neuling zu übertragen. Sollte sich allerdings herausstellen, dass der Schritt ins vorderste Glied für Pirlo doch zu früh kam, bestünde für Juve noch immer die Möglichkeit der Rolle rückwärts.Ein Legende wie Pirlo hält das aus. Und der Verein weiß: Auch mit einem Trainerwechsel während der Saison ist noch nichts verloren. In den letzten neun Jahren hat Juve immer die Meisterschaft gewonnen, zu überlegen ist das teuer zusammengekaufte Team der Konkurrenz und wird es auch in der neuen Spielzeit wieder sein. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Turiner alles richtig machen. Ein Starensemble wie Juve braucht keinen Chefstrategen, sondern einen Motivator. Dass Pirlo Stars wie Ronalado oder Dybala führen kann, hat er bereits als Spieler bewiesen, als seine Nebenmänner noch Schewtschenko oder Del Piero hießen. Letzterer sagte jüngst über Pirlo, er habe „außergewöhnliche, intellektuelle Fähigkeiten“– und damit eine Grundvoraussetzung, um eine ähnliche Reise zu vollführen wie Pep Guardiola beim FC Barcelona und Zinédine Zidane bei Real Madrid.
Martin Deck
Ex-Fußballer gibt es zuhauf. Diese Kicker, die nach der aktiven Karriere von einem Expertenjob in den nächsten springen, im Hintergrund arbeiten oder – wenn nirgendwo anders unterzubringen – als Club-Repräsentant agieren.
Und dann gibt es Legenden.
Jene Idole, die ihren Nimbus einfach über die Karriere tragen und sich treu bleiben, ob mit oder ohne Ball am Fuß – im guten wie im schlechten Sinne. Von Sócrates über David Beckham – ganz besonders Éric Cantona – bis hin zu den Extremen George Best und Paul Gascoigne. Wo wir bei Andrea Pirlo wären. Idol eines Clubs, einer ganzen Nation und nicht zuletzt uns Fußballnerds sowie alternden Hipstern aus aller Welt. Pirlo der Weltmann, das hart arbeitende Glückskind, das „la dolce vita“auf dem Calcio-Feld zelebrierte und stets ein Potpourri zwischen kunstvollen Freistößen und Panenka-Elfern ablieferte. Wie gern hätten wir es gesehen, wenn sich dieser Beau die kommende Jahrzehnte über nur sporadisch von seinem Weingut gemeldet hätte, den Fußball kritisierend und ansonsten den schönen Bart in die Sonne richtet. Doch nun steigt die Legende vollends von seinem Olymp. Den Respekt der Stars muss sich Pirlo aufgrund seiner Meriten nicht erst erarbeiten, doch gehört zu einer Trainerkarriere eben viel mehr. Sollte ausgerechnet die Traumverbindung mit Juve nicht funktionieren, wäre das ein Makel, den der Verein verschmerzen könnte, die Legende jedoch weitaus schwieriger.
„Ein Wagnis ohne allzu großes Risiko.“
„Eine Legende gefährdet sich unnötig selbst.“
Felix Alex