Lindauer Dornier streicht 116 Stellen
Nachfrage nach Webmaschinen weltweit eingebrochen
LINDAU - Corona beschleunigt auch in der Textilindustrie den weltweiten Strukturwandel. Die Lindauer Dornier ist hart getroffen. Weil kaum jemand Webmaschinen kauft, baut der Maschinenbauer 116 Vollzeitstellen ab.
953 Mitarbeiter beschäftigen die Lindauer Dornier derzeit. 728 stellen im Lindauer Werk vor allem Webmaschinen her. 225 fertigen in der Niederlassung in Esseratsweiler Folienreckmaschinen. Während das Geschäft mit den Folien boomt, ist die weltweite Nachfrage in der Textilindustrie eingebrochen, wie Geschäftsführer HansJürgen Schmidt im Gespräch mit der LZ erläutert. Dabei ist Corona nicht der Auslöser für diese Krise, die Pandemie hat den Prozess aber enorm beschleunigt.
Wenn in aller Welt die Bekleidungsgeschäfte über Wochen hinweg geschlossen bleiben müssen, brechen die Umsätze nicht nur bei den Einzelhändlern ein, sondern auch bei den Herstellern. Die wiederum bestellen dann weniger Stoffe. Und das bedeutet, dass die Textilproduktion zurückfährt. Diese Firmen wiederum bestellen keine neuen Maschinen und brauchen kaum Ersatzteile oder verwenden sogar Ersatzteile aus stillgelegten Maschinen. Und das trifft eben die Lindauer Dornier, die kaum mehr Webmaschinen und drastisch weniger Verschleißteile als üblich verkaufen können.
Zum Glück hat das Unternehmen vor Jahren ein zweites Standbein aufgebaut, sagt Schmidt und verweist auf die Folienreckmaschinen, die im Werk Esseratsweiler entstehen und die weltweit sehr gefragt sind. Die Auftragslage ist sehr gut, die Fertigung ist bis zum Ende des kommenden Jahres sicher voll ausgelastet. Danach folgt die Montage, sodass der Umsatz bis Jahresende 2022 gesichert ist. „Wir sind Weltmarktführer bei Polyesterfolien“, sagt Schmidt stolz und verweist auf etwa 60 Prozent Anteil am Weltmarkt.
Die Lindauer Dornier hat deshalb bereits im vergangenen Jahr 30 Mitarbeiter aus dem Lindauer Werk nach Esseratsweiler versetzt, um den Bereich der Folienanlagen zu verstärken. Dazu gehört auch der jüngst berichtete Schritt, die Sägerei und das Stahllager zur Firma Thomann nach Hergatz auszulagern. Das schafft die Voraussetzung, um Arbeitsabläufe effizienter zu machen.
Doch diese Umstellungen reichen laut Schmidt nicht aus, um die Auftragsrückgänge bei den Webmaschinen auszugleichen. Dort herrscht bereits seit dem vergangenen Jahr, also schon vor Corona, Kurzarbeit. Aber das sei keine Dauerlösung. Schmidt kündigt deshalb einen erheblichen Personalabbau an. Bis zum Jahresende 2022 werde die Lindauer Dornier 116 Stellen streichen. „Wir wollen das möglichst sozialverträglich machen“, ergänzt Schmidt und berichtet von Gesprächen mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan. zum Teil bis heute im Homeoffice. Weil das in der Fertigung nicht geht, wurden dort Dienst- und Schichtpläne geändert, Arbeitsplätze neu eingerichtet und Maskenpflicht eingeführt, wo der Mindestabstand nicht möglich ist. All das soll die Gefahr gegenseitiger Ansteckung verhindern.
Die größten Probleme hat der fehlende Luftverkehr gebracht. Denn Monteure waren im Frühjahr dabei, die hundert Millionen Euro teure Maschinen eines Kunden in China aufzubauen. Doch zuerst mussten die Mitarbeiter ausreisen, und dann gab es keine Flüge mehr nach China. „In unserer Not haben wir einen Privatjet gechartert“, berichtet Schmidt. Mit Zwischenlandung kamen acht Monteure so wieder auf die Baustelle. Später hat die Lindauer Dornier mit anderen deutschen Firmen zusammen Sonderflüge organisiert. Nur so konnte das Unternehmen den Auftrag sicherstellen und nach vielen Wochen Pause die Montage wieder aufnehmen. Damit verschiebt sich der Umsatz zwar, aber er kommt.