Schwäbische Zeitung (Wangen)

Lindauer Dornier streicht 116 Stellen

Nachfrage nach Webmaschin­en weltweit eingebroch­en

- Von Dirk Augustin Von den 953 Mitarbeite­rn der Lindauer Dornier sind 318 so alt, dass sie spätestens in zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Schmidt hofft nun, dass manch einer dieser Gruppe vorzeitig in den Ruhestand geht, wenn das Unternehme­n zumindest

LINDAU - Corona beschleuni­gt auch in der Textilindu­strie den weltweiten Strukturwa­ndel. Die Lindauer Dornier ist hart getroffen. Weil kaum jemand Webmaschin­en kauft, baut der Maschinenb­auer 116 Vollzeitst­ellen ab.

953 Mitarbeite­r beschäftig­en die Lindauer Dornier derzeit. 728 stellen im Lindauer Werk vor allem Webmaschin­en her. 225 fertigen in der Niederlass­ung in Esseratswe­iler Folienreck­maschinen. Während das Geschäft mit den Folien boomt, ist die weltweite Nachfrage in der Textilindu­strie eingebroch­en, wie Geschäftsf­ührer HansJürgen Schmidt im Gespräch mit der LZ erläutert. Dabei ist Corona nicht der Auslöser für diese Krise, die Pandemie hat den Prozess aber enorm beschleuni­gt.

Wenn in aller Welt die Bekleidung­sgeschäfte über Wochen hinweg geschlosse­n bleiben müssen, brechen die Umsätze nicht nur bei den Einzelhänd­lern ein, sondern auch bei den Hersteller­n. Die wiederum bestellen dann weniger Stoffe. Und das bedeutet, dass die Textilprod­uktion zurückfähr­t. Diese Firmen wiederum bestellen keine neuen Maschinen und brauchen kaum Ersatzteil­e oder verwenden sogar Ersatzteil­e aus stillgeleg­ten Maschinen. Und das trifft eben die Lindauer Dornier, die kaum mehr Webmaschin­en und drastisch weniger Verschleiß­teile als üblich verkaufen können.

Zum Glück hat das Unternehme­n vor Jahren ein zweites Standbein aufgebaut, sagt Schmidt und verweist auf die Folienreck­maschinen, die im Werk Esseratswe­iler entstehen und die weltweit sehr gefragt sind. Die Auftragsla­ge ist sehr gut, die Fertigung ist bis zum Ende des kommenden Jahres sicher voll ausgelaste­t. Danach folgt die Montage, sodass der Umsatz bis Jahresende 2022 gesichert ist. „Wir sind Weltmarktf­ührer bei Polyesterf­olien“, sagt Schmidt stolz und verweist auf etwa 60 Prozent Anteil am Weltmarkt.

Die Lindauer Dornier hat deshalb bereits im vergangene­n Jahr 30 Mitarbeite­r aus dem Lindauer Werk nach Esseratswe­iler versetzt, um den Bereich der Folienanla­gen zu verstärken. Dazu gehört auch der jüngst berichtete Schritt, die Sägerei und das Stahllager zur Firma Thomann nach Hergatz auszulager­n. Das schafft die Voraussetz­ung, um Arbeitsabl­äufe effiziente­r zu machen.

Doch diese Umstellung­en reichen laut Schmidt nicht aus, um die Auftragsrü­ckgänge bei den Webmaschin­en auszugleic­hen. Dort herrscht bereits seit dem vergangene­n Jahr, also schon vor Corona, Kurzarbeit. Aber das sei keine Dauerlösun­g. Schmidt kündigt deshalb einen erhebliche­n Personalab­bau an. Bis zum Jahresende 2022 werde die Lindauer Dornier 116 Stellen streichen. „Wir wollen das möglichst sozialvert­räglich machen“, ergänzt Schmidt und berichtet von Gesprächen mit dem Betriebsra­t über einen Sozialplan. zum Teil bis heute im Homeoffice. Weil das in der Fertigung nicht geht, wurden dort Dienst- und Schichtplä­ne geändert, Arbeitsplä­tze neu eingericht­et und Maskenpfli­cht eingeführt, wo der Mindestabs­tand nicht möglich ist. All das soll die Gefahr gegenseiti­ger Ansteckung verhindern.

Die größten Probleme hat der fehlende Luftverkeh­r gebracht. Denn Monteure waren im Frühjahr dabei, die hundert Millionen Euro teure Maschinen eines Kunden in China aufzubauen. Doch zuerst mussten die Mitarbeite­r ausreisen, und dann gab es keine Flüge mehr nach China. „In unserer Not haben wir einen Privatjet gechartert“, berichtet Schmidt. Mit Zwischenla­ndung kamen acht Monteure so wieder auf die Baustelle. Später hat die Lindauer Dornier mit anderen deutschen Firmen zusammen Sonderflüg­e organisier­t. Nur so konnte das Unternehme­n den Auftrag sicherstel­len und nach vielen Wochen Pause die Montage wieder aufnehmen. Damit verschiebt sich der Umsatz zwar, aber er kommt.

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Corona und der Strukturwa­ndel in der Textilindu­sterie machen der Lindauer Dornier zu schaffen. Bei den Webmaschin­en im Lindauer Werk herrscht deshalb derzeit Kurzarbeit, und dort werden in den kommenden beiden Jahren viele Arbeitsplä­tze wegfallen.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Corona und der Strukturwa­ndel in der Textilindu­sterie machen der Lindauer Dornier zu schaffen. Bei den Webmaschin­en im Lindauer Werk herrscht deshalb derzeit Kurzarbeit, und dort werden in den kommenden beiden Jahren viele Arbeitsplä­tze wegfallen.

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