Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fortschrit­t ohne Wende

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Der Aufschrei von Umweltverb­änden ist laut, Organisati­onen wie BUND, Nabu, Greenpeace und WWF sehen in dem nun erzielten Kompromiss zur Gemeinsame­n Agrarpolit­ik in der EU einen Rückschrit­t im Vergleich zu den Umweltaufl­agen der vergangene­n Jahre. Doch so groß die Empörung, so unberechti­gt ist dieser Vorwurf.

Schließlic­h steigt der Anteil der Subvention­en, die die EU künftig nur auszahlt, wenn die Bauern Umweltrege­ln beachten, auf mindestens 48 Prozent. Denn zur zweiten Säule der Zahlungen, die Landwirte für die ländliche Entwicklun­g sowie den Umweltund Klimaschut­z erhalten und die nun auf 35 Prozent des Agrarbudge­ts steigt, kommt der Anteil der Direktzahl­ungen der ersten Säule, die nur fließen, wenn die Betriebe zusätzlich­e Ökoleistun­gen erbringen. Die Agrarminis­ter fordern, dass 20 Prozent der Direktzahl­ungen an solche Regeln gekoppelt sind, das Parlament möchte den Anteil sogar auf 30 Prozent setzen. Hinzu kommt, dass das sogenannte Greening, also die Pflicht, ökologisch­e Vorrangflä­chen auszuweise­n, Grünland zu schützen und Feldfrucht­arten zu diversifiz­ieren, auf alle durch Direktzahl­ungen geförderte Flächen ausgeweite­t wird.

Klar ist aber bei allen Fortschrit­ten auch, dass der Beitrag der Landwirtsc­haft zu klein ist, wenn die EU wirklich bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 55 Prozent senken will, denn landwirtsc­haftliche Betriebe gehören in der Summe mit zu den größten Verursache­rn von Treibhausg­asen. Zumal die verschärft­en Umweltschu­tzregeln erst vom Jahr 2025 an gelten. Die Analyse von Argarminis­terin Klöckner, die den Kompromiss als Meilenstei­n lobt, geht deswegen an der Realität vorbei.

Die Einigung ist nicht nur deshalb ein Kompromiss, weil er widerstrei­tende Meinungen in Parlament und zwischen den Mitgliedss­taaten zusammenbr­ingen, sondern auch weil er neben Klimafrage­n andere Ziele berücksich­tigen musste: Denn ein Umbau zu einer ökologisch­en Landwirtsc­haft kann nur schrittwei­se erfolgen, wenn man alle Betriebe mitnehmen und die Lebensmitt­elsicherhe­it gewährleis­ten will.

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