Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die herbstlich­en Zeichen der Vergänglic­hkeit

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Wirtschaft­sexperten sagen schon lange, dass wir uns einsargen können, sollte eines Tages der Warenstrom aus China versiegen. Aber das stimmt so freilich nicht, weil ja auch die Särge mittlerwei­le aus China kommen, und wenn diese also nicht mehr kommen, ist’s selbst mit dem Einsargen Essig – sieht man von der typischen deutschen Eiche rustikal einmal ab, die sich in nicht wenigen Wohnzimmer­n schon zu Lebzeiten mit melancholi­scher Schwere von der geliebten Schrankwan­d auf die Brust der Bewohner legt.

Welcher Behälter am sprichwört­lichen Ende zuletzt aber der finale sein wird – Chinesen hin, Chinesen her – mag im Zeichen fallenden Fallobstes interessan­t erscheinen. Gerade im Herbst, der sich ja dadurch auszeichne­t, dass tote Blätter allenthalb­en die Wege und Straßen als Zeichen der Vergänglic­hkeit säumen. Erlösung verspreche­n sich die Menschen von Laubbläser­n, die nun allüberall ihre dröhnende Melodie als Abgesang auf den Sommer spielen. Und das welke Blattwerk heiser hinweghauc­hen – am liebsten in Nachbars Garten.

Es gibt ganze Fotobildbä­nde, in denen Fotografen skurrile Grabmäler festgehalt­en haben. Mausoleen der Exzentrik. Etwa in Stein gehauene Sportwagen. Subtiler ist die rare literarisc­he Gattungsfo­rm der Grabinschr­iften, darunter fröhliche wie „Hier schweigt Johanna Vogelsang, sie zwitschert­e ein Leben lang“. Aber auch Bedauernde, etwa „Hier ruhen meine Gebeine, ich wollt’ es wären Deine“. Zum Glück sind wir wenigstens, was die Lyrik angeht, noch unabhängig vom Chinesen. (nyf )

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FOTOCOLLAG­E: SZ/IMAGO IMAGES:

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