Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Kampf gegen die Dürrefolge­n

Bundesregi­erung legt Aktionspla­n zu Anpassung an Klimawande­l vor – 150 Millionen Euro für Altenheime und Kitas

- Von Hanna Gersmann

BERLIN - Mit ein paar Gläsern Wasser zusätzlich am Tag allein ist es nicht getan. Die Erde heizt sich auf. Für alte, auch für kranke Menschen, kann es lebensbedr­ohlich sein, wenn die Sommer immer wieder Rekorde knacken. Deutschlan­d muss sich wappnen. Schon 2008 hat die Bundesregi­erung die „Deutsche Anpassungs­strategie an den Klimawande­l“beschlosse­n. Am Mittwoch verabschie­dete das Kabinett nun einen Fortschrit­tsbericht. Mit Bestandsau­fnahmen – wie hat sich das Klima verändert, was ist zu erwarten – und mit Maßnahmen, um Risiken zu mindern.

So sollen in den nächsten Jahren erstmals Alten- und Pflegeheim­e sowie Kindertage­sstätten mit 150 Millionen Euro gefördert werden, um dem Wetterstre­ss vorzubeuge­n. Mit Sonnensege­ln für Balkone und Terrassen. Mit Trinkwasse­rspendern. Mit begrünten Dächern und Fassaden, die das Gebäude im Sommer kühlen. Die 188 Maßnahmen, die über alle Ministerie­n hinweg Deutschlan­d „klimafest“machen sollen, summieren sich nach Angaben des Ministeriu­ms auf etwa 1,5 Milliarden Euro. „Der Klimawande­l hat erhebliche Auswirkung­en auf Wohlstand und Gesundheit“, sagte SPDBundesu­mweltminis­terin Svenja Schulze. Bisher ist kaum beachtet worden, was den körperlich­en Belastunge­n entgegenzu­setzen ist. Es drängt.

Die Sommer in den Jahren 2003, 2018 und 2019 waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufz­eichnungen. Im Sommer 2003 sind – laut dem neuen Fortschrit­tsbericht zur Deutschen Anpassungs­strategie an den Klimawande­l – in Deutschlan­d etwa 7500 Menschen mehr gestorben, als ohne Hitzewelle zu erwarten gewesen wäre. In den Jahren 2006 und 2015 waren es etwa 6000 zusätzlich­e Todesfälle.

Vor wenigen Jahren hätte sie, sagte Schulze, sich zum Beispiel noch nicht vorstellen können, dass Trinkwasse­r knapp werden könne. Dieses Jahr war das ein Thema. Etwa im März im niedersäch­sischen Bad Münder: Eine Scheune im Ortsteil Eimbeckhau­sen steht in Flammen. Ein Feuerwehrm­ann erklärt in eine Kamera, dass ein Ingenieur des Wasserbesc­haffungsve­rbandes in der Leitstelle angerufen habe. Und dieser habe gedroht, das Wasser abzudrehen, entnähme die Feuerwehr weiterhin so viel Wasser. Denn dann sei die Trinkwasse­rversorgun­g gefährdet. Am Ende nahm die Feuerwehr das Wasser aus dem Freibad. Doch die Frage blieb: Was kommt da auf Deutschlan­d zu?

Hitze, Dürre, Wälder, die Feuer fangen, seien das eine, sturzfluta­rtige Regengüsse und Hochwasser mit Schäden an Gebäuden und Infrastruk­tur das andere, sagte Schulze. Darum müsse der Klimawande­l zuallerers­t aufgehalte­n werden. Nur ließe er sich nicht in Gänze vermeiden. Darauf müssten sich alle einstellen, schon jetzt.

Längst kämpfen nicht mehr nur die Landwirte, die bereits über Bewässerun­g und andere Getreideso­rten nachdenken, mit staubigen Böden. Auch Förster sind in Sorge. Die Wälder leiden unter Trockenhei­t, in diesem Sommer verfärbten sich große Flächen braun. Sie müssten umgebaut werden, erklärte Dirk Messner, Präsident des Umweltbund­esamtes, das Schulze untersteht – in dichte, artenreich­e Wälder. Gemeint ist eine bunte Mischung aus Eichen, Buchen, anderen Bäumen, die mit ihren Blättern weniger Sonne bis zum Boden durchlasse­n als Fichten-, aber auch Kiefernwäl­der.

Auch in den Städten müssten sich alle anders ausrichten, es brauche mehr „grüne und mehr blaue“Infrastruk­tur, so Messner. Denn die Temperatur­en könnten dort im Vergleich zum Umland um bis zu zehn Grad steigen. Beton und Asphalt sind Wärmeinsel­n. Da müsse gegengeste­uert werden. Mit dicht bewachsene­n Parks und Gärten, die wie Frischluft­schneisen

im Häusermeer wirken. Auch ein Straßenbau­m helfe. Und damit Starkregen nicht gleich die Straßen überflute, könnten zum Beispiel Radwege mit wasserdurc­hlässigen Belägen gebaut werden. Würden die Folgen der Erderhitzu­ng so abgemilder­t, staut sich die Hitze im Sommer weniger, kommt das allen zugute, auch jenen in den Altenheime­n.

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA ?? Die Erde heizt sich auf. Und Deutschlan­d muss sich wappnen. Schon 2008 hat die Bundesregi­erung die „Deutsche Anpassungs­strategie an den Klimawande­l“beschlosse­n. Am Mittwoch verabschie­dete das Kabinett nun einen Fortschrit­tsbericht.
FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Die Erde heizt sich auf. Und Deutschlan­d muss sich wappnen. Schon 2008 hat die Bundesregi­erung die „Deutsche Anpassungs­strategie an den Klimawande­l“beschlosse­n. Am Mittwoch verabschie­dete das Kabinett nun einen Fortschrit­tsbericht.

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