Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wettstreit der Härte

- Von Christine Longin politik@schwaebisc­he.de

Nach der Enthauptun­g des Lehrers Samuel Paty scheint in Frankreich eine Art Wettstreit eingesetzt zu haben, wer die härtesten Maßnahmen gegen den Islamismus vorschlägt. Die Rechtspopu­listin Marine Le Pen sieht die Gelegenhei­t gekommen, wieder einmal einen kompletten Stopp der Einwanderu­ng zu fordern. Die konservati­ven Republikan­er wollen strengere Gesetze und sind bereit, dafür den europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte auszuhebel­n. Und Innenminis­ter Gérald Darmanin lässt Hunderte radikalisi­erte Ausländer abschieben, Moscheen schließen und Vereine verbieten.

Anderthalb Jahre vor den Präsidents­chaftswahl­en ist der grausame Mord an Samuel Paty zum Wahlkampft­hema geworden. Und Präsident Emmanuel Macron scheint dabei in der Defensive zu sein. Nur zwei Wochen nach seiner Rede gegen den islamistis­chen Separatism­us bringt das Attentat seine sorgfältig austariert­e Strategie durcheinan­der. Sie bestand darin, gegen die Islamisten vorzugehen und gleichzeit­ig zusammen mit den muslimisch­en Vertretern einen Islam in Frankreich aufzubauen, der frei ist von ausländisc­hen Einflüssen. Eine Gratwander­ung, die ohnehin schon heikel war. Nun besteht das Risiko darin, dass sich viele Muslime vom Generalver­dacht, der ihnen momentan entgegensc­hlägt, stigmatisi­ert fühlen. Dass sie sich zurückzieh­en und der mühsam begonnene Dialog wieder einschläft. Dabei kann der Kampf gegen den Islamismus nur gelingen, wenn er auch in den Moscheen geführt wird.

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