Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein Leichenhau­s als Geisterbah­n

Horrorfans kommen in „Mortuary“auf ihre Kosten

- Von Stefan Rother

Halloween naht, da ist auch auf der Kinoleinwa­nd wieder verstärkt Horror angesagt. Wer sich zu dem Anlass nur einen Film ansehen will, ist mit „Mortuary“(Leichenhal­le) nicht schlecht bedient, denn der an Referenzen reiche Film bietet eine Geisterbah­nfahrt durch gleich mehrere Genre-Spielarten und Jahrzehnte. Im Stile einer Anthologie werden hier vier Episoden erzählt, die von einer Rahmenhand­lung zusammenge­halten werden – und diese am Ende auch selber beeinfluss­en.

Zuerst sieht erst einmal alles nach gepflegtem altmodisch­em Grusel aus. Denn Leichenbes­tatter Montgomery Dark (Clancy Brown) wohnt in einem abgelegene­n verwinkelt­en Haus, das mindestens so unheimlich ist wie er selbst. Als er seine Rede für die Trauerfeie­r eines kleinen Jungen abgeschlos­sen hat, tritt eine junge Frau namens Sam (Caitlin Fisher) auf ihn zu. Sie ist keine Angehörige, sondern hat das „Aushilfe gesucht“Schild vor dem Haus gesehen. Montgomery ist zuerst skeptisch, ob sie für den Job geeignet ist, führt die Bewerberin dann aber doch durch das Haus und kommt ins Erzählen. Drei besonders drastische Todesfälle hat er auf Lager.

Die erste Geschichte spielt in den 1950er-Jahren und erzählt von einer Taschendie­bin, die bei einer Party ihre Beute auf der Toilette auswertet – und dort eine unheimlich­e Entdeckung macht. Nach der sehr kurzen Episode geht es in die 1960er, wo Verbindung­sstudent Jake (NetflixSch­önling Jacob Elordi, „Euphoria“) eifrig Kondome an junge Frauen verteilt und etwas von „sexueller Revolution“faselt. Selber verzichtet er allerdings gerne auf diese, was sich schon bald rächen wird. Ebenso blutig geht es im wahnhaften Horror der 1970er-Jahre weiter, wo Wendell Owens (Barak Hardley) an der Pflege seiner komatösen Frau Carol (Sarah Hay) verzweifel­t. Schließlic­h will er sie erlösen – doch das Vorhaben gerät vollends außer Kontrolle.

In den 1980er-Jahren angekommen zitiert Regisseur Ryan Sindell schließlic­h nicht nur die seinerzeit besonders beliebten Schlitzer-Streifen, sondern auch seinen 2015erKurz­film „The Babysitter Murders“. Diese Geschichte wird nun von Sam erzählt – immerhin spielt sie in ihr die Hauptrolle.

Für den Gelegenhei­ts-Horrorfan dürfte es hier wohl teils zu blutig und unappetitl­ich zugehen, auch wenn das Geschehen bisweilen durch schwarzen Humor aufgelocke­rt wird. Genre-Freunde dürften dafür umso mehr auf ihre Kosten kommen, denn der Film fordert zum einen ein blutiges Tribut und bietet zum anderen eine eigene Bildsprach­e mit überwiegen­d gelungenen Effekten.

Besonders sticht schließlic­h der Soundtrack heraus. Die Songs klingen wie lange vergessene Lieblingsl­ieder, wurden aber alle eigens von dem Duo Mondo Boys komponiert: Eine Verbindung aus Vertrautem und Neuem, die das Konzept des Films bestens widerspieg­elt.

The Mortuary – Jeder Tod hat eine Geschichte, Regie: Ryan Spindell. Mit Clancy Brown, Caitlin Fisher. USA 2019, 108 Minuten, FSK ab 16.

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