Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bei vielen Vereinen klafft ein Loch in der Kasse

Absage etlicher Veranstalt­ungen trifft die Vereine im Kreis Ravensburg hart – So gehen sie damit um

- Von Corinna Konzett Von Mitte März bis Ende Mai war der Sportbetri­eb komplett eingestell­t. Die Sportler konnten lediglich privat Individual­training betreiben, berichtet Seebold. Auch wenn das Rudern in Mannschaft­sbooten inzwischen wieder erlaubt ist, wurd

KREIS RAVENSBURG - Stadtfeste, Sommerfest­e, Sportveran­staltungen und Konzerte: In den vergangene­n Monaten musste aufgrund der Corona-Pandemie vieles ausfallen. Einige Städte und Gemeinden im Kreis Ravensburg haben auch ihre Weihnachts­und Adventsmär­kte bereits abgesagt. Andere denken derzeit über veränderte Konzepte nach.

Das trifft auch Vereine, die keinen Stand auf den jeweiligen Märkten betreiben können und deshalb mit weniger Einnahmen rechnen müssen.

„Der Wegfall der Veranstalt­ungen trifft und sehr hart“, sagt Patrick Müller, Vorsitzend­er des Fanfarenzu­gs in Bad Wurzach. Dort fiel im Sommer bereits das Stadtfest aus. Auch der Weihnachts­markt findet nicht statt. Der Fanfarenzu­g baut beim Stadtfest üblicherwe­ise eine große Holzhütte vor dem Schlosspla­tz auf und bewirtet seine Gäste dort. Auf dem Weihnachts­markt verkauft der Verein Glühwein und heiße Maroni.

„Die Gewinne bei beiden Veranstalt­ungen machen bis zu 80 Prozent unserer Gesamteinn­ahmen aus. Die finanziell­en Folgen sind für uns also deutlich spürbar“, sagt Müller. Aufgrund von Rücklagen stehe der Verein nun trotzdem nicht „komplett blank“da.

Trotzdem mussten ohne die geplanten Einnahmen einige Investitio­nen verschoben werden. Außerdem müsse eventuell der Eigenantei­l an den Kosten für Busfahrten erhöht werden. „Da in diesem Sommer alle Feste, auf denen wir eigentlich gespielt hätten, abgesagt wurden und auch die nächste Fasnet anders wird als gewohnt, mussten wir da aber noch keine konkrete Entscheidu­ng treffen“, sagt Müller.

Den Musikverei­n Reute-Gaisbeuren hat vor allem die Absage des Alstadtund Seenachtfe­st in Bad Waldsee im Sommer getroffen. Im vergangene­n Jahr bewirtete der Verein erstmals das Gelände im Klosterhof. Außerdem waren zahlreiche musikalisc­he Aufführung­en geplant. „Die Absage des Festes hatte sich schon mit Beginn der Corona-Krise abgezeichn­et, sodass wir unsere Planung schweren Herzens auch relativ früh ad acta legten“, sagt Daniel Maucher, Vorsitzend­er beim Musikverei­n Reute-Gaisbeuren.

In diesem Jahr war das Wetter am Altstadtfe­stwochenen­de eher durchwachs­en. „Deswegen hätte sich auch ohne Corona kein überdurchs­chnittlich­er Erfolg eingestell­t“, sagt Maucher. Trotzdem fehlte den Musikern dadurch eine Möglichkei­t sich einem großen Publikum zu präsentier­en und natürlich eine Einnahmequ­elle. Maucher schätzt den finanziell­en Verlust auf mehrere tausend Euro.

„Um das zu kompensier­en, haben wir die Ausgaben für Instrument­e, Noten und im Bereich Neuanschaf­fungen deutlich reduziert. Wir versuchen so, diese Durststrec­ke mit einem blauen Auge zu überstehen“, erklärt Maucher. Finanziell­e Unterstütz­ung bekam der Verein unter anderem vom Land. „Ganz aktuell konnte der Blasmusikv­erband Baden-Württember­g an alle Mitgliedsv­ereine, gestaffelt nach der Zahl der aktiven Musiker, eine Corona-Soforthilf­e des Landes BadenWürtt­emberg ausbezahle­n“, sagt Maucher.

Diese Corona-Soforthilf­e konnten Vereine und Verbände bis Ende Mai beantragen. Neben Unternehme­n und Freiberufl­ern konnten auch Vereine einen entspreche­nden Antrag stellen. Die Höhe des Zuschusses wurde nach der Zahl der Mitglieder gestaffelt. Die Soforthilf­e ist nicht das einzige Hilfsangeb­ot: Anfang September gab beispielsw­eise das Ministeriu­m für Soziales und Integratio­n bekannt, Vereine aus seinem Zuständigk­eitsbereic­h, wie Nachbarsch­aftshilfen, Tafelverei­ne und Selbsthilf­evereine, mit einem Hilfspaket von insgesamt 15 Millionen Euro zu unterstütz­en. Vereine und Organisati­onen, die durch die Corona-Krise unverschul­det in Not geraten sind, können noch bis Ende Oktober einen Antrag auf Fördergeld­er stellen. „Die Förderung von maximal 12 000 Euro pro Verein erfolgt einmalig und muss nicht zurückbeza­hlt werden“, teilt das Ministeriu­m mit.

Auch der Ruderverei­n Bad Waldsee hat finanziell­e Unterstütz­ung durch die Corona-Soforthilf­emaßnahmen des Landes Baden-Württember­g in Anspruch genommen. „Aus finanziell­er Sicht ist das Jahr 2020 ein verlorenes Jahr für den Ruderverei­n Waldsee, da bis auf unsere Mitgliedsb­eiträge quasi alle Einnahmen ausgefalle­n sind“, sagt Leo Seebold vom Ruderverei­n. Das für Anfang September geplante Finale der Ruder-Bundesliga auf dem Waldseer Stadtsee sowie die traditione­lle Herbstrega­tta Mitte September musste der Verein absagen. Außerdem konnten keine Veranstalt­ungen in der Vereinswir­tschaft stattfinde­n.

Sportlich sei das Jahr für den Verein auch eher enttäusche­nd gewesen. „Der Corona-Lockdown hat unsere ambitionie­rten Sportler und Sportlerin­nen Mitte März mitten in der Vorbereitu­ng für die Regattasai­son 2020 getroffen“, sagt Seebold.

TRAUERANZE­IGEN

„Dass es die Märkte in diesem Jahr nicht gibt, merken wir finanziell auf jeden Fall“, sagt Astrid Weber, zweite Vorsitzend­e. Der Grundbedar­f sei natürlich gedeckt. „Hier muss kein Tier hungern“, sagt Weber. Doch die Einnahmen seien immer ein gutes „Zubrot“gewesen. „Wir haben das Geld immer für Dinge verwendet, die wir außer der Reihe finanziere­n mussten. Wenn etwas kaputtgega­ngen ist zum Beispiel“, sagt sie. Unterstütz­ung bekommt das Tierheim trotzdem. „Wir erhalten immer wieder Futterspen­den. Vor Kurzem haben wir viele alte Bälle von Sportverei­nen geschenkt bekommen. Das ist natürlich super für die Hunde“, erzählt sie. Der Weihnachts­markt in Wangen findet nach aktuellen Stand statt. Allerdings in einer kleineren Form. Wie genau das aussieht, steht noch nicht fest.

Auch der Ravensburg­er Christkind­lesmarkt soll in veränderte­r Form, wohl ohne Gastronomi­e und Glühweinve­rkauf, stattfinde­n. Normalerwe­ise betreibt der Ravensburg­er Städtepart­nerschafts­verein „Die Brückenbau­er“einen Stand auf dem Christkind­lesmarkt. „Für dieses Jahr haben wir aber abgesagt“, erklärt Heike Engelhardt, Vorsitzend­e beim Städtepart­nerschafts­verein. Verkauft wurden in den vergangene­n Jahren neben Spezialitä­ten aus den Partnerstä­dten auch Glühwein und Punsch. „Mit den Getränken haben wir den Hauptumsat­z gemacht. Ohne Getränke würde die Standgebüh­r die Einnahmen wohl übersteige­n“, sagt Engelhardt.

Daher sei entschiede­n worden, keinen Stand zu betreiben, um keine finanziell­en Verluste zu machen. „Das Geld verwenden wir dann, wenn es wieder möglich ist für Reisen in die Partnerstä­dte oder für die Besuche unserer Freunde hier in Ravensburg“, sagt Engelhardt. Neben dem finanziell­en Aspekt habe bei der Entscheidu­ng vor allem der Schutz der Mitglieder eine Rolle gespielt. „Viele unserer Vereinsmit­glieder, die am Stand verkaufen würden, gehören zu einer Risikogrup­pe. Da gehen Gesundheit und Sicherheit vor“, sagt Engelhardt. Sie bedauert vor allem, dass in diesem Jahr die Begegnunge­n mit den Menschen aus den Partnerstä­dten wegfallen. „Zur Weihnachts­zeit bekommen wir normalerwe­ise viel Besuch aus den Partnerstä­dten. Wir hätten unsere Freunde gerne hier begrüßt, aber das geht natürlich nicht“, sagt sie.

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ARCHIVBILD­ER: HEISS, HEYER, LANG, DPA Zahlreiche Veranstalt­ungen und Märkte sind in diesem Jahr ausgefalle­n oder finden in veränderte­r Form statt.

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