Bei vielen Vereinen klafft ein Loch in der Kasse
Absage etlicher Veranstaltungen trifft die Vereine im Kreis Ravensburg hart – So gehen sie damit um
KREIS RAVENSBURG - Stadtfeste, Sommerfeste, Sportveranstaltungen und Konzerte: In den vergangenen Monaten musste aufgrund der Corona-Pandemie vieles ausfallen. Einige Städte und Gemeinden im Kreis Ravensburg haben auch ihre Weihnachtsund Adventsmärkte bereits abgesagt. Andere denken derzeit über veränderte Konzepte nach.
Das trifft auch Vereine, die keinen Stand auf den jeweiligen Märkten betreiben können und deshalb mit weniger Einnahmen rechnen müssen.
„Der Wegfall der Veranstaltungen trifft und sehr hart“, sagt Patrick Müller, Vorsitzender des Fanfarenzugs in Bad Wurzach. Dort fiel im Sommer bereits das Stadtfest aus. Auch der Weihnachtsmarkt findet nicht statt. Der Fanfarenzug baut beim Stadtfest üblicherweise eine große Holzhütte vor dem Schlossplatz auf und bewirtet seine Gäste dort. Auf dem Weihnachtsmarkt verkauft der Verein Glühwein und heiße Maroni.
„Die Gewinne bei beiden Veranstaltungen machen bis zu 80 Prozent unserer Gesamteinnahmen aus. Die finanziellen Folgen sind für uns also deutlich spürbar“, sagt Müller. Aufgrund von Rücklagen stehe der Verein nun trotzdem nicht „komplett blank“da.
Trotzdem mussten ohne die geplanten Einnahmen einige Investitionen verschoben werden. Außerdem müsse eventuell der Eigenanteil an den Kosten für Busfahrten erhöht werden. „Da in diesem Sommer alle Feste, auf denen wir eigentlich gespielt hätten, abgesagt wurden und auch die nächste Fasnet anders wird als gewohnt, mussten wir da aber noch keine konkrete Entscheidung treffen“, sagt Müller.
Den Musikverein Reute-Gaisbeuren hat vor allem die Absage des Alstadtund Seenachtfest in Bad Waldsee im Sommer getroffen. Im vergangenen Jahr bewirtete der Verein erstmals das Gelände im Klosterhof. Außerdem waren zahlreiche musikalische Aufführungen geplant. „Die Absage des Festes hatte sich schon mit Beginn der Corona-Krise abgezeichnet, sodass wir unsere Planung schweren Herzens auch relativ früh ad acta legten“, sagt Daniel Maucher, Vorsitzender beim Musikverein Reute-Gaisbeuren.
In diesem Jahr war das Wetter am Altstadtfestwochenende eher durchwachsen. „Deswegen hätte sich auch ohne Corona kein überdurchschnittlicher Erfolg eingestellt“, sagt Maucher. Trotzdem fehlte den Musikern dadurch eine Möglichkeit sich einem großen Publikum zu präsentieren und natürlich eine Einnahmequelle. Maucher schätzt den finanziellen Verlust auf mehrere tausend Euro.
„Um das zu kompensieren, haben wir die Ausgaben für Instrumente, Noten und im Bereich Neuanschaffungen deutlich reduziert. Wir versuchen so, diese Durststrecke mit einem blauen Auge zu überstehen“, erklärt Maucher. Finanzielle Unterstützung bekam der Verein unter anderem vom Land. „Ganz aktuell konnte der Blasmusikverband Baden-Württemberg an alle Mitgliedsvereine, gestaffelt nach der Zahl der aktiven Musiker, eine Corona-Soforthilfe des Landes BadenWürttemberg ausbezahlen“, sagt Maucher.
Diese Corona-Soforthilfe konnten Vereine und Verbände bis Ende Mai beantragen. Neben Unternehmen und Freiberuflern konnten auch Vereine einen entsprechenden Antrag stellen. Die Höhe des Zuschusses wurde nach der Zahl der Mitglieder gestaffelt. Die Soforthilfe ist nicht das einzige Hilfsangebot: Anfang September gab beispielsweise das Ministerium für Soziales und Integration bekannt, Vereine aus seinem Zuständigkeitsbereich, wie Nachbarschaftshilfen, Tafelvereine und Selbsthilfevereine, mit einem Hilfspaket von insgesamt 15 Millionen Euro zu unterstützen. Vereine und Organisationen, die durch die Corona-Krise unverschuldet in Not geraten sind, können noch bis Ende Oktober einen Antrag auf Fördergelder stellen. „Die Förderung von maximal 12 000 Euro pro Verein erfolgt einmalig und muss nicht zurückbezahlt werden“, teilt das Ministerium mit.
Auch der Ruderverein Bad Waldsee hat finanzielle Unterstützung durch die Corona-Soforthilfemaßnahmen des Landes Baden-Württemberg in Anspruch genommen. „Aus finanzieller Sicht ist das Jahr 2020 ein verlorenes Jahr für den Ruderverein Waldsee, da bis auf unsere Mitgliedsbeiträge quasi alle Einnahmen ausgefallen sind“, sagt Leo Seebold vom Ruderverein. Das für Anfang September geplante Finale der Ruder-Bundesliga auf dem Waldseer Stadtsee sowie die traditionelle Herbstregatta Mitte September musste der Verein absagen. Außerdem konnten keine Veranstaltungen in der Vereinswirtschaft stattfinden.
Sportlich sei das Jahr für den Verein auch eher enttäuschend gewesen. „Der Corona-Lockdown hat unsere ambitionierten Sportler und Sportlerinnen Mitte März mitten in der Vorbereitung für die Regattasaison 2020 getroffen“, sagt Seebold.
TRAUERANZEIGEN
„Dass es die Märkte in diesem Jahr nicht gibt, merken wir finanziell auf jeden Fall“, sagt Astrid Weber, zweite Vorsitzende. Der Grundbedarf sei natürlich gedeckt. „Hier muss kein Tier hungern“, sagt Weber. Doch die Einnahmen seien immer ein gutes „Zubrot“gewesen. „Wir haben das Geld immer für Dinge verwendet, die wir außer der Reihe finanzieren mussten. Wenn etwas kaputtgegangen ist zum Beispiel“, sagt sie. Unterstützung bekommt das Tierheim trotzdem. „Wir erhalten immer wieder Futterspenden. Vor Kurzem haben wir viele alte Bälle von Sportvereinen geschenkt bekommen. Das ist natürlich super für die Hunde“, erzählt sie. Der Weihnachtsmarkt in Wangen findet nach aktuellen Stand statt. Allerdings in einer kleineren Form. Wie genau das aussieht, steht noch nicht fest.
Auch der Ravensburger Christkindlesmarkt soll in veränderter Form, wohl ohne Gastronomie und Glühweinverkauf, stattfinden. Normalerweise betreibt der Ravensburger Städtepartnerschaftsverein „Die Brückenbauer“einen Stand auf dem Christkindlesmarkt. „Für dieses Jahr haben wir aber abgesagt“, erklärt Heike Engelhardt, Vorsitzende beim Städtepartnerschaftsverein. Verkauft wurden in den vergangenen Jahren neben Spezialitäten aus den Partnerstädten auch Glühwein und Punsch. „Mit den Getränken haben wir den Hauptumsatz gemacht. Ohne Getränke würde die Standgebühr die Einnahmen wohl übersteigen“, sagt Engelhardt.
Daher sei entschieden worden, keinen Stand zu betreiben, um keine finanziellen Verluste zu machen. „Das Geld verwenden wir dann, wenn es wieder möglich ist für Reisen in die Partnerstädte oder für die Besuche unserer Freunde hier in Ravensburg“, sagt Engelhardt. Neben dem finanziellen Aspekt habe bei der Entscheidung vor allem der Schutz der Mitglieder eine Rolle gespielt. „Viele unserer Vereinsmitglieder, die am Stand verkaufen würden, gehören zu einer Risikogruppe. Da gehen Gesundheit und Sicherheit vor“, sagt Engelhardt. Sie bedauert vor allem, dass in diesem Jahr die Begegnungen mit den Menschen aus den Partnerstädten wegfallen. „Zur Weihnachtszeit bekommen wir normalerweise viel Besuch aus den Partnerstädten. Wir hätten unsere Freunde gerne hier begrüßt, aber das geht natürlich nicht“, sagt sie.