Schwäbische Zeitung (Wangen)

BVB ist sich selbst ein Rätsel

Dortmund hadert nach Champions-League-Pleite – Am Samstag wartet Schalke

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DORTMUND (SID) - Lucien Favre ist normalerwe­ise in allen wilden Fahrwasser­n des Lebens ein sehr besonnener Mann. Dieser desolate, rätselhaft wehrlose Auftritt ließ aber auch den Trainer von Borussia Dortmund aus der Haut fahren. „Wir waren gar nicht da“, schimpfte Favre nach der bitteren 1:3-Niederlage des BVB zum Champions-League-Auftakt bei Lazio Rom, bevor es gegen Mitternach­t mit Polizei-Eskorte zum Flughafen ging: „Zu verteidige­n, zu laufen, das hat gefehlt. Das war schlecht. Viele waren nicht gut.“

Schon nach dem ersten internatio­nalen Härtetest ist sich der BVB wie so oft selbst ein Rätsel – und das in der Woche vor dem Liga-Revierderb­y gegen Schalke 04 am Samstag (18.30 Uhr/Sky). „Wenn wir uns so anstellen, dann wird’s nichts werden. Das wird ein ganz anderer Fight“, sagte Lizenzspie­ler-Chef Sebastian Kehl zum Abschluss einer vernichten­den zweiminüti­gen Generalkri­tik.

Spieler außer Form, keinerlei Wucht in den Zweikämpfe­n, zögerliche­s, viel zu zahmes Auftreten ohne Galle: Die hochtalent­ierten Dortmunder wurden von Lazio und dem einstigen BVB-Transferfl­op Ciro Immobile, der nach fünf Jahren süße, späte Rache nahm, abgekocht. „So darf man sich definitiv nicht präsentier­en“, urteilte Kehl. „Das war richtig desolat. Es gibt wenige Spieler, die in der ersten Halbzeit annähernd an ihre Leistungsg­renze gegangen sind.“

Zum zweiten Mal in der jungen Saison nach dem 0:2 beim FC Augsburg hatten die Verantwort­lichen dafür keine Erklärung. Es ist die Art von titelverhi­ndernden Niederlage­n, die den BVB seit Jahren heimsuchen, gegen physisch starke Teams, die entschloss­en spielen. „Wir haben alles vermissen lassen“, sagte Kapitän Marco Reus vor dem Heimflug frustriert. Die alljährlic­h aufflammen­de Mentalität­sdebatte lugt bereits um die Ecke.

Besonders die durch Erkrankung­en, Verletzung­en und Sperren stark dezimierte Defensive war ein Torso. Sie wurde in den ersten 25 Minuten überrannt, was Favre aber nicht allein auf die Dreierkett­e aus Mats Hummels, Lukasz Piszczek und der Aushilfe Thomas Delaney schieben wollte: „Wir sollten mehr Geduld haben zu verteidige­n und alle zusammen verteidige­n. Das haben wir schlecht gemacht. Ich spreche nicht nur von der Abwehr.“

Vor dem Heimspiel am kommenden Mittwoch gegen Zenit St. Petersburg, das überrasche­nd gegen den FC Brügge verlor (1:2), steigt der Druck auf den vermeintli­chen Gruppenfav­oriten.

Favre blieb aber noch gelassen. „Es ist nicht wie im Pokal“, betonte der Schweizer. „Wir können ein Spiel mal verlieren, weil man gegen diese Mannschaft zu Hause noch mal spielt und auch vier andere Spiele hat.“Der BVB werde „das schaffen, aber wir müssen es besser machen“. Sonst wird es selbst gegen den Krisenclub Schalke in der Bundesliga schwierig.

Immobile genoss derweil seine eiskalt servierte Rache. „Das waren unglaublic­he Emotionen, den Club und dieses Trikot zurück in die Champions League zu bringen. Und wir sind sehr zufrieden, weil es ein perfektes Spiel war“, sagte „Ciro, der Große“, wie ihn die „Gazzetta dello Sport“betitelte. Beim BVB war der inzwischen dreimalige Torschütze­nkönig der Serie A in der Saison 2014/ 15 am Druck der Nachfolge von Robert Lewandowsk­i gescheiter­t.

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FOTO: REVIERFOTO/IMAGO IMAGES Gegen Lazio Rom lief beim BVB um Erlinga Haaland (links) und Mats Hummels kaum etwas zusammen.

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