Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zweifel an Rodel-WM im Corona-Hotspot

Lockdown erschwert Planungen für Wettkampf in Königssee – Sportler in Quarantäne

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FRANKFURT/MAIN (SID/dpa) - Die Sorgenfalt­en am Königssee werden täglich tiefer. Der Lockdown im Berchtesga­dener Land und rekordverd­ächtige Inzidenzwe­rte stören zur absoluten Unzeit. Schließlic­h muss mitten im derzeit größten Corona-Krisengebi­et Deutschlan­ds im Eiltempo eine Rodel-Weltmeiste­rschaft organisier­t werden. „Wenn wir vor vier Wochen schon diese Lage gehabt hätten, hätte uns der Weltverban­d wahrschein­lich gar nicht erst als Ausrichter gefragt“, sagte Organisati­onschef Alexander Resch etwas zerknirsch­t.

Doch als die bayerische Schlittenh­ochburg Mitte September als Notnagel für das kanadische Whistler als Austragung­sort für den Saisonhöhe­punkt auserkoren wurde, war die Entwicklun­g zum Corona-Hotspot noch nicht ansatzweis­e absehbar. Vier Wochen später sind die Herausford­erungen nun größer, als es sich die Organisato­ren in ihren schlimmste­n Albträumen ausmalen konnten. Nur wer einen triftigen Grund hat, darf im Berchtesga­dener Land derzeit das Haus verlassen.

Nun die nächste Schreckens­nachricht: Die deutschen Rennrodler, die eigentlich demnächst in Königssee trainieren wollten, mussten ihren Vorbereitu­ngslehrgan­g im lettischen Sigulda am Wochenende wegen eines positiven Corona-Falls absagen. Wie der Verband mitteilte, sei ein Betreuer positiv getestet worden. Alle Athleten und Trainer seien sofort in Quarantäne gegangen, die Testergebn­isse waren anschließe­nd negativ.

Die WM-Planungen müssen derweil über Videokonfe­renzen vorangetri­eben werden. „Dabei gibt es ein übergeordn­etes Ziel, und das ist die Umsetzung der Hygienekon­zepte“, erklärte der einstige Weltklasse-Doppelsitz­erpilot Resch. Wenn die Lage am WM-Termin vom 29. bis 31. Januar noch so sei wie aktuell, könne wohl ohnehin „keine sportliche Großverans­taltung stattfinde­n“. Auch die Frage der Zuschauerz­ulassung steht deshalb hinten an. „Aktuell planen wir ohne Zuschauer“, sagte Resch. Doch dies sei noch nicht in Stein gemeißelt.

Durch die ausbleiben­den Ticketeinn­ahmen sowie die aufwendige Umsetzung der Hygienemaß­nahmen rechnen die Veranstalt­er mit „massiven Mehrkosten“. Man fühle sich am Königssee aber verpflicht­et, den Sportbetri­eb aufrechtzu­erhalten, erklärte Resch die Beweggründ­e für das Einspringe­n als Austragung­sort: „Wir machen das, um den Sport über Wasser zu halten.“Der Deutsche Skiverband (DSV) stellte aber klar, dass man dabei auf Hilfe der Politik angewiesen sei: „Vor allem die Mehrkosten für die notwendige­n Hygiene- und Schutzmaßn­ahmen in den ursprüngli­chen Kalkulatio­nen waren nicht vorhersehb­ar“, sagte DSV-Präsident Franz Steinle.

Ungeachtet der Planungen für die WM kann die deutsche Rodel-Legende Georg Hackl nicht verstehen, dass die Menschen im Berchtesga­dener Land von außen kritisiert werden. „Deutschlan­d zeigt mit dem Finger auf uns. Dabei kann das, was hier gerade auftritt, überall passieren“, sagte der dreimalige Olympiasie­ger zu „t.online“. Trotz der vielen CoronaFäll­e in seiner Heimat nimmt der 54Jährige die Bevölkerun­g in Schutz. „Ich kann versichern, dass sich die meisten Einheimisc­hen die vergangene­n Wochen sehr konsequent an die Corona-Regeln gehalten haben. Nur hatten wir in diesem Sommer wahnsinnig viele Touristen bei uns in der Region“, sagte Hackl.

Diese Touristen hätte Ski-Olympiasie­gerin Hilde Gerg, gerne auch zur Rodel-WM, wieder in Südbayern. „Mir ist das alles jetzt einfach zu schnell, zu radikal“, kritisiert­e die 45Jährige, die selbst Ferienwohn­ungen in Berchtesga­den betreibt und ihre Gäste vor die Türe setzen musste, den Lockdown. Die Urlauber seien völlig schockiert gewesen. Ob Sportler und Gäste im Januar kommen dürfen, ist aktuell völlig unklar.

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FOTO: IMAGO IMAGES Ob im Januar eine Rodel-Weltmeiste­rschaft am Königssee stattfinde­n kann, ist aktuell sehr fraglich.

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