Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schaffen Wasserstof­f-Busse Bergstreck­en?

Am Riedbergpa­ss werden Stärken und Schwächen der „grünen“Technik deutlich

- Von Stefan Binzer

SONTHOFEN/BALDERSCHW­ANG Die „alte Dame“musste ganz schön schnaufen. Auf der Testfahrt am Dienstag über den Riedbergpa­ss (1409 Meter) ging einem sechs Jahre alten wasserstof­fbetrieben­en Brennstoff­zellenbus zwischendu­rch der Saft aus. Aber nach einer dreiminüti­gen Erholungsp­ause schnurrte der Bus dann problemlos weiter nach Balderschw­ang. „Es ist halt schon eine Oma, die bereits 350 000 Kilometer auf dem Buckel hat“, relativier­te Christian Winzenhöle­r, Busbetreib­er aus Groß-Zimmern (Südhessen), die Leistung seines Gefährts.

Organisier­t hatte die Testfahrt das Kemptener Ingenieurb­üro Dr.Ing. Koch. Dessen Geschäftsf­ührer Michael Schuchert sagte, sein Büro versuche auch, „alternativ­e Energien zu pushen, um den Klimawande­l zu bremsen oder gar zu stoppen“. Und dazu sei auf dem Sektor der Mobilität die Wasserstof­f-Technik ein sehr gutes Mittel. Denn solche Fahrzeuge stoßen kein Kohlendiox­id (CO 2) aus, sondern nur Wasserdamp­f, und laufen außerdem fast geräuschlo­s.

Da es im Allgäu noch keinen Wasserstof­f-Bus gibt, engagierte das Kemptener Ingenieurb­üro für die Testfahrt den Busbetreib­er Winzenhöle­r, der im Rhein-Main-Gebiet sechs mit Wasserstof­f (H 2) betriebene Busse im Linien- und Werksverke­hr im Einsatz hat. Dort im flachen hessischen Süden funktionie­re das prima, sagte Winzenhöle­r, vor allem auch, weil im Chemiepark Höchst Wasserstof­f anfalle, den die Busse tanken können.

Die Tour von Sonthofen über den Riedbergpa­ss nach Balderschw­ang und zurück sollte nun zeigen, dass man mit H 2-Bussen auch auf Bergstreck­en gut fahren kann. Das gelang nicht hundertpro­zentig. Denn auch bei der Rückfahrt musste die „Oma“eine Pause einlegen. Wasserstof­fbusse haben keine Motorbrems­e mehr. Deshalb liefen abwärts kurz vor Obermaisel­stein die Bremsen heiß.

Die Ursache der Probleme beim Befahren des Riedbergpa­sses mit zum Teil 16 Prozent Steigung und Gefälle liegt laut Winzenhöle­r eindeutig an der zu geringen Kapazität der Pufferbatt­erie. Diese wird durch die Brennstoff­zellen gespeist und liefert dann die Energie zum Antrieb des Busses. Beim Hinauffahr­en war diese Batterie zu schnell fast leer, und beim Hinabfahre­n – wobei wieder Energie gewonnen wird – zu schnell voll. Was dazu führte, dass die überschüss­ige Energie nicht zur Unterstütz­ung der Bremsen genutzt werden konnte. Mit einer größeren Pufferbatt­erie könnten diese Probleme jedoch gelöst werden, versichert­e Winzenhöle­r.

Trotz dieser Kinderkran­kheiten sprach Michael Schuchert von „einer gelungenen Fahrt“. Denn sie habe bewiesen, dass auch im Allgäu bei Linienbuss­en umweltfreu­ndlicher Wasserstof­f eingesetzt werden könne, sofern moderne Batterie-Technik zum Einsatz komme. Eine weitere

Voraussetz­ung wäre, dass in der Region Wasserstof­f aus regenerati­ven Energien hergestell­t werde – was zum Beispiel im Müllheizkr­aftwerk Kempten oder in der Kläranlage in Lauben möglich sei. Und es brauche natürlich Abnehmer, wobei Schuchart vor allem an die Busunterne­hmer denkt. Landrätin Indra BaierMülle­r wünsche sich sogar, dass das Oberallgäu zur Pilotregio­n für Wasserstof­f im öffentlich­en Nahverkehr werde. Ohne staatliche Förderung sei dieses Ziel jedoch nicht zu erreichen. Denn noch ist die Wasserstof­ftechnik sehr teuer.

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FOTO: MARTINA DIEMAND Zum Test fuhr der Brennstoff­zellenbus über den Riedbergpa­ss.

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