Kommt eine Umweltspur im Stadtzentrum?
Stadtverwaltung Kempten schlägt eine Fahrbahn pro Richtung für ÖPNV und Radfahrer vor
KEMPTEN - Mehr Platz für Radfahrer und für den ÖPNV: Das soll eine Umweltspur in der Bahnhofstraße ermöglichen. Einen Beschluss hierzu soll an diesem Dienstag der Ausschuss für Mobilität und Verkehr fassen. Gleichzeitig liegt ein CSU-Antrag für die Wiesstraße auf dem Tisch – und eine Reaktion der Freien Wähler.
Tiefbauamtsleiter Markus Wiedemann hatte die Umweltspur-Idee bereits im Juli vorgestellt. Die Stadtverwaltung schlägt vor, diese zwischen Hochschule und Forum umzusetzen. Konkret bedeutet das: Bislang ist der motorisierte Verkehr auf zwei Spuren je Richtung unterwegs. Eine davon wäre künftig für den öffentlichen Nahverkehr sowie für Radfahrer reserviert.
Bei dem Vorhaben handelt es sich laut Wiedemann um eine Maßnahme aus dem Mobilitätskonzept – kurz Moko – 2030, das die Stadt gemeinsam mit Bürgern erarbeitet und das der Stadtrat 2018 beschlossen hat. „Wir haben bislang kein gutes Angebot für Fahrradfahrer und für den ÖPNV“, erklärt Wiedemann die Beweggründe für die Umweltspur. Dabei betont er: „Wir wollen keine anderen Verkehrsarten verdrängen.“
Aber ist in Stoßzeiten dann nicht mit Staus zu rechnen? „Nein“, sagt Wiedemann und verweist auf die Zahlen. Pro Tag seien in diesem Bereich der Bahnhofstraße 12 000 bis 16 000 Fahrzeuge unterwegs. „Dafür brauche ich nicht zwei Fahrspuren je Richtung.“Auch habe die Umweltspur aus seiner Sicht „keinerlei Auswirkungen“auf den Verkehr zwischen Kempten und Waltenhofen.
Damit die Busse gut durchkommen, kann sich Wiedemann vorstellen, für diese auf der Umweltspur eine bevorzugte Ampelschaltung einzurichten. Heißt: Sie erhalten früher Grün als die Radfahrer.
Aber auch Radler hätten bislang keinen Platz. Wiedemann verweist auf die Hochschule mit ihren 6000 Studenten. Sie haben es ihm zufolge aktuell schwer, mit dem Rad von der Bahnhofstraße in die Innenstadt zu kommen. Sogenannte Pop-Up-Spuren für Fahrradfahrer wird es in Kempten allerdings nicht geben, sagt der Tiefbauamtsleiter.
Andere Städte mussten diese zum Teil wieder abbauen. „Wir machen ein durchdachtes Konzept, das Straßenverkehrsordnungs-konform ist.“Die CSU-Stadtratsfraktion indes hat beantragt, die Wiesstraße vom Bahnhof bis zum Forum in eine Fahrradstraße umzuwidmen. Damit würde die Grundidee des Mobilitätskonzepts umgesetzt: eine deutliche und kostengünstige Verbesserung des Radwegenetzes ohne Einbußen für andere Verkehrsarten.
Die Finanzierung könne aus den aus Sicht der CSU damit hinfälligen Mitteln für den Umbau der Bahnhofstraße leicht dargestellt werden. „Eine Win-Win-Situation, die erneut aufzeigt, dass es nicht um Verbote, sondern um Angebote für alle geht“, sagt
CSU-Fraktionsvorsitzender Helmut Berchtold dazu. „Besonders erleichternd: Die wuchtigen Busse und die filigranen Fahrradfahrer sind auf einer Spur ein besonders gefährlicher Mischverkehr.“Diese Überlegungen könne man nun guten Gewissens ad acta legen.
„Das ist eine gute Idee, das wurde vor zwei Jahren schon einmal beantragt“, sagt Wiedemann dazu, die Wiesstraße als Fahrradstraße auszuweisen. Aber aus seiner Sicht könne das die Umweltspur nicht ersetzen. Er verweist auf die Hochschule: „Die
Studenten werden nicht über die Wiesstraße fahren.“
Auch die Freien Wähler reagierten auf den Antrag der CSU: Bereits 2017 habe die Wählergruppierung eine sichere und schnelle Radverbindung vom Hauptbahnhof zur ZUM und zum Residenzplatz beantragt. „Wir sind allerdings weiterhin überzeugt, dass es nicht damit getan ist, eine Straße blau anzumalen“, heißt es in der Stellungnahme. Eine schnelle Radverbindung vom Hauptbahnhof über die Wiesstraße sei aus ihrer Sicht zudem kein Ersatz für die Umweltspur.